Zündfunke, 27.08.14

Gemeindereferentin Andrea Bolz, Deutschsprachige Katholische Gemeinde Puerto de la Cruz
Liebe Schwestern und Brüder!
Ich bin überzeugt, dass es so etwas wie eine „heilsame Unruhe“ gibt, eine Unruhe, die über das Alltägliche hinausgeht.
Eine solche Unruhe hat etwas mit der tiefen Sehnsucht nach Leben zu tun. Diese Unruhe wirkt heilsam, weil sie nichts mit Hektik oder Aktivismus zu tun hat.
Solche Unruhe lässt uns spüren, dass der innere Hunger durch nichts gestillt werden kann, was wir kaufen können. Solche Unruhe lässt uns auch spüren, dass es im Leben um mehr geht, als Satt-Werden und ein Dach-über-dem Kopf haben. So lebensnotwendig das auch ist.
Dieser Hunger lässt mich nicht zuwarten bis irgendwas irgendwann geschieht, oder auch nicht. Er drängt mich dazu, über den Tellerrand hinaus zu blicken und mein sicher geglaubtes Terrain zu verlassen. Eingefahrenes aufzubrechen und an die eigenen Grenzen zu gehen. Mit dieser heilsamen Unruhe glaube ich ein lebendiger Mensch zu bleiben. Ein Gebet von den Philippinen drückt das folgendermaßen aus:
Mach uns unruhig, o Herr, wenn wir allzu selbstzufrieden sind, wenn unsere Träume sich erfüllt haben, weil sie zu klein, zu eng, zu beschränkt waren; wenn wir uns im sicheren Hafen bereits am Ziel wähnen, weil wir allzu dicht am Ufer entlang segelten.
Mach uns unruhig, o Herr, wenn wir über die Fülle der Dinge, die wir besitzen, den Durst nach dem Wasser des Lebens verloren haben; wenn wir verliebt in diese Erdenzeit aufgehört haben, von der Ewigkeit zu träumen; wenn wir über all den Anstrengungen, die wir in den Aufbau der neuen Erde investieren, unsere Vision des neuen Himmels verblassen ließen.
Rüttle uns auf, o Herr, damit wir kühner werden und uns hinauswagen auf das weite Meer, wo uns die Stürme deine Allmacht offenbaren, wo wir mit schwindender Sicht auf das Ufer die Sterne aufleuchten sehen.
Im Namen dessen, der die Horizonte unserer Hoffnung weit hinausgeschoben und die Beherzten aufgefordert hat, hinauszufahren auf die See ihrer Träume, mach uns unruhig, Gott“! Amen.

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Erstellt am: 28.08.2014 19:15 Uhr

Zündfunke, 26.08.14

Gemeindereferentin Andrea Bolz
Deutschsprachige Katholische Gemeinde Puerto de la Cruz
Liebe Schwestern und Brüder!
Im Alten Testament im Buch Ezechiel gibt es eine ganz eigenwillige, auf den ersten Blick abstoßende Stelle. Gott führt seinen Propheten im Geist auf eine weite Ebene. Über diese Ebene verstreut liegen lauter Totengebeine. Gott fragt Ezechiel, ob er denn glaube, dass diese ausgetrockneten Gebeine wieder lebendig werden könnten? Und Ezechiel antwortet weise: „Herr und Gott, das weißt nur Du“.
Die toten Gebeine sind ein Bild für das zerschlagene Volk Israel, das zur Zeit des Propheten in der Verbannung lebt.
„Glaubst du daran, dass das Schicksal sich wenden kann, erhoffst du noch etwas“? scheint Gott seinen Propheten zu fragen. Ezechiel jedoch gibt den Ball zurück. „Es liegt an dir, ich geb es in deine Hand“.
Und Gott will, dass diese zerschlagenen Gebeine wieder lebendig werden. Ein Ruck geht durch die Szene, aus toten Gebeinen werden nach und nach Menschen aus Fleisch und Blut.
Der Künstler und Pfarrer Sieger Köder hat diese Totengebeinvision in einem Fenster der Heilig Geist Kirche in Ellwangen plastisch dargestellt. Überschrieben hat er das Fenster mit: Belebung. „Ich bringe Leben in Euch“ schreibt der Prophet auf eine Schriftrolle.
Wie durch einen gewaltigen Sog werden die Gebeine nach oben gezogen und wieder zusammengefügt, gefesselte Hände werden frei; wie im Zeitraffer werden Gesichter und Körper sichtbar, Menschen, die miteinander zu Tisch sitzen und Gemeinschaft haben.
Dieses Bild beim Propheten Ezechiel wird oft auch als eine Vision der Auferstehung gedeutet, der Auferstehung am Ende aller Tage.
Für mich ist es auch ein Bild für die kleinen und großen Auferstehungen jeden Tag, mitten im Jahr. Wenn ich mich entkräftet und wie tot fühle, wenn Trauer mich zerschlägt, ich erschöpft bin von Pflichten und Nöten oder neben mir stehe durch allzu viel Alltagstrott, – dann wünsche ich mir so einen Schub nach vorne durch Gottes Geist.
Von dem Geist, der lebendig macht, der in mir aufbricht, was verknöchert und versteinert ist, und der zu mir sagt: „Ich gebe dir ein neues Herz und einen neuen Geist“.

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Erstellt am: 26.08.2014 19:25 Uhr

Zündfunke, 25.08.14

Gemeindereferentin Andrea Bolz
Deutschsprachige Katholische Gemeinde Puerto de la Cruz
Liebe Schwestern und Brüder!
Schauen Sie auch gerne dem Wasser zu? Möglichkeiten dafür haben wir auf der Insel genug. Was mich aber neben dem Meer ebenfalls fasziniert, sind Flüsse. An einem Flussufer zu sitzen ist dann doch noch einmal etwas anderes, als den Wellen des Meeres zuzuschauen. Wenn ich mir vorstelle, wie ein Fluss seinen Weg nimmt, von einer kleiner Quelle, über einen Bach hin zu einem großen Fluss, das hat durchaus eine beruhigende und zugleich belebende Wirkung auf mich, solange Flüsse nicht über ihre Ufer treten und ihr anderes Gesicht zeigen.
Die Bewegung eines Flusses aber ist es, die mir etwas für mein Leben sagen will: nämlich, dass auch mein Leben immer ein in Bewegung – Bleiben ist.
Oder stellen sie sich folgendes Bild vor, wie kleine Fähren die Menschen behutsam von einem zum andern Ufer bringen.
Faszinierend, wie der Fährmann ohne groß einzugreifen sein Boot sicher durch die Strömung steuert. Er bleibt auch dann ruhig und gelassen, wenn er einmal das Ruder gut festhalten oder dagegen steuern muss, um seinen Kurs zu halten. Vielleicht, weil er sein Boot von einem Seil gehalten weiß. Für mich ein schönes Bild für menschliches Leben.
Auch mein Leben beginnt an einem Ufer; am Anderen kommt es zum Ziel. In diesem Bild befinde ich mich mitten auf dem Lebensfluss. Ausgesetzt der Natur und dem Lauf der Welt, versuche ich mein Lebensboot so gut wie eben möglich, von der einen auf die andere Seite zu bringen. Manche Passagen verlaufen dabei ganz ruhig, so dass ich mich fast treiben lassen kann, bei anderen muss ich schauen, wie ich mit der Strömung zu Rande komme und das Ruder gut festhalten. Wie lange diese Reise dauert, ist ungewiss. Manchmal weiß ich nicht, ob es mir gelingen wird, heil anzukommen. Spätestens dann wird es Zeit, dass ich auf das Seil schaue, das die eine Seite des Flusses mit der anderen verbindet. Und ich spüre, wenn ich diese Verbindung nicht kappe, kann ich mich getrost auf diese Fahrt einlassen. Weil Einer mich hält, der mich irgendwann am anderen Ufer ankommen lässt und in seine Arme nimmt.

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Erstellt am: 26.08.2014 19:20 Uhr

Predigt zum 21. Sonntag im Jahreskreis 2014 (24.08.)

L I: Jes 22, 19-23 / Ev.: Mt 16, 13-20
Schwestern und Brüder!
Was wurde über den eben gehörten Text des Evangeliums nicht schon alles geschrieben. Ich glaube, man könnte meterweise Buchregale damit füllen – vor allem mit Werken oder auch Schmökern über den zweiten Teil, bei dem es um die Verheißung an Petrus geht. Auf diese stützt sich ja letztlich das Papsttum unserer Kirche und deshalb ist diese Verheißung natürlich auch immer wieder einer, wenn nicht der Knackpunkt in allen ökumenischen Gesprächen und Diskussionen über die Einheit der christlichen Kirche.
„Du bist der Fels, und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen“. – Was darunter zu verstehen ist, darüber gehen bei aller ökumenischen Annäherung, die Meinungen heutzutage immer noch mehr als weit auseinander. Während die reformatorische Auslegung der Überzeugung ist, dass mit dieser Felsenfundament-Aussage einzig und allein der Glaube des Petrus gemeint ist – also sein Bekenntnis zu Jesus Christus –, geht unsere römisch-katholische Deutung davon aus, dass es sich hier eben nicht nur um ein Bekenntnis, sondern um die Person selbst handelt, die für dieses Bekenntnis steht. Sicherlich: In den letzten Jahren ist durchaus deutlich geworden, dass es auch evangelische Theologen gibt, die der römisch-katholischen Sichtweise zugeneigt sind; andererseits wäre es aber alles andere als fair zu verschweigen, dass es auch viele katholische Theologen gibt, die eben dieser evangelischen Auslegung nahestehen und sie bevorzugen.
Unbestritten ist aber, dass dieses „Felsenwort“ in unserer Kirche autoritär für den Jurisdiktionsprimat und die Unfehlbarkeit des Papstes verwendet wurde, wie es dann auch das I. Vatikanische Konzil ins Wort brachte. So aber wurde es für eine Machtstellung des Papstes herangezogen, die durch das 19. Jahrhundert sehr zeitbedingt war – Säkularisation, Zerfall monarchischer Strukturen und beginnender Kulturkampf. Mit einem wirklich biblischen Fundament hatten die Gedanken und Überlegungen, die zu diesem Dogma führten wohl weniger zu tun. Denn worin sich die meisten christliche Exegeten – egal aus welcher Richtung oder Kirche sie stammen – heute fast weitgehend einig sind, ist die Überzeugung: dieses Wort stammt wohl nicht unmittelbar von Jesus selber; dass er keinesfalls beabsichtig hat, eine Kirche in unserem heutigen Sinne zu gründen und dass er deshalb wohl auch nicht an ein Papsttum dachte, wie es sich in der Folgezeit entwickelt hat.
Wohl auch aus diesem Grunde haben die letzten Päpste eine ganze Reihe bemerkenswerter Äußerungen bezüglich des Papstamtes gemacht. Es begann mit Paul VI. der den Primat des Papstes als größtes Hindernis für die Ökumene bezeichnet hat und es setzte sich fort über Johannes Paul II., Benedikt und auch Franziskus, die allesamt nicht müde wurden bzw. werden, die Kirchen der Ökumene einzuladen, gemeinsam über eine erneuerte ökumenische Gestalt des Petrusamtes nachzudenken. Demnach muss dieses Amt also nicht für alle Zeiten so bleiben, wie es sich jetzt darstellt und wie es durch die Geschichte geworden ist. Die maßgebenden Anhaltspunkte für ein solch erneuertes Papsttum, die können aber nur aus dem Evangelium selber kommen. Deshalb möchte ich unsere Aufmerksamkeit jetzt gerne auf drei Punkte lenken, die diesbezüglich zu beachten sind:
Da ist zunächst einmal die Aussage: „Du bist der Fels“. Damit ist kein Fels gemeint, an dem man zerschellen oder zugrunde gehen soll, sondern ein Fels, der jeder und jedem Halt und Orientierung gibt. Dabei ist klar, dass der eigentliche „Fels“ nur Gott selber sein kann. Er ist der „Fels unseres Heils“, er „ist die Feste, in der ich mich bergen kann“, wie es die Psalmen deutlich machen. Aber Gott ruft eben auch immer Menschen, die in seinem Namen Halt und Orientierung für andere sind: z.B. Eltern für ihre Kinder, die Erfahrenen für die Anfänger, die Starken für die Labilen. Und genau so soll auch
Petrus dafür sorgen, dass die Kirche nicht von jedem Windhauch hin- und
hergetrieben wird.
Der zweite wichtige Punkt, den das Evangelium anspricht, ist der Schlüssel-dienst: „Ich will dir die Schlüssel des Himmelreiches geben.“ Petrus also der Himmelspförtner, wie es uns häufig in Theaterstücken oder Witzen suggeriert wird? Eben nicht; genau das ist nicht damit gemeint. Denn Petrus hat nicht darüber zu bestimmen, wer in den Himmel kommt; genauso wenig wie ein Hausmeister darüber zu bestimmen hat, wer eine Wohnung im Haus bekommt und wer nicht. Schauen wir deshalb auf die heutige Lesung; sie hilft uns, dieses Wort „vom Schlüssel“ besser zu verstehen. Da wird der Tempelvorsteher Schebna wegen Untreue aus dem Amt gejagt. Ihm war der Schlüssel zum Königspalast anvertraut, um „wie ein Vater zu sein für die Einwohner der Königstadt“ und die Vorräte im Palast zum Wohle aller zu verwalten. Weil aber Schebna diese Vollmacht missbraucht hat, wird nun der Schlüssel einem anderen gegeben. „Schlüsselgewalt“ ist also eher ein schiefer Ausdruck für das, was letztlich biblisch damit gemeint ist. Schließlich geht es nicht um „Gewalt“, sondern vielmehr um Verantwortung. Petrus ist verantwortlich dafür, dass die Schätze im Haus Gottes den Menschen im wahrsten Sinne des Wortes erschlossen werden.
Der eigentliche Inhaber der Schlüsselgewalt aber ist und bleibt Christus selbst. Er hält quasi den Generalschlüssel des Himmelreiches in der Hand und er allein bestimmt über Teilhabe oder Ausschluss am oder auch im himmlischen Jerusalem. Petrus, als Vertreter der christlichen Gemeinde, hat an dieser Vollmacht teil. Wobei er es aber nicht wie die jüdischen Schriftgelehrten machen soll, über die Jesus mal empört festgestellt hat: „Ihr verschließt den Menschen das Himmelreich. Ihr selbst geht nicht hinein, aber ihr lasst auch die nicht hinein, die hineingehen wollen.“ Und da sind wir jetzt
beim dritten Punkt: Dem Lehren!
Petrus ist also nicht zum Ver-Schließen da, sondern zum Er-Schließen; dazu berufen, den Menschen das Himmelreich für die Botschaft Gottes zu öffnen. Er soll keinen elitären Kultverein leiten, sondern eine Kirche, die allen Menschen guten Willens offen steht. Genau das hat er auch gemacht. Er hat an Pfingsten den Menschen durch eine begeisternde Predigt das Gottesreich „er-schlossen“; er hat dem heidnischen Hauptmann Cornelius einen Zugang zum Glauben und zur Gemeinde „er-öffnet“ und auf dem Apostelkonzil hat er – nach anfänglichen Bedenken – zusammen mit Paulus den Heiden die Tür weit aufgemacht, damit sie in der christlichen Gemeinde eine Heimat finden. So tragen also Petrus und seine Nachfolger die Verantwortung dafür, den Menschen die Botschaft Jesu vertraut zu machen, damit sie sich dann von dem, was Christus gelehrt und vorgelebt hat, ansprechen und begeistern lassen.
Dabei ist zu bedenken, dass Petrus die Verantwortung nicht allein tragen muss. Denn an späterer Stelle des gleichen Evangeliums spricht Christus der ganzen Gemeinde diese Binde- und Lösegewalt zu. Da heißt es: „Alles, was IHR auf Erden binden werdet – alles, was IHR auf Erden lösen werdet.“ (Mt 18,18) Dieser Begriff der „Binde- und Lösegewalt“ stammt aus dem Vokabular jüdischer Rabbinen und damit ist nichts anderes gemeint, als die Vollmacht zu besitzen, die Tora, das Gesetz verbindlich auszulegen damit „der Mensch durch die Gebote Gottes lebe und auflebe.“
Beim Binden und Lösen geht es also stets um die Schlüsselgewalt, die uns die absolute und unverlierbare Liebe Gottes deutlich macht. Deshalb habe ich auch einfach mal versucht, das Gedicht von Erich Fried über die Liebe – „Es ist, was es ist“ – mit den Gedanken zum heutigen Evangelium zusammen zu bringen – und das klingt dann so:
Es ist falsch, dass in unserer Kirche nur Männer unter dem Zölibatverspre-chen Priester werden können. Mit diesem Verschluss wird ein Priesterman-
gel produziert, der unsere Gemeinden ausbluten lässt. Es ist, was es ist, sagt die Liebe und drängt auf Besinnung, Einsicht, Öffnung und Veränderung. 
Es ist dumm, sagt die Sorge, wenn sich die Kirche in Europa nicht auf die Bedürfnisse der jungen Leute einlässt und sich ihnen damit verschließt.
Es ist, was es ist, sagt die Liebe, und stellt sich hoffnungsvoll auf die Seite der Jungen.
Es ist zum Verzweifeln sagt die Hoffnung, wenn sich die Gemeinden vor Ort ständig von Rom oder den Bischofsitzen bis in Kleinigkeiten hinein reglementieren lassen. Es ist, was es ist, sagt die Liebe, und sieht voller Freude in der Vielfalt die Einheit, in der Farbigkeit das Ganze.
 Es ist unmöglich, sagt die Erfahrung, dass sich eine reiche deutsche Kirche zu den Armen und damit zur Einfachheit des Evangeliums bekehrt und die acht Seligpreisungen Jesu in ihren Lebensstil übersetzt. Es ist, was es ist, sagt die Liebe, und vertraut auf Gottes Geist, der weht wo er will, und der Freiheit schafft, wo er angenommen wird.
Vertrauen wir darauf, dass die dicksten Bretter der Veränderung in unserer Kirche und einer guten Zukunft für sie, immer noch vom Heiligen Geist selbst gebohrt werden – mit unserer Hilfe. Amen.

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Erstellt am: 25.08.2014 20:06 Uhr

Predigt am 24.08.2014

10. So. nach Trinitatis  
In der Schriftlesung mit dem Gebot, Gott, den Nächsten und sich selbst zu lieben, wurden wir an die Mitte unseres christlichen Glaubens erinnert.
Von der Gottesliebe handelt auch das Glaubensbekenntnis, das die Juden bis heute sprechen.
Dieses jüdische Urbekenntnis wird auch  das Sch`ma Israel genannt  – nach den beidenAnfangsworten:  schema Israel „Höre Israel“.
Es steht im 6. Kapitel des 5. Mosebuchs in die Versen 4 – 9, auf das wir heute am Israelsonntag hören wollen. 
4 Höre, Israel, der Herr ist unser Gott, der Herr allein.
5 Und du sollst den Herrn, deinen Gott, liebhaben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit all deiner Kraft.
6 Und diese Worte, die ich dir heute gebiete, sollst du zu Herzen nehmen
7 und sollst sie deinen Kindern einschärfen und davon reden, wenn du in deinem Haus sitzt oder unterwegs bist, wenn du dich niederlegst oder aufstehst.
8 Und du sollst sie binden zum Zeichen auf deine Hand, und sie sollen dir ein Merkzeichen zwischen deinen Augen sein,
9 und du sollst sie schreiben auf die Pfosten deines Hauses und an die Tore. 
Herr, dein Wort ist unseres Fußes Leuchte und ein Licht auf unserem Weg. Amen 
 
Liebe Gemeinde,
es ist kein Zufall, wenn das Urbekenntnis der Israeliten mit einer  Aufforderung beginnt:
schema Israel – Höre, Israel!
Mit dieser Aufforderung zum Hören wird zugleich die Weise ausgesprochen, wie die nachfolgende Worte über Gott und sein Wesen von uns aufgenommen werden sollen. Es genügt nicht, dass wir sie halt äußerlich zur Kenntnis nehmen, sondern sie wollen  von uns mit dem  Herzen gehört werden, so dass das Erinnerte für unser Leben prägend wird und uns in unserem Tun und Lassen bestimmt.
 Höre, Israel:
Der Herr ist unser Gott, der Herr allein.
In der hebräischen Ursprache klingt das so:
„sch´ma Israel: Jahwe Elohenu , Jahwe ächad.“
Jahwe heißt wörtlich „ich bin, der ich bin oder ich werde sein, der sich sein werde.
Dieser letzlich für uns unfassliche Gott wird im Text als einer bezeugt, der sich uns Menschen zuwendet, der unser Gott ist – einzigartig – nicht einer unter anderen Göttern.
In der Welt, aus der das Alte Testament kommt, kannte man viele Götter. Es gab beispielsweise  Fruchtbarkeitsgötter oder Kriegsgötter.  
Von solchen Göttern unterscheiden die Israeliten ihren Gott, der sich ihnen in der Geschichte 
gezeigt hat: in der Erwählung der Erzväter, bei Abraham, Isaak und Jakob. Er hat sie aus der Knechtschaft der Ägypter befreit und ihnen  beim Durchzug durch die Wüste die Zehn Gebote als Hilfe zur Lebensorientierung gegeben.
Mit diesen Ereignissen werden die Israeliten an Gottes Wirken in  ihrer Geschichte erinnert,
an seinen Willen, auf den sie hören und von dem sie ihr Leben bestimmen lassen sollen.
Es ist daher konsequent, wenn dem Bekenntnis zu Gott, der in der Geschichte und im Leben wirksam ist, die Aufforderung zur Liebe folgt:
Und du sollst den Herrn, deinen Gott, liebhaben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit all deiner Kraft.
Bei diesem Gebot, das auch Jesus wiederholt und in der Schriftlesung mit der Nächsten- und Selbstliebe ergänzt, stellt sich die Frage:
Kann man Liebe überhaupt gebieten und dazu noch  für Gott, der doch für uns Menschen unbegreiflich ist? Wenn wir bei Liebe lediglich an ein Gefühl denken, das man hat oder nicht,
dann ist es in der Tat schwierig, dieser Bitte zu entsprechen.
Nun ist aber das Wort Liebe im alttestamentlichen Sinn umfassender zu verstehen.
„Gott lieben“ das heißt: Gott achten, ihn respektieren, ihm vertrauen.
Mit „Gott vertrauen“ ist zugleich ein „sich Gott überlassen“ gemeint und zwar mit unserer ganzen Existenz.. Im Text heißt wird diese Ganzheit mit Herz, Seele und Kraft ausgedrückt:
Du sollst lieben den Herrn, deinen Gott von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit all deiner Kraft.
Wir werden gebeten, uns in allem an Gott auszurichten und ihn die Mitte unseres Lebens sein zu lassen. Dies ist nicht nur ein einmaliger Akt, sondern eine Aufgabe, die  es täglich und  lebenslang einzuüben gilt.
In den nachfolgenden Anweisungen wird dies deutlich ausgesprochen und an Beispielen veranschaulicht.
Und diese Worte, die ich dir heute gebiete, sollst du zu Herzen nehmen.
Zu Herzen nehmen, beherzigen, ist mehr als nur äußerlich zur Kenntnis nehmen. Nein, es soll tiefer in uns dringen und uns in allem, was wir denken und tun, bestimmen.
Es reicht nicht aus, sich nur gelegentlich an Gott und sein Wort zu erinnern.
Wir kommen  in unserer spirituellen Entwicklung nicht weiter, wenn wir Gott im Alltag ausklammern und nur in besonderen Situationen, wenn es uns schlecht geht, von ihm reden oder zu ihm beten.
In den gehörten Anweisungen soll Gott unseren Alltag bestimmen.  Auch in der Erziehung habensie ihre Bedeutung: Und du sollst sie deinen Kindern einschärfen und davon reden, wenn du in deinem Hause sitzt oder unterwegs bist, wenn du dich niederlegst oder aufstehst.
 
Bei frommen Juden ist es üblich, dass die Worte des sche`ma zweimal am Tag gesprochen werden: bei Sonnenaufgang und nach dem Sonnenuntergang.
Ich denke, es könnte auch für uns Christen eine Hilfe sein, einen Tag bewusst zu beginnen und zu beenden. Wie wir den Tag beginnen, das entscheidet mit über den Verlauf eines Tages.
Wenn wir den Tag beispielsweise mit Gedanken beginnen, was alles zu erledigen ist und mit der Sorge, ob wir den Anforderungen des Tages gewachsen sind, hat dies Auswirkungen auf unser Tun und kostet Kraft.
Anders ist es, wenn wir nicht mit dem Terminkalender den Tag beginnen, sondern mit einer Besinnung, durch die wir erst einmal Kraft schöpfen, um den täglichen Herausforderungen gewachsen zu sein.
Was auf den Tagesbeginn zutrifft, das gilt in gewisser Weise auch von der Beendigung eines Tages. Beenden wir den Tag mit  Eindrücken, die das Fernsehen hinterlässt, oder nehmen wir uns vor dem Schlafen Zeit, das am Tag Erlebte nochmals zu bedenken und legen es in Gottes Hände?
Jeder mag seine Weise haben, was ihn zur Ruhe kommen lässt und was ihm Frieden schenkt. Hilfreich für uns Ältere können vertraute Liedverse aus dem Gesangbuch sein oder auch Gebete – beispielsweise Luther`s Abendsegen.
Nicht bloß am Morgen und am Abend soll nach jüdischer Tradition das sche`ma  gesprochenwerden, sondern auch beim Sterben. Gerade wo wir Menschen an unsere Grenzen kommen, beim Sterben, befreit uns die Ausrichtung auf Gott von der Todesangst. Beim Sterben, wo alles Irdische keinen Halt zu geben vermag, begreifen wir möglicherweise noch tiefer, was die Worte besagen: Der Herr ist unser Gott, der Herr allein. 
In einer Zeit, in der Gott nur am Rande, wenn überhaupt, Beachtung findet, brauchen wir Merkzeichen, und Gedächtnisstützen, die uns an Gott und sein Wirken erinnern.
Im gehörten Text ist von solchen Zeichen die Rede, die mitten im Alltag an Gott und seine Worte
erinnern sollen. Es wird da auf Gebetsriemen verwiesen, die auch heute noch von strenggläubigen Juden an den Armen und an der Stirn zwischen den Augen getragen werden.
Und du sollst sie binden zum Zeichen auf deine Hand, und sie sollen dir ein Merkzeichen zwischen den Augen sein, und du sollst sie schreiben auf die Pfosten deines Hauses und an die Tore. 
Dass der Text des sch`ma Israel auf die Türrahmen und auf Stadttore geschrieben werden soll, macht deutlich, dass Gott nicht bloß in der Familie beachtet sein soll, sondern  auch in der Öffentlichkeit und in der Politik. Es ist wohl kein Zufall, wenn die beiden Worte „Höre, Israel!“ am Eingang des israelischen Parlaments stehen.
Um wie viel menschlicher und friedlicher könnte es auf unserer Welt sein, wenn unsere Parlamente auf Gott ausgerichtet wären und sich vom Geist der Menschlichkeit und Gerechtigkeit leiten ließen.
Es genügt nicht, über Menschenrechte zu debattieren, sondern sie wollen auch umgesetzt werden. Eine bessere und gerechtere Welt entsteht nicht durch politische Programme und leere Parolen, sondern durch Menschen, die sich in ihrem Leben ganz von Gott leiten lassen – für uns Christen von einem Gott, der sich in Jesus Christus als Liebe und Gerechtigkeit zeigt. 
Und damit komme ich nochmals auf die Merkzeichen an Stirn und Händen zurück.
Veränderungen im Großen beginnen, wo Menschen sich von Gottes Liebe erfüllen lassen und sie in Achtung voreinander und Solidarität miteinander zu leben versuchen.
Gott will  nicht bloß im Gottesdienst für eine Stunde in der Woche, sondern mitten im  Alltag wahrgenommen und bezeugt werden.
Und dazu können Merkzeichen und Rituale durchaus hilfreich sein, wenn wir sie wahrnehmen und beherzigen.
Seit ich in Maria Steinbach lebe, lerne ich christliche, auch katholische  Rituale und Bräuche,
in neuer Weise schätzen. So kann die Aufschrift  der Sternsänger an den Haustüren durchaus eine Erinnerung an Gottes Segen sein, von dem wir leben.
Auch die Feldkreuze auf den Fluren können uns zum Nachdenken bringen und uns auf Gott hinweisen.
Gerade in einer Gesellschaft, in der Gott im Alltag geradezu ausklammert wird, wenn wir an die Debatte über Kruzifixe in  öffentlichen Gebäuden denken, ist es wichtig, Zeichen und Symbole, die  auf Gott und sein Wirken hinweisen, neu wahrzunehmen und zu beleben.
Dies kann auch schon dadurch geschehen, dass wir wieder mehr darauf achten, mit welchen Worten wir einander grüßen. So wird derzeit „Grüß Gott“ mehr und mehr durch „Hallo“ ersetzt.
Eine ähnliche Entwicklung lässt sich auch beim Abschiedsgruß beobachten.
„Adieu“ schwäbisch „Ade“ heißt wörtlich „mit Gott“ und ist ursprünglich ein Segenswort. 
Im heutigen Predigttext sind wir eingeladen, Gott mitten im Alltag wahrzunehmen und unser Leben nach ihm auszurichten. Wir sind eingeladen, uns Gott und seiner Liebe zu öffnen und sie einander weiterzugeben. Das ist der Weg, den uns Jesus Christus gezeigt hat.
Denn „Gott ist die Liebe; und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm“.(1.Joh.4,16)
In diesem Sinn wollen  wir die Worte aus dem 5. Mosebuch heute hören und unser Leben davon bestimmen lassen:
Höre, Israel, der Herr ist unser Gott, der Herr allein.
Und du sollst den Herrn, deinen Gott, liebhaben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit all deiner Kraft – und  – so hat Jesus nicht ohne Grund hinzugefügt-  und deinen Nächsten wie dich selbst.
Amen

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Erstellt am: 25.08.2014 20:02 Uhr

Zündfunke, 17.08.14

Diakon Bertram Bolz
Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Einen wunderschönen Sonntagmorgen, liebe Schwestern und Brüder!
Kennen Sie Esperanto? Vor 121 Jahren hatte ein Warschauer Augenarzt eine mehr als geniale Idee. Er erfand eine Kunstsprache – genannt Esperanto. Seine Idee damals war, wenn alle Menschen diese gemeinsame Sprache sprächen, dann könnten viele Konflikte in dieser Welt schneller entschärft und problemlos gelöst werden. Einfach, indem man miteinander und nicht übereinander, gelassen und nicht hasserfüllt spricht. Eine ebenso schöne, wie wohl auch naive Vorstellung. Spannungen Konflikte entstehen nun mal aus der Verschiedenheit zwischen den Menschen und vor allem aus der Unfähigkeit, genau diese Verschiedenheit zu akzeptieren und zu ertragen. Doch wir müssen uns eingestehen: Bis heute hat es keine Sprache der Welt geschafft, dass kriegerische Auseinandersetzungen ausbleiben; hat keine Sprache der Welt die Menschen daran gehindert, sich deswegen an die Gurgel zu gehen und einander nicht nur mundtot zu machen.
In der Bibel – Sie erinnern sich vielleicht – gibt es ja die Geschichte vom Turmbau zu Babel. Damals, so wird uns da erzählt, sprachen schon einmal alle Menschen die gleiche Sprache. Aber schon bald verfielen sie dem Größenwahn und begannen einen Turm zu bauen, der bis in den Himmel reichen sollte. Irgendwann würden sie es auch mit Gott ganz locker aufnehmen, so war ihr Hintergedanke. Nur – sie hatten die Rechnung eben ohne Gott gemacht. Denn der machte sich daran, ihre Sprache zu verwirren. Verschieden, wie sie trotz der einheitlichen Sprache auch waren, klappte es auf einmal nicht mehr so locker mit der Verständigung und sie zerstreuten sich aus diesem Grund mit verschiedenen Sprachen über die ganze Erde. Aus war’s mit der Einheit. Nix war mehr los mit einheitlicher Sprache und hervorragender Konfliktlösung.
Wenn sich Länder nun bei Weltmeisterschaften oder bei Olympischen Spielen versammeln, dann geht es da natürlich zuallererst um den Sport. Aber es geht vielleicht auch um die Vision, diese damals verlorene Einheit wieder zu finden. Durch den Sport aus unterschiedlichsten Kulturen doch noch eine Menschheitsfamilie zu machen. Das Desaster von Babel überwinden – zumindest für ein paar Tage oder das Gefühl bestärkt zu wissen, dass trotz aller Verschiedenheit eine gemeinsame Sprache wieder gefunden werden kann.

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Erstellt am: 18.08.2014 20:16 Uhr

Zündfunke, 16.08.14

Diakon Bertram Bolz
Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Einen guten Morgen, wünsch ich Ihnen, liebe Schwestern und Brüder!
Kreuze am Straßenrand, wer von uns kennt sie nicht. Sie sind Zeichen dafür, dass an dieser Stelle jemand tödlich verunglückt ist. Oberhalb unseres Hauses ist seit ein paar Jahren auch so ein Kreuz am Straßenrand und ich kann eigentlich nie daran vorbei fahren, ohne wenigstens flüchtig daran zu denken, dass ein 16-jähriger hier mit seinem Moto tödlich verunglückt ist. Als ich jetzt in Deutschland war, da sind mir in meiner früheren Heimat auf vertrauten Straßen auch neue Kreuze aufgefallen. Spontan gehen mir da dann so Fragen durch den Kopf wie: Wer mag hier wohl verunglückt sein? Wie ist es passiert? Wie mag es jetzt wohl den Angehörigen gehen?
Manche dieser Kreuze sind ja verwittert und ungepflegt – Zeichen dafür, dass der Unfall vielleicht schon lange zurückliegt oder dass die Angehörigen diese Stelle nicht mehr als ihren Ort der Trauer und Erinnerung benötigen. Andere dagegen sind frisch bepflanzt und äußerst akkurat gepflegt – Zeichen dafür, dass sich jemand viel Mühe gibt und viel Zeit aufwendet an diesem Ort – in Gedanken und Gefühlen sicher voll Trauer und Sehnsucht an den oder die Verstorbene denkt.
Ich finde es gut, dass Polizei und Straßenmeisterei diese Kreuze dulden, obwohl es ja eigentlich nicht erlaubt ist, sie aufzustellen. Aber nur so können diese Zeichen für Tod und Trauer eben auch noch einen anderen Zweck erfüllen – nämlich zu mahnen. Und das sicher eindringlicher als Geschwindigkeitskontrollen oder Verbotsschilder. „Fahr vorsichtiger, langsamer, rücksichtsvoller“ scheinen einem diese Mahnmale zuzurufen. „Du hast nur ein Leben und Gesundheit kann man sich nicht kaufen. Fordere dein Schicksal nicht heraus, vertraue der Technik oder deinem Reaktionsvermögen nicht einfach blindlings.“ Vielleicht mahnen sie auch: „Lebe dein leben so intensiv wie möglich, denn du weißt nicht, wann es denn vorbei ist.“ Laut Statistik sind es überwiegend junge Menschen, die an solchen Kreuzen ihr Leben gelassen haben. Und die meisten dieser schrecklichen Unfälle passierten an Wochenenden, wo man sich ins pralle Leben aufmachen wollte und plötzlich den Tod gefunden hat. Zuviel PS, bei zuwenig Fahrpraxis, Alkohol oder einfach auch Aufschneiderei haben der sicher geglaubten Zukunft ein jähes Ende gesetzt.
Ich fahre an solchen Straßenkreuzen vorbei und es lässt mich eben nicht kalt, wenn ich mir vorstelle, dass vielleicht gänzlich Unbeteiligte mit in den Unfall verwickelt waren. Mir fällt dazu ein oft zitierter Vers aus dem Alten Testament ein: Alles hat seine Zeit, eine Zeit zum Leben und eine Zeit zum Sterben. Aber häufig ist der Zeitpunkt des Todes eben nicht der Wille Gottes, sondern der Mensch ist verantwortlich dafür, wann die Zeit zum Sterben gekommen ist. Wenn die Kreuze am Straßenrand dafür sorgen, dass weniger Menschen tödlich verunglücken und damit mehr vom Leben haben, dann hat der Tod derer, die sie symbolisieren, wenigstens etwas Sinn gehabt.

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Erstellt am: 18.08.2014 20:14 Uhr

Zündfunke, 15.08.14

Diakon Bertram Bolz
Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Kennen Sie das noch aus ihrer alten Heimat, liebe Schwestern und Brüder? Da war es Jahrhunderte lang ein guter und bekannter Brauch, dreimal am Tag – und zwar morgens um sechs, mittags um zwölf und abends um sechs Uhr – die Kirchenglocken zu läuten, zum sogenannten „Angelus“ – dem „Engel des Herrn“. Die Glocken ließen die Leute bei der Arbeit innehalten, ja sogar die Bauern draußen auf dem Feld ließen ihre Arbeit Arbeit sein und beteten den „Engel des Herrn“. Es ist eine Gebetsform aus dem 17. Jahrhundert und es beinhaltet drei „Gegrüßet seist du Maria“, verbunden mit Versen aus dem Evangelium. „Verstaubte Tradition“, „nicht mehr zeitgemäß“, „ja da kann ich ja gar nichts damit anfangen“, mag der ein oder die andere dazu sagen.
Die Aussagen dieses alten Gebets treffen allerdings mitten in das Zentrum des christlichen Glaubens. Heute, am Fest Maria Himmelfahrt, dem Festtag in Candelaria und auf der Insel schlechthin, da lohnt es sich, genau daran zu erinnern. Denn wenn ich die Botschaft, die das Mädchen Maria da von Gott gehört hat, direkt auf mich anwende, dann ist sie plötzlich mehr als aktuell. „Der Engel des Herrn bringt eine Botschaft und wir empfangen vom Heiligen Geist“, so heißt es in diesem Gebet – stellvertretend für uns alle an Maria gerichtet. Was für eine Aussage. Gott schickt mir – ihnen und mir eine Botschaft, deren Inhalt ich nicht fassen kann. Ich kann sie „empfangen“, aber ich muss damit im wahrsten Sinne des Wortes „schwanger gehen“, ich muss darüber nachdenken und „brüten“ und sie dann in die Welt bringen. Dabei muss mir klar sein, dass Gott in indirekter Weise zu mir spricht. Oft in unauffälligen, alltäglichen Kleinigkeiten; in Zufällen, die ich vielleicht erst viel später als wichtig erkenne. Ich brauche also ein ganz offenes, inneres Ohr, muss hellwach sein, auch gegenüber meinen Mitmenschen. Nur dann kann ich wirklich hören, was Gott hier und heute von mir will.
Dem Mädchen Maria ist das wohl so ergangen. Sie stand im Dialog mit Gott und sie antwortete ihm: „Mir geschehe nach deinem Wort.“ Übersetzt würde ich sagen heißt das: „Ich bin ganz für dich da. Ich ordne mich deinem Willen unter und ich werde tun, was du von mir verlangst.“ Auch das ist für viele Ohren unverständlich und ungeheuerlich. Wer will sich heute denn schon freiwillig unterordnen und seine Freiheiten beschneiden lassen? Aber Vorsicht! Vielleicht ist ja auch das Gegenteil der Fall. Wer heute betet, der wird das nicht als Freiheitsberaubung ansehen. Der schenkt sich eine Auszeit zum Abschalten, Hören, frei sein für mich und für Gott: Deshalb am heutigen Feiertag ein kurzes Gebet:
„Herr, sende uns deinen Heiligen Geist, so wie du den Engel zu Maria gesandt hast. Sende uns einen Heiligen Geist, damit er uns fähig macht, dein Wort aufzunehmen, es in uns stark werden zu lassen und die Welt dadurch ein wenig lebenswerter zu machen. Amen.“

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Erstellt am: 18.08.2014 20:13 Uhr

Zündfunke, 14.08.14

Diakon Bertram Bolz
Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
18.200 Tage sind eine lange Zeit, liebe Schwestern und Brüder. Das sind 50 Jahre, die Zeit also, die verheiratete Paare zusammen verbracht haben, wenn sie vor dem Fest ihrer Goldenen Hochzeit stehen. Hier auf Teneriffa hab’ ich schon mit vielen Paaren dieses Fest gefeiert. Es sind Menschen, die aus der Generation kommen, die den 2. Weltkrieg noch als Kinder oder Jugendliche erlebt haben und die danach mit ihren Eltern eine neue Existenz aufbauen mussten. Dazu gehörten dann auch die Eheschließung und die Gründung einer eigenen Familie. Mehr als 18.000 Tage das Leben miteinander teilen, das bedeutet eben nicht nur Friede, Freude und Spaß, sondern oft eben auch Leid und Last, ungelebte Träume und zerstörte Illusionen, Verlust und Verzicht. Und nach sollen Anfangszeiten, wie sie unsere Goldpaare hatten, war das alles kein Zuckerschlecken.
Dennoch freuen sich viele Paare wie „Jungspunde“ auf diesen Tag ihrer Goldenen Hochzeit. Sie sind mächtig stolz, solange zusammen zu sein und viele fragen sich, wo denn eigentlich die Zeit geblieben ist. Manche bekommen noch mal ungeahnte Energien, um dieses Fest bewusst feiern zu können und schwelgen dann in Erinnerungen vergangener Zeiten. Z.B. an das gegebene Versprechen in guten und in schweren Tagen zueinander zu halten, ohne wenn und aber, solange man lebt. Den Paaren ist klar, dass dieses Versprechen einer Haltung entsprach, die absolut gegenläufig zum heutigen Trend ist. Dabei wissen die Goldjubelpaare durchaus um die Qualität aber auch die Zerbrechlichkeit des einmal gegebenen Versprechens. Dementsprechend kommen dann in Gespräch mit ihnen auch Sätze wie: „Es war nicht immer einfach. Oft mussten wir uns durchbeißen.“ Oder: „Die jungen Leute heutzutage geben ihre Beziehung einfach viel zu schnell auf. War es dann wirklich Liebe und Zuneigung?“ Und immer wieder wird eben auch geäußert – und ich glaube nicht, dass diese Paare das nur im Gespräch mit mir so handhaben: „Ohne ihn – ohne den Herrgott – hätten wir’s nicht gepackt.“
Mit Gottes Hilfe haben sie gerechnet, auf seinen Beistand gehofft, seinen Segen erbeten – und dann stehen sie nach 50 Jahren wieder vor einem Altar – Ausgangspunkt für den ersten Schritt in das gemeinsame Leben. Diese Paare wissen: Dieses „Sich-Trauen“ bedeutet einander vertrauen, bedeutet glauben und hoffen. Es bedeutet auch, die lebenslange Liebe zueinander nicht garantieren zu können, aber es 100%tig zu wollen. Und – es bedeutet daran zu glauben, dass diese Liebe nicht nur von einem selbst abhängt, sondern auch ein Geschenk Gottes ist.

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Erstellt am: 18.08.2014 20:12 Uhr

Zündfunke, 13.08.14

Diakon Bertram Bolz
Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Wissen Sie, liebe Schwestern und Brüder, weshalb man in einer Krankenversicherung ist? Was für eine Frage, denken Sie jetzt vielleicht – um eben gegen Krankheiten versichert zu sein. Falsch! Sie sind nicht gegen Krankheiten versichert, sondern wegen!! Es ist zwar nur ein Buchstabe Unterschied, aber der hat es ganz gewaltig in sich. Wenn man sich nämlich gegen Krankheiten versichern könnte, dann wäre das schön. Alle blieben wir gesund und die Kassen hätten eigentlich gar keine Unkosten zu fürchten. Aber da dem nicht so ist, werden wir trotzdem krank, und deshalb gibt es die Krankenversicherung, Kostenlawinen und Gesundheitsreformen.
Apropos „Gesundheitsreform“. Da wird also die Gesundheit reformiert, wird neu bestimmt, was „gesund“ bedeutet oder was einen Kranken von einem Gesunden unterscheidet oder wann ein Kranker aufhört als Kranker zu gelten. Wenn die Krankenkasse nicht mehr zuständig ist, ist dann ein Kranker nicht mehr krank? Doch durchaus schon. Nur ist er dann unheilbar krank. Und für unheilbar Kranke sind die Angehörigen, die Pflegeheime und die Pflegeversicherung zuständig. Heilbar und unheilbar, Heil und Unheil, für das Evangelium – die frohe Botschaft der Christen – ganz zentrale Worte. Jesus „lehrte in den Synagogen, verkündete das Evangelium vom Reich Gottes und heilte im Volk alle Krankheiten und Leiden.“ So zumindest steht es beim Evangelisten Matthäus (4,23)
Wie gern würde ich das glauben, wie gern es wirklich ganz wörtlich nehmen. Aber das kann ich leider nicht. Es gibt zu viel Elend, zu viel Krankheit und Leid in den Krankenzimmern und Pflegeheimen, als das ich das wirklich von Herzen glauben könnte. Die Realität ist einfach anders, wie hier im Evangelium beschrieben. Und sie war es, so denke ich, auch damals. „Er hat unser Leiden auf sich genommen und unsere Krankheiten getragen“, so heißt es ebenfalls bei Matthäus. Aber Moment mal – vielleicht ist es ja das. Das Wunder bestand damals und besteht heute darin, dass Menschen anpacken und mittragen. Die beste Krankenversicherung also, die ich haben kann, ist die Versicherung, dass ich als Kranker nicht allein gelassen werde. Das gilt für die, die hauptberuflich pflegen, für die vielen pflegenden Angehörigen, aber auch für die vielen, vielen Stunden der Besuche und der kleinen Handgriffe und Hilfen in den Alten- und Pflegeheimen.
Dort, wo die Zuständigkeit aller Versicherungen und Kassen irgendwann endet, wo keine Gesundheitsreform mehr greift, wo Menschen wie selbstverständlich am Krankenbett Leid und Elend mit tragen, dort beginnt im biblischen Sinne das Reich Gottes, ein Stückchen Himmel auf unserer mehr als brüchigen Erde.

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Erstellt am: 18.08.2014 20:10 Uhr