Predigt am Sonntag Okuli, 23.03.2014 in Puerto de la Cruz

1. Könige 19, 1-13a
Und Ahab sagte Isebel alles, was Elia getan hatte und wie er alle Propheten Baals mit dem Schwert umgebracht hatte.
2 Da sandte Isebel einen Boten zu Elia und ließ ihm sagen: Die Götter sollen mir dies und das tun, wenn ich nicht morgen um diese Zeit dir tue, wie du diesen getan hast!
3 Da fürchtete er sich, machte sich auf und lief um sein Leben und kam nach Beerscheba in Juda und ließ seinen Diener dort.
4 Er aber ging hin in die Wüste eine Tagereise weit und kam und setzte sich unter einen Wacholder und wünschte sich zu sterben und sprach: Es ist genug,
so nimm nun, HERR, meine Seele; ich bin nicht besser als meine Väter.
5 Und er legte sich hin und schlief unter dem Wacholder. Und siehe, ein Bote rührte ihn an und sprach zu ihm: Steh auf und iß!
6 Und er sah sich um, und siehe, zu seinen Häupten lag ein geröstetes Brot und ein Krug mit Wasser. Und als er gegessen und getrunken hatte, legte er sich wieder schlafen.
7 Und der Bote Gottes kam zum zweitenmal wieder und rührte ihn an und sprach: Steh auf und iß! Denn du hast einen weiten Weg vor dir.
8 Und er stand auf und aß und trank und ging durch die Kraft der Speise vierzig Tage und vierzig Nächte bis zum Berg Gottes, dem Horeb.
9 Und er kam dort in eine Höhle und blieb dort über Nacht. Und siehe, das Wort des HERRN kam zu ihm: Was machst du hier, Elia?
10 Er sprach: Ich habe geeifert für den HERRN, den Gott Zebaoth; denn Israel hat deinen Bund verlassen und deine Altäre zerbrochen und deine Propheten mit dem Schwert getötet, und ich bin allein übriggeblieben, und sie trachten danach, daß sie mir mein Leben nehmen.
11 Der Herr sprach: Geh heraus und tritt hin auf den Berg vor den HERRN! Und siehe, der HERR wird vorübergehen. Und ein großer, starker Wind, der die Berge zerriß und die Felsen zerbrach, kam vor dem HERRN her; der HERR aber war nicht im Winde. Nach dem Wind aber kam ein Erdbeben; aber der HERR war nicht im Erdbeben.
12 Und nach dem Erdbeben kam ein Feuer; aber der HERR war nicht im Feuer. Und nach dem Feuer kam ein stilles, sanftes Sausen.
13 Als das Elia hörte, verhüllte er sein Antlitz mit seinem Mantel und ging hinaus und trat in den Eingang der Höhle.

Liebe Gemeinde !
Wie geschieht es denn nun, dass man Gott erfährt? In leidenschaftlichem Feuer für ihn, das sich zu einem grenzenlosen Eifer für ihn auswachsen kann oder brennend im Engagement, vor Begeisterung aufbrausend wie ein Sturm, bebend vor Erregung wie ein Erdbeben, das den Boden aufreißt und alle und alles verschlingt, was nicht richtig glaubend und lebend mitziehen will? Elia erscheint ja in unserer Geschichte fast wie ein Fundamentalist, der Gott auch noch in brennenden und stürmischen und bebenden Erscheinungen zu erleben meint, oder es vielleicht im Stillen so hofft.

Und dann die ganz andere Seite. Gott erfahrbar in einem Boten, der eher leise herzu tritt, zweimal ermutigt mit eher behutsamen Worten: Iß, steh auf, du hast einen weiten Weg vor dir. Ein merkwürdiges Gefälle liegt in unserer alten Geschichte von Elia. Nicht von irgendeiner unbedeutenden Gestalt der Bibel. Nein, ganz im Gegenteil. Ich erinnere an die Geschichte von der Verklärung Jesu, als Moses und Elia bei ihm erscheinen. Und die Jünger in einem Anflug von grenzenloser spiritueller Begeisterung gar nicht mehr den Ort der Erscheinung verlassen wollen. Hier ist gut sein, hier lasst uns Hütten bauen, eine für Moses, eine für Elia, eine für dich, Herr. Elia steht neben Moses als der, auf dessen Fundament auch die Christenheit ruht.

Elia – also ein Großer, ein ganz Großer.

Und ein an Gott Glaubender, in seinem Namen Handelnder, der von einer Seite des Glaubens oder der Gotteserfahrung in die andere, nahezu diametral entgegen gesetzte fällt:

Vom Helden zum Lebensmüden
Vom Gewaltigen zum Ohnmächtigen
Vom viel Lärm Machenden zum ganz und gar Kleinlauten

Nimm meine Seele von mir. Ich kann nicht mehr. Ich will auch nicht mehr. Ich gehe nicht einen einzigen Schritt weiter. Ich verstecke mich, will nichts und niemanden mehr sehen. Kennen Menschen das? Kennen wir das? Himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt. Glaube und Zweifel, Kraft und Ohnmacht – so nah, so erschreckend nah bei einander, fast wie das Verhalten eines bipolar Depressiven. Elia lebt es uns nahezu vor.
Einige kurze Skizzen seines Wirkens vor unserer Geschichte heute morgen sind nun wohl nötig, liebe Gemeinde:

Der Prophet Elia hat einen großen und tiefen Konflikt mit seinem König Ahab und noch viel mehr mit dessen Frau Isebel. Es geht um die Reinheit des Kultes der Gottesanbetung, der durch eine laxe Haltung am Königshof gefährdet scheint. Elia begehrt dagegen auf, spart nicht mit harten Worten und beißender Kritik. Und deshalb wird er verfolgt, der König ist eher halbherzig, die Königin spinnt Intrigen. Eine Atmosphäre, die schnell vergiftet und ein Boden, auf dem gerne Unheil wächst.

Jedenfalls wird Elia vertrieben, viele seiner Jünger werden hingerichtet, während die Priester des Götzen Baal am Tisch der Königin Isebel sitzen.
Elia aber gibt nicht auf. Auf den Auftrag Gottes hin lässt er seinem König Ahab mitteilen, wo er sich befindet. Es kommt, wie es kommen muss: Die Konfrontation zwischen dem Propheten Gottes und den Priestern des Götzen spitzt sich zu. Ein Gottesurteil, wie in der Antike auch sonst durchaus üblich, muss her. Beide Parteien bauen einen Opferaltar auf und rufen ihre Gottheit an. Wessen Gott mir Feuer vom Himmel das Brandopfer entzündet, der hat gewonnen. Und wiederum: Es kommt, wie es kommen muss. Elia gewinnt. Die Baalspriester werden in ein Flusstal getrieben und umgebracht. Das, was später die Jünger gerne von Jesus gesehen hätten, es möge Feuer vom Himmel regnen und die gottlose Brut vernichten, tritt hier ein. Gott im Feuer, vernichtend, verbrennend. Elia mag sich im Gefühl des Sieges oder gar des Siegers gesonnt haben.

Und nun beginnt unsere Geschichte:
Und zum dritten Mal kommt es, wie es kommen muss: Isebel sitzt am längeren Hebel der Macht, Elia wird erneut verfolgt. Das Resultat des gewonnenen Gottesurteils ist Flucht und Vertreibung.

Ein erster Hinweis lange vor Jesus, der doch für viele seiner Zeitgenossen der zweite Elia sein sollte: Gewalt, auch und gerade Gewalt im Namen Gottes, ist kein Mittel zur Durchsetzung göttlichen Willens! Ein verdecktes Signal: Blut schreit nach neuem Blutvergießen. Stecke dein Schwert an seinen Ort, denn wer zum Schwert greift, wird durchs Schwert umkommen, so wird es Jesus seinem Jünger in Gethsemane sagen, der zur Waffe greifen will, um den richtigen Glauben gegen dessen Feinde zu verteidigen.

Ein erster Hinweis, ein verdecktes Signal, mir scheint es so. Denn Elia landet in der Wüste, auf dürrem Boden in trockenem Land, bei quälendem Hunger und brennendem Durst. Möchte sterben: Nimm meinen Geist von mir. Es ist genug. Wie anders der zweite Elia, Jesus, der gewaltlos in den Tod geht. Dr will nich sein Leben weggeworfen sehen, sondern er bittet: Vater in deine Hände befehle ich meinen Geist. Und: Es ist vollbracht. Das heiß so viel wie: Das Ziel ist erreicht.

Ähnlich sind die beiden Situationen und Personen sich allerdings, wie in der Verzagtheit Gottesbegegnung möglich und erfahrbar wird. Ein Bote mit Brot und einem Krug Wasser bei Elia. Als Jesus verzagte, kamen die Engel und stärkten ihn, so berichtet das Evangelium. Und wenn wir nicht weiterwissen, dann reicht er uns Brot und Kelch. Die Botschaft heißt stets: Ich bin bei Dir. Steh auf und geh. Nun allerdings nicht gleich ins gelobte Land voll Milch und Honig. Nein, erst einmal 40 Tage durch die Wüste. Das ist immer so gewesen: Wer aufbricht ins gelobte Land, der landet meist zuerst in der Wüste. Kennen wir vom Volk Israel. Kennen wir von Elia, kennen wir von Jesus, der nach der Taufe, in der ihm zugesagt wurde: Du bist mein lieber Sohn, auch erst einmal 40 Tage und Nächte in die Wüste musste. Kennen wir vielleicht auch, dass dann, wenn wir dachten, nun sei alles klar, jetzt sei der Weg gut bereitet, vielleicht sogar, nun ist Gott mit mir und bei mir und in mir, und dann, ja, dann kam die Durststrecke.

Die Wüste aber ist in der Bibel nicht nur Ort der Versuchung und der Anfechtung, sie ist Ort der Reinigung und der Gottesbegegnung. In der Wüste erhebt sich der Berg Horeb, der Berg der Gottesbegegnung von Alters her. Und dort wird nun auch Elia eine Gotteserfahrung machen, allerdings eine der ganz anderen Art.

Elia darf Gott im Vorübergehen nahe sein. Mehr gibt es nicht, mehr ist nicht drin. Gott im Vorübergehen, nicht im Haben, nicht im Festhalten, nicht im Begreifen weder mit Händen noch intellektuell. Gottesbegegnung im Vorübergehen, mehr gab es nicht und ich glaube, mehr gibt es grundsätzlich auch nicht.
Zunächst kommt der Sturm. Den liebte Elia, der stürmische Prophet, der alles und alle hinweggefegt hatte auf dem Berg Karmel. Im Sturm aber kam Gott nicht.
Dann kommt das Erdbeben. Das liebte Elia. Vor Eifer und göttlichem Zorn, wenn es denn so etwas gibt, war er bebend seinem wankelmütigen König und der intriganten Königin gegenüber getreten. Aber im Beben war Gott auch nicht nahe.
Danach das Feuer. Ach, wie hatte es so richtig geknistert, als er den Baalsdienern die Schau gestohlen hatte und sie als die Gelackmeierte ins Abseits gerieten. Und wie hatte sein Herz gebrannt, als die Schwerter durch die Luft sausten und töteten, auch aus Rache.

Und am Schluss Stille, bestenfalls ein leises Sausen. Klingt eher nach zarter Berührung, sanfter Nähe, seligem Schweigen. War das Gott? Es wird nicht einmal ausdrücklich gesagt. Elia verhüllt lediglich sein Gesicht mit dem Mantel.
Wenn uns Gott begegnet, dann ist Verhüllen angesagt. Als Gott im Gekreuzigten den trauernden Getreuen und den geifernden Feinden gleichermaßen begegnete, da verhüllt auch noch die Sonne ihr Gesicht, so heißt es im Evangelium.

Mein Fazit, liebe Gemeinde:
Man mag Gott ja auf vielfältige Weise begegnen oder auch nicht. In Begeisterung und mit brennendem Herzen mit bebender Stimme des Gebetes oder wie auch immer, eins scheint mir unabdingbar: Gewalt ist kein probates Mittel mehr, als fundamentalistisches schon gar nicht, um Glauben zu entzünden oder zu bekennen. Und schon gar nicht nicht, um ihn zu mehren. Das ist bei Elia schon angelegt, und bei Jesus wird es unmissverständlich deutlich.
Und das andere: Wüstenzeiten können heilsam sein, vor allem wenn gute Boten Stärkung bringen und sei es nur Wasser und Brot. Und wenn die große Stille erfahrbar und sanfte Berührung spürbar wird, wir ganz leer sind von aller Unruhe und manch kreisenden Gedanken, dann kann es angezeigt sein, das Gesicht zu verhüllen, sich zurückzuziehen. Vielleicht geht Gott gerade vorüber und wir sind mit ihm getrost auf gutem Weg.
Amen

Infos unter:

Erstellt am: 26.03.2014 18:42 Uhr

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert