Predigt zum 17. Sonntag im Jahreskreis 2014 (27.07.)

L I: 1 Kön 3, 5.7-12 / Ev.: Mt 13, 44-46 (Kf)
Schwestern und Brüder!
Träumen Sie ab und an? Ich meine jetzt nicht von wunderschönen Urlaubs-tagen; die erleben Sie derzeit hoffentlich. Nein, ich denke eher an solche Träume, die – wenn sie dann in Erfüllung gehen – das ganze Leben umkrempeln. Das kennen Sie nicht? Glaub ich Ihnen nicht! Hand aufs Herz: Wer von uns hat denn noch nie von der guten Fee geträumt, welche die sehnlichsten Träume und Wünsche von uns Menschen in Erfüllung gehen lässt? Ach so, Sie glauben nicht an Märchen! Dann kann ich ihnen ja ganz beruhigt die nachfolgende Kalendergeschichte erzählen:
Hans und Liese sind ein junges Ehepaar und sie sitzen im Urlaub eines Abends gemütlich bei einem Glas Wein zusammen. Da kommt eine wunder-schöne Fee zu ihnen auf die Terrasse. Sie sagt: „Ich bin eure Freundin, die wunderschöne Meeresfee. Ich wohne auf dem Grund des Meeres und habe viele Helferlein. Drei Wünsche habt ihr frei, drei Wünsche, die euch beiden erfüllt werden sollen.“ Dann erhebt sie noch warnend den Zeigefinger und fährt fort: „Bis zu eurer Abreise in einer Woche habt ihr Zeit, die Wünsche zu äußern. Bedenkt also alles in Ruhe und vor allem: Sagt nichts Unüberlegtes.“
Ich möchte an der Stelle die Geschichte mal kurz unterbrechen und Sie fragen: Wenn Sie in diesen Tagen auf der Terrasse ihres Hotels oder ihrer Appartementanlage eine solche Begegnung hätten, was würden Sie sich denn wünschen? Dass Sie ewig hier Ferien und Urlaub machen können? Dass Sie immer genügend Geld zur Verfügung haben, um den Rest ihres Lebens so richtig zwanglos genießen zu können? Oder würden Sie sich eher wünschen, dass Sie gesund bleiben oder vielleicht sogar von einer Krankheit geheilt werden? Dass ihre Partnerschaft oder Ehe intakt bleibt? Dass ihre Kinder oder Enkel einer sorgenfreien Zukunft entgegen gehen? Dass Ihr Arbeitsplatz sicher bleibt oder Sie die neue Stelle, die Sie sich so sehnlichst wünschen, tatsächlich bekommen? Dass Sie es endlich schaffen, sich mit allem anzunehmen so wie Sie sind, auch mit Ihren Schattenseiten? Dass Sie in Würde und geistiger Klarheit alt werden dürfen?
Ich bin davon überzeugt, dass sich unsere Wünsche im Laufe des Lebens ändern. Als Kind, da werden Sie mir zustimmen, hat man ganz andere Wünsche wie als Jugendlicher oder Erwachsener. Wahrscheinlich ist ein solcher Wunsch auch ganz stark davon abhängig, in welcher Lebenssituation man sich momentan befindet; ob ich eher arm oder vermögend, gesund oder krank, einsam oder frisch verliebt bin. Sicherlich ist mein Wunschdenken auch davon abhängig, wie mein persönliches, familiäres oder auch berufliches Umfeld derzeit aussieht und was mich da in freudige oder vielleicht auch eher nachdenkliche Stimmung versetzt. In jedem Fall, so möchte ich mal behaupten, stecken in mir – in Ihnen – Wünsche, die sich bislang nicht erfüllt haben. Und darunter gibt es mit großer Wahrscheinlichkeit auch welche, die rein kommerzieller Natur sind; Dinge und Erlebnisse also, die wir einfach nur konsumieren möchten.
Auf nicht wenige dieser Wünsche trifft wahrscheinlich zu, was Ludger Edelkötter in einem seiner geistigen Lieder beschreibt. Da heißt es u.a.: „Ich habe tausend Wünsche, tausend und noch viel mehr. Und sind die Wünsche dann erfüllt, so bleibt mein Herz doch leer.“ Sicherlich: Neben vielen gut überlegten Wünschen, gibt es doch auch eine Vielzahl von Wünschen in uns, die genauer betrachtet, ziemlich töricht sind. Da tut es gut, wenn man im Nachhinein dann ab und an sagen kann: Wie gut, dass sich dieser oder jener so heiß ersehnte Wunsch niemals erfüllt hat! Sonst hätte es mir ja viel-leicht am Schluss genau so ergehen können, wie Hans und Liese aus der
eingangs erzählte Kalendergeschichte.
Als die nämlich an einem der folgenden Abende wieder auf der Terrasse
sitzen und so ganz gemütlich und genüsslich ihr Gläschen Wein zu sich nehmen, da sagt die Liese so ganz unbedacht: „Ach wäre das schön, wenn wir jetzt ein bisschen Knabberzeug zur Hand hätten; Erdnüsse oder auch Flips, Chips und Oliven.“ Und siehe da, kaum dass die beiden sich recht um-schauen, ist der ganze Tisch voll mit all den gewünschten Knabbereien. Der erste Wunsch ist damit vertan. Darüber wird der Hans so unsagbar wütend, dass er seiner lieben Liese all dieses Zeug an den Hals wünscht. „Du bist doch selten doof. Wenn dir nur zur Strafe all das ein für alle mal zu den Ohren und der Nase rauswachsen würde.“ Was natürlich gleichfalls prompt geschieht. Und so bleibt den beiden nichts anderes übrig, als den dritten Wunsch darauf zu verwenden, die arme Liese wieder von dem schrecklichen Knabberzeug zu befreien.
Auf sehr humorvolle Weise veranschaulicht diese Geschichte, dass richtiges Wünschen gar nicht so leicht ist und dass wir manchmal froh sein können, wenn so mancher unserer Wünsche von keiner guten Fee erfüllt wird. Weil die Wünsche aber wie unsere Träume zu uns gehören, deshalb ist es wichtig, dass wir das richtige Wünschen lernen bzw. darauf achten, was denn die Prioritäten in unserem Leben sind. Und dazu gibt uns nicht nur das Evangelium eine Anregung, sondern auch die heutige alttestamentliche Lesung aus dem Buch der Könige.
Es ist eine Traumgeschichte, die uns da von Salomo erzählt wird. Und das ist bedeutsam, denn in unseren Träumen – darin bestärken uns auch die Erkenntnisse der Tiefenpsychologie – kommen unsere tieferen Wünsche zum Vorschein. Wünsche, die wir längst vergessen oder begraben haben, die aber für das Gelingen unseres Lebens von großer Wichtigkeit sind. Im Schlaf steigen sie quasi aus dem Unterbewussten herauf und kommen dann in unseren Träumen ans Licht. Sehr häufig verwandeln sich dann die so ins Bewusstsein getretenen Wünsche in Bilder, die es erforderlich machen, dass man die Sprache der Träume spricht oder sagen wir besser die Deutung kennt, mit der man sie dann entschlüsseln kann.
Schauen wir also noch mal auf die Lesung. Da erscheint Gott dem Salomo eines Nacht im Traum und fordert ihn auf: „Sprich eine Bitte aus, die ich dir gewähren soll.“ Was für eine Chance! Wahrscheinlich wären wir allesamt nie auf die Idee gekommen, das zu erbitten, was Salomo da am Anfang seiner Karriere Gott vorlegt: Er wünscht sich ein hörendes Herz. Wie bitte? Ich meine, dass unsere Ohren den ganzen Tag lang genug zu hören bekommen, so dass wir auch manches überhören können und könnten, das ist das eine. Aber unser Herz? Da sind wir doch schon zufrieden, wenn es taktvoll schlägt, nicht stolpert und auch sonst keine Schwierigkeiten macht.
Aber dieses „gib mir ein hörendes Herz“ bedeutet wohl eher, offen für die Menschen und das Leben zu sein. Ein hörendes Herz wird nicht immer gleich reagieren. Es wird sich geduldig Zeit lassen, zu wägen und zu gewichten. Ein amerikanischer Evolutionsforscher hat diesbezüglich etwas ganz wichtiges aufgezeigt; denn er sagt: Entwicklung, gerade die Entwicklung von uns Menschen, ist keinesfalls nur Fortschritt. Auch der Rückschritt gehört dazu, denn auch im Scheitern steckt eben so viel Kraft wie im Erfolg. Das wird leider oft genug übersehen. Ein hörendes Herz aber verhilft uns zu genau dieser Einsicht: Wie der Erfolg unseren Lebensweg bestätigt, so hilft uns auch das Scheitern, unseren Weg zu verändern. Was wäre denn letztlich für unsere Entwicklung und Reife gewonnen, wenn alle unsere Wünsche in Erfüllung gingen? Wir würden uns nie verändern, wenn wir immer nur Erfolg hätten.
Oder vergleichen wir unser Leben mal mit einer Bergtour: Da kann man von einem Gipfel zum anderen stürmen, ohne wirklich oben angekommen zu sein. Man kann Höhenmeter um Höhenmeter einsammeln, ohne etwas mit nach Hause zu nehmen. Man kann andererseits aber auch mit einem klopfenden und hörenden Herzen unterwegs sein; einem Herzen, das bewusst auf den Weg schaut und auf alles, was an seinen Rändern ist. Dann entsteht Freude am Unterwegssein; die Bergtour missrät nicht zum Kampf und wird so zum grandiosen Erlebnis, weil rechts und links große und kleine Wunder zu sehen sind.
Und noch etwas: in unseren Träumen bekommen wir es nicht nur mit uns selbst und unseren verborgensten Wünschen zu tun, sondern auch mit Gott. Immer wieder bedient sich Gott nämlich selbst der Träume, um uns Menschen eine Botschaft zu vermitteln. Salomo hat das verstanden und er hat gespürt, was Gott sich sehnlichst von ihm wünscht – nämlich ein Mensch mit einem hörenden Herzen zu sein. Wem andere Menschen anvertraut sind, der braucht dieses hörende Herz; d.h. die Gabe, andere zu verstehen, ihnen mit viel Einfühlungsvermögen und Empathie zu begegnen. Und ein solcher König ist denn auch Salomo für sein Volk geworden – vielleicht oder gerade deshalb, weil sein Wunsch sich deckungsgleich zeigte mit dem Wunsch Gottes. Nicht umsonst ist die salomonische Weisheit sprichwörtlich geblieben bis in unsere Tage.
Ein hörendes Herz, das möchte ich auch mir wünschen. Nicht um so weise zu werden wie Salomo; das wäre vermessen. Aber ich möchte gerne unter den vielen Wünschen, die da in mir sind, den heraushören, der von Gott kommt. Dann glaube ich, kann ich auch in meinem Leben die richtigen und notwendigen Prioritäten setzen, die Jesus mit den beiden Gleichnissen vom Schatz im Acker und der Perle deutlich machen wollte. Und dann geht mit großer Wahrscheinlichkeit in Erfüllung, nicht nur was ich mir erträume, sondern auch was Gott sich von mir erträumt. Amen.

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Erstellt am: 28.07.2014 17:27 Uhr

Zündfunke, 27.07.14

Diakon Bertram Bolz, Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Einen wunderschönen Sonntagmorgen, liebe Schwestern und Brüder!
Der Rottenburger Dom ist wohl eine der kleinsten Kathedralkirchen Deutschlands. Sehr schlicht gehalten und trotzdem gibt es dort ein Bild, bei dem ich schon oft Trost gefunden habe. Trost, wenn ich mal wieder mit meinen Fragen oder auch Klagen an Grenzen komme. Es ist ein Fensterbild und heißt „Gnadenstuhl“. Mir ist dieses Bild von Kindheit an vertraut und wer mal in den Rottenburger Dom kommt, der findet es ein wenig versteckt über der Orgel.
In diesem Fensterbild sieht man in einer Rosette Gott Vater und Jesus ganz nah beieinander, genauer gesagt, man sieht sie hintereinander. Gott ist im Bildhintergrund und Jesus davor am Kreuz. Dabei sitzt Gott hinter dem Gekreuzigten und hält ihn. Hält mit seinen ausgestreckten Armen die Querbalken des Kreuzes und trägt Jesus damit gewissermaßen auf seinem Schoß. Dieses Bild bringt zum Ausdruck: Selbst in den schrecklichsten Stunden des Schmerzes, selbst in der tiefsten menschlichen Verlassenheit, ist Jesus nicht allein, sondern Gott hält und trägt ihn, auch wenn Jesus ihm am Kreuz entgegenschreit: „Warum hast du mich verlassen?“ Er ist bei ihm, auch wenn Jesus es nicht wahrnimmt oder nicht wahrnehmen kann.
Dieses Gottesbild ist sehr tröstlich für mich. Es sagt mir, der Mensch – ich – bin nicht allein gelassen, niemals. Auch wenn Gott fern zu sein scheint, wie die entfernteste Galaxie, er ist da und trägt mich. Er ist bei den Menschen, die vor Schmerzen schreien. Er ist bei den Menschen, deren Seele sich in schwärzester Nacht befindet und er ist bei den Menschen, die zu Hunderttausenden in Naturkatastrophen dahingerafft werden. Dieser Gnadenstuhl ist ein Trost für mich, weil er wider alle Logik, wider alle schlechten Erfahrungen mit einem so irrsinnigen wie gleichzeitig wunderbaren Vertrauen sagt: Du fällst nicht ins Bodenlose, du bist gehalten, du bist geboren, was auch passiert. Weil der Gnadenstuhl sagt, ich, dein Gott, bin dein Vater, deine Mutter, dein Urgrund und dein Ziel. Das nennt man auch Gnade, dieses Sich-fallen-lassen und Ruhen im göttlichen Erbarmen. Ein mit dem Verstand sicherlich nicht zu begreifendes Geschenk.
Ich weiß, es gibt genügend Situationen im Leben, wo man es nicht glauben kann oder auch nicht glauben will, dass Gott einen trägt. Wo einem diese Vorstellung wie ein Selbstbetrug vorkommen kann, halt aus Not und Verzweiflung geboren. Und selbst wenn! Könnte nicht allein diese wunderbare Vorstellung aus Menschengeist schon ein Hinweis sein? Ein Hinweis auf einen Gott, dem alles möglich ist. Und damit eben auch: Da sein, wenn er nicht da zu sein scheint.
Einen schönen Sonntag wünsch ich Ihnen.

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Erstellt am: 28.07.2014 17:23 Uhr

Zündfunke, 26.07.14

Diakon Bertram Bolz, Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Veränderungen, liebe Schwestern und Brüder, Veränderungen ist ein Schlüsselwort in der Bibel. „Steh auf und kehr um!“, heißt es da z.B. an vielen Stellen im Neuen Testament. Meistens sagt Jesus diese Worte zu kranken, traurigen oder auch mutlosen Menschen – mitunter aber auch zu Menschen, die sich verändern wollen. Menschen, die danach hungern, dass ihr Leben schöner und besser wird. Veränderungen gehören zu unserem Leben dazu wie das Wachsen und das Vergehen. Seien es die unbewussten Veränderungen durch das Alter oder den Beruf, oder auch die bewussten großen Entschlüsse wie: „Heute fange ich ein neues Leben an!“
Man muss aber nicht nur diese großen Kehrtwenden im Blick haben wenn man von Veränderung spricht; nein das können auch kleine, wenngleich nicht weniger wichtige Veränderungen sein wie z.B. mit dem Rauchen aufhören, ein paar Pfund weniger um die Hüften oder weniger Alkohol. Gerade bei letzteren merkt man, wie schwer die scheinbar kleinen Veränderungen doch sind. Und nicht jede hat das einschneidende Erlebnis, das ihr Leben von heut auf morgen verändert und auch nicht jeder hat eine Gestalt wie Jesus an seiner Seite, die einen zur Umkehr ermutigt. Und so müssen wir uns im Normalfall eben selbst helfen.
Aber dazu gibt es ganz brauchbare Hilfen: Z.B. muss ich mir erst mal bewusst machen, was der Zustand, den ich verändern will, mit mir macht. Leide ich unter diesem Zustand? Und was meinen die anderen? Sehen sie es auch so wie ich? Leiden sie auch darunter? Wird mein Wunsch nach Veränderungen durch diese Fragen noch stärker, dann ist es dringend angeraten einen Plan zu machen, eine richtige Strategie zu entwickeln. Natürlich unbedingt realistisch, sprich: Nicht zu viel auf einmal zu wollen. Wichtig ist auch, nicht zu denken, dass sich nun mein Leben auf einen Schlag verändern wird, wenn ich damit beginne, etwas zu verändern. Hat man dann aber mal mit dem Verändern angefangen, dann kann es manchmal ganz schön hart werden. Manche Dinge muss man sich geradezu abtrainieren oder sich eben einen sinnvollen Ersatz für die jahrelang vertrauten Gewohnheiten suchen. Beim Rauchen ist das so ein Problem. Da sind ja normalerweise Hand, Mund und Auge beschäftigt. Also müssen diese Sinnesorgane in Situationen, in denen ich nach einer Zigarette giere, anderweitig beschäftigt oder abgelenkt werden. Küssen wäre z.B. eine Möglichkeit. Und weil diese Entwöhnungsphasen körperlich wie seelisch eine wackelige Zeit sind, braucht es Menschen, die einen dabei unterstützen und bestätigen. Nicht zu vergessen: Man muss sich auch selbst immer wieder loben und belohnen. So könnte man nach jeder erfolgreichen Woche etwas tun, was einem gut tut. Ist man dann über das Gröbste hinweg, dann sollte man mit sich selbst einen Vertrag schließen, mit dem ich mich ganz ernst und ganz fest binde: Nie Wieder! Wichtig ist, dass man auch andere über diesen Schritt informiert, damit sie mich unterstützen und erinnern. Und: Dass sie sich natürlich auch mit mir freuen.

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Erstellt am: 28.07.2014 17:19 Uhr

Zündfunke, 25.07.14

Diakon Bertram Bolz, Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Festtag in Spanien, liebe Schwestern und Brüder. Heute feiert Spanien seinen Patron, den Hl. Jakobus. Die Wallfahrt zu seinem Grab nach Santiago de Compostela, ob nun mit dem Fahrrad oder zu Fuss, hat nicht erst mit Hape Kerkelings Buch „Ich bin dann mal weg“, einen neuen Aufschwung erhalten. Nach Jerusalem und Rom ist Santiago die wohl bekannteste und auch am meisten gegangene Wallfahrtstrecke der Christenheit. Bei der Rückkehr haben die Pilger nicht nur den großen Stempel im Pilgerpass, sondern auch die Jakobsmuschel in der Hand. Dieser Pilgerweg nach Finistere, ans Ende der Welt, ist schon uralt. Und viele, die ihn gegangen sind, sagen: Man taucht ein in den Tod, um wiedergeboren heimzukehren. Sprechendes Symbol dafür ist eben jene Muschel.
Heute werden sich nun wieder Tausende in der Kathedrale von Santiago und dem Platz davor einfinden, um gemeinsam den Apostel Jakobus zu feiern. Das Grab des Zebedäussohnes wird hier verehrt; ist Anziehungspunkt für so viele auf der Suche nach dem wahren Leben, Quelle der Motivation und der Erneuerung. Jakobus ist eigentlich beides zugleich: Patron der Pilger und zugleich selbst ein Pilgernder, immer wieder dargestellt mit Muschel und Kürbisflasche, Proviantbeutel und Pilgermütze. Selbst auf dem Weg – von Jerusalem her über das ganze Mittelmeer bis Spanien – ist er zum geistlichen Meister geworden, zum Weggefährten auf den verschlungenen Pfaden des Lebens.
Manchmal frage ich mich: Warum wird gerade in Zeiten des Tourismus und der unfreiwilligen Mobilität das Pilgern wieder entdeckt? Der freiwillige Aufbruch in das größere Leben, heraus aus den guten und schlechten Gewohnheiten, nur mit der eisernen Ration im Gepäck und den Gottesweg unter den Füßen? „Wir sind nur Gast auf Erden und wandern ohne Ruh’, mit mancherlei Beschwerden der ewigen Heimat zu.“
Santiago, der heilige Jakob, ist ein Bezugspunkt der Hoffnung, ein Zielort des Glaubens, die Einladung zur Lebenswende schon jetzt. Immer fängt es damit an, dass wir uns der Attraktivität Gottes aussetzen, z.B. in der Gestalt dieses Apostels. Immer kommt es darauf an, dass wir aufbrechen und uns aufbrechen lassen. Dann ist unser Lebensweg ein Glaubensweg und unser Glaubensweg unser Lebensweg: Schritt für Schritt, mit Höhen und Tiefen, aber dieses Ziel fest vor Augen – dem Pilger aus Nazareth nach, der für uns „Weg, Wahrheit und Leben in Fülle ist.“

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Erstellt am: 28.07.2014 17:16 Uhr

Zündfunke, 24.07.14

Diakon Bertram Bolz, Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Die Glaubensfantasie, liebe Schwestern und Brüder, hat sich einen Lastenträger ausgemalt: Er trägt den Namen Christopherus. Heute steht dieser Name in meinem Kalender. Ein starker Kerl auf der Suche nach dem Sinn seines Lebens, der vor Kraft nur so strotzt. Faszinierend sind auch für ihn – wie könnte es anders sein – Reichtum, Geld und Potenz. Aber all das genügt diesem Riesenkerl nicht. An der entscheidenden Kreuzung seines Lebens, da trifft er einen weisen Mitmenschen, einen gotterfahrenen Einsiedler. Der rät ihm zum Fluss zu gehen und seine Bärenkräfte als Fährmann, als Brückenbauer einzusetzen – von einem Ufer zum anderen.
Da kommt eines Tages ein kleines Kind des Weges, das auch ans andere Ufer will. Der Riese nimmt es auf seine Schultern, schmunzelnd ob dieser leichten Aufgabe. Aber je tiefer er mit diesem Kind ins Wasser kommt, desto schwerer wird es ihm. Er kann dieses Kind kaum mehr tragen und die Gefahr wird immer größer, dass er schlapp macht. Beide würden dann jämmerlich untergehen. Doch Christopherus schafft es dann doch und trägt das Kind ans andere Ufer. So schwer also kann es sein, einen anderen Menschen zu tragen und zu ertragen. So erdrückend kann das Päckchen auf dem eigenen Rücken sein. Doch jetzt die Pointe der Geschichte. Das Kind sagt nämlich zu seinem Retter: „Jesus Christus war deine Bürde. Mit ihm hast du mehr als die Welt getragen.“
So bekommt dieser unbekannte Bursche, den die Legende Reprobus nennt, den Ehrennamen: Christopherus – Christusträger. Eine Symbolgestalt für jeden Christen: Auf der Suche nach dem wahren Leben bekommen wir die Gotteslast zu spüren. Ja, Glauben kann manchmal so unerträglich schwer sein, wortwörtlich unerträglich! Da geht es einem wie dem Christopherus mitten im Fluss. Selbst der geliebteste Mensch kann einem zur Last werden. Und es gilt: Wer sich an Jesus Christus bindet und ihn zur Mitte seines Lebens macht, der muss trotzdem wie Christopherus mit Phasen rechnen, wo es unerträglich zu werden scheint. So groß ist die Last dieser Welt, so groß das Schwergewicht der göttlichen Zuneigung und Liebe. Eine Mystikerin unserer Tage sagte einmal: „Lernen wir, dass es nur eine einzige Liebe gibt: Wer Gott umarmt, findet in seinen Armen das Gewicht der Welt; wer die Welt umarmt, findet in seinen Armen das Gewicht Gottes.“ Diese christophorische Kraft macht den erwachsenen Christen aus. Und so überbrückt er den trennenden Fluss – und so kommen dann auch wir ans andere Ufer.

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Erstellt am: 28.07.2014 17:13 Uhr

Zündfunke, 23.07.14

Diakon Bertram Bolz, Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Kennen Sie diesen eigenartigen Satz aus dem Volksmund, liebe Schwestern und Brüder: „Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott“. Und missverständlich ist er außerdem! Ja, er könnte sogar so missverstanden werden, dass Gott mir nur dann hilft, wenn ich mir selbst helfe. Was ist dann aber mit all den Menschen, die, durch welche Umstände auch immer, komplett hilflos sind und völlig am Boden? Mir will auch überhaupt nicht in den Kopf, dass gerade die, die fähig sind, sich an den eigenen Haaren aus dem Sumpf zu ziehen, für ihre Stärke auch noch mit Gottes Hilfe belohnt werden. Also – was soll dann dieser Spruch „hilf dir selbst, dann hilft dir Gott?“
Ich denke, er ist eine Provokation. Eine Provokation für die, die einfach ihre Hände schicksalhaft ergeben in ihren Schoß legen wollen. Eine Provokation im Wortsinne. Denn durch solche Sprüche soll ihre Eigeninitiative hervorgelockt und hervorgerufen werden. Eben nicht nur jammern, nicht nur klagen und auch nicht nur auf Hilfe von außen warten. Hilf dir selbst, dass will auch sagen: Du selbst kannst dir helfen; du hast doch Fähigkeiten in Dir. Also trau dich und versuche nach deinen Reserven zu schauen und sie zu aktivieren. „Dann hilft dir Gott“ sagt nämlich zweierlei für mich: Wenn du aktiv bei und mit dir selbst bist; wenn du schaust, was bei dir noch geht, dann bist du immer auch Gott nahe, dann ist nämlich seine Hilfe durch Deine Selbsthilfe schon da. Und oft findet sich dieser Gott auch in Menschen, die durch meine Aktivität aktiviert werden. Mir helfen, wenn sie mir unter die Arme greifen oder durch ein gutes Wort oder einfach ein Stück Wegbegleitung. Bei den Heilungsgeschichten Jesu in der Bibel geht es ja immer wieder um genau diesen Zusammenhang von Selbsthilfe und der Hilfe durch Gott. Die Menschen kommen ja meisten von sich aus auf Jesus zu. Sie suchen ihn auf, sprechen ihn an und bitten ihn um Hilfe. Sie glauben an ihn und hoffen darauf, dass er ihnen – oft als letzte Rettung – helfen kann. Und wenn er sie dann geheilt hat, an Leib oder auch Seele, dann sagt er ihnen einen dieser beiden Sätze. Der eine lautet: „Geh, dein Glaube hat dir geholfen“ – also könnte man auch sagen: Du hast dir selbst geholfen, weil du glaubst. Und der andere: „Geh’ nach Hause“. Im griechischen Originaltext der Bibel heißt dieses „nach Hause“ „ta idia“ – was so viel meint wie: Das dir Eigene, also geh’ in das Deine, zu Dir selbst!“ Oder ich könnte jetzt auch sagen: Komm zu dir selbst und bleib bei dir oder bleib du selbst und lass dich nicht wieder entfremden. Nicht von dir selbst und auch nicht durch andere.
In diesem Sinne – bleiben Sie sich treu – nicht nur heute!

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Erstellt am: 28.07.2014 17:10 Uhr

Zündfunke, 22.07.14

Diakon Bertram Bolz, Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
„Wenn Du schnell gehen willst, geh’ allein; wenn Du weit gehen willst, dann geh’ mit anderen.“ Diese Lebensweisheit, verehrte Schwestern und Brüder, stammt von einem Afrikaner, nämlich von Samuel Kobía, dem ehemaligen Generalsekretär des ökumenischen Rates der Kirchen. In einem Interview hat er geäußert, dass diese Weisheit sein Lebensmotto sei – auch, weil er sich für eine der beiden Alternativen entschieden hat. Er will weit gehen und weit kommen und zwar mit anderen zusammen. Für mich ist das Spannende und auch das Schöne an seiner Lebensweisheit, dass sie mir diese Alternativen bietet. Im Unterschied zu vielen anderen Weisheiten, sagt sie eben nicht: „Mach dies oder das, ich weiß was gut oder schlecht ist“; nein – sie lässt mir dir Wahl: „Wenn Du schnell gehen willst, geh’ allein. Wenn Du weit gehen willst, dann geh’ mit anderen.“
Schnell zu sein ist heute „in“ und wird sehr geschätzt. Und es gibt ja wahrlich auch Situationen, in denen es mehr als fahrlässig wäre, wenn man nicht schnell und entschlossen zupacken würde. Probleme darf man nicht einfach liegen lassen.
Aber wenn es um meine grundsätzliche Lebenseinstellung geht, wie dann? Lieber „allein schnell“ oder „miteinander weit“? Rein gefühlsmäßig denke ich oft, allein geht’s besser, weil ich eher ans Ziel komme. Wenn man mit jemandem lernt oder arbeitet, braucht man oft viel Geduld und Rücksichtnahme; muss aufeinander warten, einander achten, dem anderen genügend Zeit einräumen und Kompromisse suchen. Das alles kostet Energie und Zeit – oft sehr viel Zeit. Andererseits spüre ich aber auch, dass mir allein doch eher auch mal die Kraft ausgeht, das ich nicht weiterkomme – und dann? Dann steh’ ich da und wünsch’ mir, dass jemand da ist, der mich in den Arm nimmt. Es gibt ja auch Situationen – und das darf man nicht unter den Tisch fallen lassen – in denen es offensichtlich ist, dass ich jemanden anderen brauche, weil ich sie alleine gar nicht bewältigen kann. Also: Vielleicht ist „miteinander“ doch die bessere Alternative. Und langfristig sogar die Effektivere? Denn es ist doch auch klar: Wer schneller ist und geduldig, der kann den Langsameren anspornen, über sich hinaus zu wachsen, schneller zu gehen als er allein könnte. Und der Langsamere, der stellt manchmal wichtige Fragen und sieht Dinge, die der Schnellere in seiner Hektik mal wieder übersehen hätte.
Spricht also doch alles mehr für das „miteinander weit“, als für das „allein schnell“ zu gehen? Die Hl. Schrift gibt mir an einer Stelle zu bedenken: „Zwei sind besser als einer allein, falls sie nur reichen Ertrag aus ihrem Besitz ziehen. Denn wenn sie hinfallen, richtet einer den anderen auf. Doch wehe dem, der allein ist, wenn er hinfällt und keiner bei ihm ist, der ihn aufrichtet.“ (Koh 4, 9f)

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Erstellt am: 22.07.2014 20:20 Uhr

Siam Park als bester Wasserpark der Welt geehrt

Siam Park befindet sich weiterhin auf der efolgreichen Laufbahn mit der Anerkennung als besten Wasserpark der Welt. Diese Auszeichnung wurde im Rahmen der zweiten Ausgabe der Preisverleihung von Travellers‘ Choice Attractions, die von der Reise-Website Trip Advisor ins Leben gerufen wurde, bekannt gegeben. Trip Advisor zeichnet die besten und beliebtesten Orte und Attraktionen der Welt, auf der Grundlage der Bewertungen und Meinungen der Urlauber, aus. Während der Preisverleihung waren präsent der Präsident von Loro Parque, Wolfgang Kiessling, der Vizepräsident und Direktor von Siam Park, Christoph Kiessling; Blanca Zayas, Repräsentatin von Trip Advisor; wie auch der Bürgermeister von Adeje, José Miguel Rodríguez Fraga; der stellvertretende Minister für Tourismus, Ricardo de la Puente und andere Behörden und Persönlichkeiten der Tourismusbranche.
Insgesamt gab es in dieser Ausgabe 300 Gewinner, darunter ein globaler Top 25 und Auflistungen für Asien, Kanada, China, Europa, Indien, Südamerika, Südsee, Grossbritannien und USA, wobei als Endergebnis Siam Park als bester Wasserpark der Welt resultierte. Diese Auszeichnungen werden auf der Grundlage der Qualität und Quantität der, von den Urlaubern erhaltenen, Millionen von wertvollen Meinungen über die verschiedenen Sehenswürdigkeiten in jedem Land, bestimmt. In diesem Sinne und Dank der Positionierung von Siam Park als Themenpark mit Wasserattraktionen, hat er sich, gegenüber anderen Vergnügungsparks der Welt, deren Investitionen weit aus grösser sind, als ein innovativer Park in diesem Sektor bestätigt.
Diese Anerkennung schliesst sich den, in diesem Sommer erhaltenen 4 wichtigen Auszeichnungen an. Diese sind das Zertifikat Biosphere Park, für sein Umwelt-Engagement und seine Unterstützung des Urlaubsziels Teneriffa. Diese wurde vom Institut für Verantwortlichen Tourismus der UNESCO verliehen, das diese Qualitätssiegel an die besten und touristisch attraktivsten Orten der Welt unter den Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit und des Respekts für die Umwelt, vergibt. Diese Auszeichnung gesellt sich zu den Qualitätszertfikaten ISO 9000; ISO 14.000 und EMAS. Gemeinsam stehen sie für das aufrichtige Engagement und für die höchste Qualität in der Tourismus-Branche.
Siam Park wurde im Jahr 2008 von der Prinzessin von Thailand, Maha Chakri Sirindhorn eingeweiht und gehört zum Unternehmen Loro Parque, dessen Qualitäts- und Exzellenz-Siegel bei zahlreichen Gelegenheiten während seines fast 42-jährigen Bestehens anerkannt wurden. Sein Präsident Wolfgang Kiessling hat ebenfalls die wichtigsten nationalen und internationalen Auszeichnungen erhalten.

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Erstellt am: 22.07.2014 19:17 Uhr

Zündfunke, 21.07.14

Diakon Bertram Bolz, Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Einen guten Wochenanfang Ihnen allen, liebe Schwestern und Brüder!
„Ein kleiner Schritt nur für einen Menschen, aber ein gewaltiger Sprung für die Menschheit.“ Sie erinnern sich? Richtig, das waren die ersten Worte eines Menschen auf dem Mond. Gesprochen von Neill Armstrong – heute vor 45 Jahren. Niemand von uns hat wohl diese Nacht vergessen, in der weltweit über eine Milliarde Menschen gebannt diesem Ereignis per Fernsehschaltung beigewohnt hatten. Die Astronauten von Apollo 11 hatten der Menschheit einen Traum erfüllt und ihre Nationalität war dabei zur Nebensache geworden. Wir MENSCHEN hatten das geschafft und der Bildschirm gab uns das Gefühl ganz intensiv dabei gewesen zu sein. Ich meine, es gibt nicht viele Ereignisse, die uns alle auf der Welt in einem einzigen Moment so zusammenrücken lassen, wie dieses – obgleich ja unser Planet, Dank der Medien, zu einem globalen Dorf geworden ist. Solche einmaligen Bilder prägen sich tief in uns ein. Noch Jahrzehnte später erinnern wir uns genau, wo wir waren und was wir gemacht haben, als es passierte: ob das nun diese erste Mondlandung war, der Fall der Mauer am 9. November 1989 oder auch die Terroranschläge vom 11. September 2001.
Auch im Leben der Kirche gibt es genau solche kollektive Erlebnisse. Z.B. die Wahl eines Papstes, die Eröffnung eines Konzils, große Wallfahrten oder auch Kirchentage, wie erst vor kurzem in Regensburg. Solche außergewöhnlichen Ereignisse sind keine bloßen „Events“, die man kurz mitnimmt und bereits morgen wieder vergessen hat. Das Gefühl der Zusammengehörigkeit, des dabei Seins, ist ein kostbares Geschenk. Ich stehe nicht allein mit meinem Glauben, meinem Fühlen und Denken; vielmehr weiß ich mich getragen von einer weltumspannenden Gemeinschaft. Jugendliche können zum Beispiel auch bei den Weltjugendtagen erfahren oder den Diözesanen Jugendtagen, die allüberall abgehalten werden. Sicherlich: Die Entscheidung für den Glauben ist immer eine ganz persönliche; aber der Christ glaubt ja nicht für sich allein, sondern immer auch in der Gemeinschaft des ganzen Gottesvolkes. Es bedarf der gemeinsamen Erfahrung, des wechselseitigen Mutmachens. Auf diese Weise lassen sich Menschen begeistern – zumal junge Leute. So war es auch damals beim ersten Pfingstfest in Jerusalem und so wird es – hoffentlich – auch wieder werden beim nächsten Event – sei es nun der Weltjugendtag 2016 in Krakau, ein noch zu vereinbarender ökumenischer Kirchentag zum Reformationsjubiläum 2017 oder auch eines der wunderschönen Treffen in Taizé.

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Erstellt am: 22.07.2014 19:06 Uhr

Predigt zum 16. Sonntag im Jahreskreis 2014 (20.07.)

Lesung: Weish 12, 13.16-19 / Evangelium: Mt 13, 24-30
Schwestern und Brüder!
Würden Sie nicht auch manchmal jemanden, über den Sie sich gerade maßlos ärgern, am liebsten auf den Mond schießen? Ich weiß, das ist jetzt heute Morgen hier kein allzu christlicher Gedanke, den ich da hege; aber ich glaube doch, dass wir uns alle schon mal bei solchen Überlegungen ertappt haben. Stimmt‘s? Nur, fragen wir uns doch auch ein Mal: Was wäre denn, wenn das tatsächlich möglich wäre? Wenn es in meiner Macht stünde, mir unliebsame Menschen in Nichts zu verwandeln? Konsequent weitergedacht würde das mit Sicherheit nicht funktionieren. Denn wenn ich diese Möglichkeit hätte, hätten andere sie ja auch. Und was würde dann passieren? Eben. Keiner bliebe wohl übrig – Sie nicht und ich nicht! Vielleicht sogar nicht mal der liebe Gott!
Aber jetzt mal im Ernst: Dieses Gedankenspiel ist ja gar keine soweit hergeholte Phantasie, sondern häufig genug schon Wirklichkeit geworden. Denken wir nur an Jesus selbst: Auch er wurde ein Opfer dieses „Spiels“ und die Geschichte der Menschheit zeigt doch bis auf den heutigen Tag, dass es schon immer üblich war, missliebige und unbequeme Menschen zu „eliminieren“, sie „auszuschalten“ wann immer man dazu nur die Macht und Möglichkeit hatte. Wobei das oft gar nicht aus Bösartigkeit geschehen ist: Nein, oft – sehr oft sogar – glaubte man damit Gott oder zumindest der Menschheit einen Gefallen zu erweisen. Ich frage mich nur: Wie ist das möglich? Was muss in der Psyche von uns Menschen vorgehen, dass man – wie wir es seit Jahren ja auch bei radikal muslimischen Terroristen sehen – solche Vernichtungswerke rechtfertigen kann?
Ein Grund ist sicherlich der, dass wir immer auf der Suche nach dem Vollkommenen sind oder dem, was wir dafür halten. Wer aber alles Unreine und Unvollkommene in der Welt ausrotten will, der wird radikal. Der urteilt dann pauschal über andere, verteufelt Andersdenkende und stellt in den Mittelpunkt all seines Denkens und Redens nur noch die eigene Heilslehre, die ihn dann aber auch zum Richter über das Leben macht; er entscheidet dann, was lebenswert und was eben lebensunwert ist.
Gerade bei religiösen Gruppen, denen man ja häufig genug ideologische Scheuklappen nachsagt – und sage jetzt ja niemand, dass es diese nicht auch in unseren eigenen christlichen Reihen gäbe – ist eine solche Denkweise häufig zu beobachten. Sicherlich jetzt nicht unbedingt gleich mit dem „auslöschen“ oder „vernichten“ Andersdenkender, aber doch so, dass Feindbilder aufgebaut werden. Die Mitglieder solcher Gruppen messen ihre Mitmenschen an den eigenen, engen, oft wirklichkeits- und lebensfremden Gedankenbildern und lehnen dann eben alle ab, die genau diese Vorstellungen und Wirklichkeiten nicht übernehmen können und auch nicht übernehmen wollen. Um nur zwei kleine Beispiele zu nennen: Die einen lehnen die Handkommunion ab, weil nur die Mundkommunion einzig und allein selig machend ist und beim Thema der wiederverheirateten Geschiedenen, da wird natürlich von der Amtskirche erwartet, dass sie die Moral, die sie jahrhundertelang rigoros vertreten hat, ja nie aufgibt. Alle, die hier gescheitert sind oder nicht mehr der kirchlichen Norm entsprechen, müssen eben die Konsequenzen tragen. Von wegen Güte und Milde, Barmherzigkeit und Neuanfang… In diesem Bereich zählt das nicht. Als katholisch gilt solchen Menschen nur, wer sich ihre Tugendvorstellungen zu eigen macht. Jene aber, die das nicht machen können oder wollen, die werden als „Sünder und Unreine“ verurteilt, abgestempelt, ausgeschlossen und bisweilen sogar im wahrsten Sinne des Wortes „bekämpft“.
Von all dem bislang Gesagten finden wir nun aber im heutigen Evangelium überhaupt nichts. Im Gegenteil: Jesus legt hier die Gründe dar, warum der Gutsherr – in seinen Augen Gott selbst – eben den Kreis nicht abgrenzt, sondern betont offen hält – und zwar für alle. Und wie so oft illustriert er die Botschaft mit einer bildhaften Geschichte – hier dem Unkraut im Getreidefeld – damit seine Hörerinnen und Hörer seine Gedanken leichter nachvollziehen können.
Der Gutsherr ist in diesem Gleichnis anderer Meinung als seine Knechte. Während diese für klare Verhältnisse plädieren und das Unkraut sofort ausreißen wollen, sagt er: „Lasst beides wachsen bis zur Ernte!“Er ist ein Mann der Besonnenheit, der Toleranz und Geduld. Wahrscheinlich hat er sich auch über das Unkraut im Weizen geärgert, aber seine Besonnenheit ist nun mal größer als sein Ärger.
Das Unkraut, von dem Jesus hier spricht, ist aller Wahrscheinlichkeit nach der Taumel-Lolch, eine giftige Pflanze, die im Mittleren Osten wächst und eine ziemliche Plage ist. Wenn nun aber beide – die Getreidesaat und der Taumel-Lolch – miteinander aufgewachsen sind, ist es sinnlos, das Unkraut auszureißen zu wollen. Der Bauer weiß aus Erfahrung, dass die Wurzeln des Lolchs bereits so mit denen des Weizens verflochten sind, dass er ihn nicht entfernen kann, ohne den Weizen selbst zu beschädigen. Klar, irgendwann muss man das Unkraut aussortieren, weil es ja für Mensch und Tier schädlich ist. Aber dafür gibt es eine weit bewährtere Methode: man lässt bei der Ernte, also beim Schneiden mit der Sichel, beides zu Boden fallen, den Weizen und das Unkraut. Dann sammelt man den Lolch, bindet ihn in Büschel und verwendet ihn als Brennmaterial. Den Weizen aber bringt man in Scheunen.
Wenn nun Jesus dieses Gleichnis erzählt, dann will er damit seinem Hörerkreis damals und uns heute deutlich machen, dass Gott dieser große und liebevolle Gutsherr ist. Dem ist aber daran gelegen, dass jede und jeder von uns zur Blüte und zur Reife kommt. Allerdings wissen wir auch: Leben wächst nun mal in Vielfalt; oder sagen wir ruhig: in Kraut und Unkraut. Wenn es nun aber schon bei Pflanzen oft so extrem schwierig ist beides voneinander zu unterscheiden, um wie viel komplexer und komplizierter ist es dann wohl bei Menschen? Wer von uns kann denn einem anderen wirklich ins Herz schauen? „Die Welt“, so höre ich Jesus sagen, „soll meine Jüngerinnen und Jünger daran erkennen, dass sie nicht fanatisch für „absolute Reinheit“ in ihren eigenen Reihen sorgen, sondern dass liebevoll miteinander umgehen.“ Und – wer von uns könnte denn letztlich behaupten,
dass in seinem eigenen Herzen überhaupt kein Unkraut wuchert?
Erinnern Sie sich noch an die Worte aus der Lesung? Da wurde uns aus dem Buch der Weisheit erzählt, dass Gott einer ist, der Sorge trägt. Seine Herrschaft über alles, das lässt ihn Nachsicht üben gegen alles. Er richtet in Milde, menschenfreundlich, weil er jedem Menschen immer auch den Weg der Umkehr und des Neuanfangs ermöglicht. Überlassen wir also ihm die Scheidung in Kraut und Unkraut. Nur er hat nämlich wirklich den Überblick darüber, was wirklich böse und wirklich gut ist. Sein Maßstab darüber, was gut und was böse ist, der ist mit Sicherheit in vielen Bereichen völlig anders als der unsrige. Für ihn, soviel meine ich von seiner Botschaft verstanden zu haben, ist immer gut, was in der Kraft der Liebe geschieht und was Menschen in der Kraft der Liebe eint; denn Liebe kennt keine Gewalt oder Ausgrenzung und sie sieht auch nicht nur die Fehler und Mängel bei den anderen oder sich selbst. Damit wären wir dann aber auch schon bei dem, was Gott als übel ansieht – nämlich sich egoistisch von seiner Liebe abspalten, nur noch sich und sein eigenes Denken wahrnehmen und so einem zerstörerischen Egoismus frönen, der nicht nur blind ist für das Gute im anderen, sondern auch seine eigenen Vorzüge und Talente aus den Augen verliert.
Das Befreiende und Erlösende am Evangelium ist für mich also nicht, dass Gott durch Jesus alles Unkraut in dieser Welt beseitigt und ausgerottet hätte. Das Befreiende ist vielmehr, dass ich weder vor dem Unkraut anderer noch vor meinem eigenen Angst haben muss. Beides darf wachsen, denn Gott denkt anders als wir und in seiner Liebe kann er aus vielem, was wir als Unkraut bezeichnen, noch allerhand Frucht gewinnen. Das gilt auch und im Besonderen für uns und unsere Kirche. Im Blick auf sie würde das Gleichnis Jesu heute vielleicht so lauten:
„Mit dem Himmelreich ist es wie mit dem Nachfolger des Petrus, der mit Weite und Offenheit die Kirche Jesu führte. Er ermunterte seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum Suchen nach der christlichen Wahrheit und hatte großes Vertrauen in sie. Einige missbrauchten aber dieses Vertrauen, wurden zu Querulanten und verrannten sich in destruktiver Kritik. Da sagten ein paar Berater zu ihm: Sollten wir diesen Leuten nicht die Lehrbefugnis entziehen und andere anhalten, uns mitzuteilen, was von ihnen so gesprochen und gelehrt wird? Doch der Papst entgegnete: Nein, denn sonst bestraft ihr auch die, die aus Liebe zur Kirche kritische Worte sagen. Sonst verbreitet ihr ein Klima der Angst und zerstört Vertrauen. Rede-, Lehr- und Denkverbote sind Unkrautbekämpfungsmittel die oft die Falschen treffen und viele gute Gedanken im Keim ersticken. Lasst deshalb manchen neuen Ideen und Denkmodellen einfach Zeit zum Wachsen und Reifen. Bleibt gelassen und macht euch bewusst: Allzu oft zerstört nicht das Unkraut die Saat, sondern der Übereifer der Knechte, die in ihren Säuberungsaktionen alles niedertrampeln. Sucht vielmehr das Gespräch; sucht gemeinsam nach Antworten auf die Frage, wie die Kirche von heute sein soll, damit der Glaube nicht verdunstet und verkümmert. Sagt nicht zu schnell: Das ist häretisch und das nicht mehr katholisch! Nein, überlasst Gott das letzte Urteil.
Im Jüngerkreis war es still geworden. Alle schauten auf Jesus. Doch der endete sein Gleichnis mit den Worten: „Wer Ohren hat zu hören, der höre“ und dann ging er an einen einsamen Ort um zu beten…

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Erstellt am: 22.07.2014 19:03 Uhr