Zündfunke, 17.09.14

Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer!
Bei meinem Deutschlandaufenthalt in diesem Sommer fiel mir wieder auf, wie interessant Verkehrsnachrichten sein können. In meiner Erinnerung von früher waren Verkehrsmeldungen eher nüchtern, es wurde nur mitgeteilt, auf welcher Autobahn im Moment mit Staus zu rechnen ist, und ob das Stauende sich in einer Kurve oder hinter einer Kuppe befindet. Ab und zu gab es da dann auch schon mal einen Geisterfahrer. „Fahren sie äußerst rechts, überholen sie nicht! Wir melden es, wenn die Gefahr vorüber ist!“
Heute erfahren wir mehr, wir erfahren auch alles, was sich da auf einer Straße befindet und nicht hingehört: Reifenteile, Schubkarren, Eisenstangen, usw., oder wer da steht und geht, obwohl er oder sie da ebenfalls nicht hingehören: Kühe, Pferde, Schafe; Kinder, Fahrradfahrer und Fußgänger.
Verkehrsnachrichten werden also immer genauer! Es scheint so, als ob kein Wassertropfen mehr fallen könnte, ohne dass er zuvor gemeldet worden wäre.
„Kommen sie gut an!“ „Allen eine gute Fahrt!“ Es hat den Anschein, dass für uns gesorgt wird, dass jemand da ist, der uns begleitet und uns vor unliebsamen Überraschungen bewahren will, und dennoch ist es weiterhin gefährlich unterwegs, nicht nur auf den Autostraßen, sondern auch auf unserem privaten Lebensweg. Das Verkehrsaufkommen auf unseren Lebenswegen hat genauso zugenommen wie auf den Autobahnen und die Verletzungsgefahr ist enorm hoch.
Jesus sagt von sich selbst: „ Ich bin der Weg, wer mir nachfolgt, geht nicht verloren“! Er will also mit uns mitreisen, er will bei uns sein an den Kreuzungen unseres Lebens, er möchte gerne bei uns zusteigen und als guter Beifahrer bei uns sein. Als Beifahrer, der die Straßenkarte auf dem Schoß hat, auch im Zeitalter der Navigationssysteme, als Beifahrer, der uns den rechten Weg zeigt, der uns hilft auf der Suche nach Aus- und Umwegen, und der uns Zufahrten ermöglicht.
Die Verkehrsnachrichten haben sich verändert, sie haben sich dem neuen, schnelleren Leben angepasst; vielleicht muss auch ich mich verändern und lernen, diese Hinweise die Jesus mir geben will, ernst- und wahrnehmen und mich darauf einlassen.
Die Verkehrsnachrichten werden immer besser. Genau – deshalb – weiterhin „Eine gute Fahrt auf ihrem Lebensweg!“ und „Kommen sie heil an“!

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Erstellt am: 17.09.2014 13:32 Uhr

Zündfunke, 16.09.14

Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer!
Die meisten hat der Arbeitsalltag nun wieder eingeholt. Das Schuljahr hat begonnen, und so kommt wieder Ordnung in den Familienalltag. Morgens herrscht auf den Straßen der Insel wie immer um diese Zeit, das von uns allen so gefürchtete Chaos und wir stehen mal wieder endlos im Stau, wenn wir denn zu denen zählen, die am frühen Morgen die Autobahn benutzen müssen. Die Urlaubszeit, in der wir ja Kraft und Energie für unseren Arbeitsalltag tanken wollten, scheint schon lange her. Seltsamerweise geht das immer sehr schnell, dass man erneut mitten drin steckt im Arbeitsbetrieb mit all seinen schönen, manchmal aber auch aufregenden und unangenehmen Seiten.
Nach dem Urlaub scheint bei mir manches Mal die „Maschine“ noch zu stottern. Es hat den Anschein, dass mir doch noch nicht alles so schnell von der Hand geht, wie ich es gerne haben möchte. Und ich muss mich wieder an meinen veränderten Tagesablauf gewöhnen.
Auch manch tolles Urlaubserlebnis geistert noch in meinem Kopf herum und braucht wohl etwas „Nachbereitung“. Und so mache ich die Erfahrung, dass eine Erholung nicht nur im Urlaub stattfinden kann, sondern ich immer mehr auch während der normalen Arbeitszeit Zeiten der Erholung brauche und sie mir nehmen muss. Solche kleine Auszeiten können sehr unterschiedlich sein, je nach Mensch und seinen Wünschen und Ansprüchen. Das kann ein Strandspaziergang oder eine Tasse Kaffee sein, das Lesen eines Buches oder ein schöner Film, den ich mir gönne. Ein Konzertbesuch oder, dass ich mir die Zeit nehme, mich mit mir selbst zu beschäftigen.
Eine solche Auszeit kann aber auch der Besuch einer Kirche in aller Stille und Ruhe während des Tages oder ein Gottesdienstbesuch sein, bei dem ich meinen Körper und meine Seele baumeln lassen kann, bei dem ich mich auf mich besinne und etwas für mich tun will. Die christliche Tradition kennt tägliche Gebete und Meditationen, die die Arbeit immer wieder unterbrechen sollen, um genau diese täglichen Auszeiten besser wahrnehmen zu können. Dass dies im täglichen Leben nicht ganz einfach durchzuhalten ist, weiß ich allemal. Aber auch die paar Minuten des Zündfunkens jeden Tag können eine solche Auszeit sein, eine Auszeit – die Anstoß geben will, mit positiven Gedanken durch den Tag zu gehen. Für heute möchte ich Ihnen folgendes Gebet mitgeben:
„Ich schenke dir Herr, diesen Tag, an dem ich helfen möchte, so gut ich es eben kann. Das, was kommt, will ich versuchen anzunehmen, liebevoll und offen.
Lachend möchte ich im Leben stehen, vertrauensvoll in den Tag blicken. Ablegen und in deine Hände möchte ich all jenes geben, was sich mir in den Weg stellt,
dass mir das alles so gelingen möge, darum möchte ich dich bitten, Herr. Amen.

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Erstellt am: 17.09.2014 13:30 Uhr

Predigt am Fest Kreuzerhöhung 2014 (14.09.)

Schwestern und Brüder!
In aller Regel verläuft unser aller Alltag – wenn wir nicht gerade im Urlaub sind – doch recht normal, ohne großes Auf und Ab: Wir Schlafen und Wachen, Arbeiten und haben Freizeit, wir Essen und Trinken, Telefonieren und Kaufen ein, besuchen Leute und werden von Leuten besucht. Alles also ohne großes Tohuwabohu, eine Art täglicher Routine; nichts Besonderes. Und doch wissen wir alle: dieses ach so einlullende Alltagsgebaren unseres Lebens schützt uns nicht vor den vielfältigen Bedrohungen, die es eben auch für jede und jeden von uns bereithalten kann. Ganz unvermutet können diese auftauchen und in die alltägliche Routine platzen: Da eröffnet der Arzt uns zum Beispiel, dass unsere Beschwerden nicht nur eine harmlose Ursache haben. Oder eine Liebesbeziehung, auf die man sich so verlassen und auf die man alles gebaut hatte, zerbricht. Oder ein Unfall mit gesundheitlichen Langzeitfolgen beeinträchtigt das Leben. Oder eines der Kinder oder Enkel kommt mit dem Leben nicht mehr klar und man weiß nicht wie helfen oder wie es weitergehen soll…oder…oder….oder…
Wie aber gehen wir jetzt damit um, dass uns eine solche Bedrohung Tag für Tag aus dem normalen Alltag und dem seelischen Gleichgewicht katapultieren kann? Man kann einerseits alles überspielen, das Bedrohliche und Negative im Leben einfach unterdrücken und verdrängen. Man lebt in den Tag hinein – frei nach dem Motto: Schön cool bleiben und ja nicht groß darüber nachdenken. Man kann aber auch gleichgültig, resignativ oder gar zynisch werden. Wenn nichts bleibt, wenn alles in Frage steht, wenn alles zerbrechen kann oder vielleicht sogar bereits zerbrochen ist; wenn man eh nichts machen kann, ja dann, dann ist doch schlussendlich auch alles egal. Das Schicksal anderer Menschen, Werte wie Wahrheit, Liebe und Freiheit – was soll‘s? Hauptsache, man kommt selber durchs Leben und es geht einem halbwegs gut dabei.
Beide dieser Möglichkeiten sind in unserer Zeit weit verbreitet. Im Main-stream unserer Tage, also im Hauptstrom oder auch im Massengeschmack der Medien, wird vor allem das erste Muster vorgelebt: das Muster des immer gut drauf sein. Viele Radio- und Fernsehprogramme laufen doch genau nach dieser Masche ab. Ja nicht alles bierernst nehmen, alles ist irgendwie witzig – selbst ein Promi-Big-Brother-Container. Auf alles und jedes gibt es einen passenden lockeren Spruch und dann geht es schon irgendwie fröhlich-munter weiter; egal, was sonst so auf dem Erdball passiert.
Die modernen Wissenschaften dagegen verführen uns eher zum zweiten Muster, dem sogenannten Zynismus. Kräftig arbeitet man an der Entmythologisierung des Menschen. Gefühle, Gewissen, Verhalten, Kultur und Religion – all das scheint demnach nur noch eine Funktion biochemischer Prozesse zu sein. Der Mensch ist in den Augen der Wissenschaft nichts anderes als ein natürliches Zufallsprodukt und ein Irrläufer der Evolution. Wenn es aber so sein sollte und ich ganz persönlich nicht mehr als ein solcher Irrläufer bin, auf den die Menschheit auch ganz gut verzichten kann – ja dann ist der Weg zum Zynismus wirklich nicht mehr weit.
Wenn ich diese beiden Sichtweisen so betrachte, dann spüre ich aber ganz deutlich: einer wirklichen Bedrohung, einer echten Lebenskrise halten diese beiden Weltanschauungsprogramme nicht wirklich stand. Irgendwann kommt der Punkt, wo mein Leben einen letzten Ernst bekommt, wo eben alles plötzlich gar nicht mehr so witzig und lustig ist. Und wenn jemand mit einer Krise konfrontiert wird, dann bleibt ihm der Zynismus oft im Halse stecken. Selbst eine bitterböse Satire-Sendung wie die „heute-show“ findet etwa am rätselhaften Verschwinden des Fluges MH-370 oder an der Situation in Syrien und der Ukraine ihre Grenzen. Da fehlen auch einem begnadeten Kabarettisten
wie Oliver Welke einfach Worte und Bilder.
Das Evangelium möchte uns deswegen einen anderen Weg anbieten. Nicht den Weg der Verdrängung, nicht den Weg des Zynismus – sondern den Weg der Liebe. Der zentrale Satz des Evangeliums lautet doch: „Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der
an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat.“
Das aber ist alles andere als ein gerader und schon gar kein einfacher und bequemer Weg. Gott bestimmt ja die Liebe nicht bloß als oberstes Gebot für uns Menschen und diese Welt; quasi als Verordnung von oben her. Nein, dieser Gott, der die Liebe selbst nicht nur verkörpert sondern ist, er schenkt sich dieser Welt und uns Menschen. Er bleibt nicht außerhalb, irgendwo außen vor, sondern er „inkardiniert“, er gliedert sich in der Person Jesu in diese Welt ein. Und warum? Weil er sie fundamental liebt – ohne Wenn und Aber. Diese Liebe Gottes findet dann aber ihren höchsten Ausdruck darin, dass sie das Schicksal von uns Menschen teilt, unseren Weg mitgeht bis zum bitteren Ende, bis zum Tod – auch bis zum Tod am Kreuz.
Spüren wir, dass das alles andere als eine billige Gnade oder Verströstung ist, sondern ein wirkliches Mitleiden? Genau das aber ist der Weg Gottes, der Weg des Evangeliums. Und wir sind eingeladen, diesen Weg mitzugehen, dieser, seiner Liebe, zu trauen. Als Christen leben wir ja nicht in einer anderen Welt als andere Menschen. Wir erleben das Gleiche wie sie auch; wir bleiben vor den Klippen und Untiefen des Lebens nicht verschont. Aber wir können die Welt mit anderen Augen sehen. Wir sind gewiss: die Welt ist in ihrer ganzen Zweideutigkeit und Zwiespältigkeit schon hineingenommen in das Geheimnis der Liebe Gottes. Und diese Liebe ist stärker als alle Mächte dieser Welt. Oder anders gesagt: Die Liebe muss das allerletzte Wort haben; auch wenn sie den Verlust eines Menschen durch den Tod oder das Erleben von Leid nicht ausschließt.
Was bedeutet das nun aber konkret? Ich für meinen Teil darf sagen: Jede gute Erfahrung in meinem Leben, darf ich als Gabe Gottes annehmen, als einen Ausfluss seiner Liebe. In jeder dieser guten Erfahrungen darf ich mich von ihm beschenkt wissen. Friede, Gemeinschaft, Freude, Schönheit, Sexualität, Erfolg – all das lässt mich spüren: Mein Leben hat einen Sinn. Ich spüre etwas von der Kraft Gottes, von seiner Liebe.
Gleichzeitig weiß ich aber auch: Es wird in meinem Leben, in dieser Welt
immer auch das Negative geben. Krankheit, Trauer, Ungerechtigkeit, Tod. Doch auch in diesen Erfahrungen darf ich mir sicher sein: Die Liebe Gottes umgreift auch dieses Negative, auch die Kreuze meines Lebens. Ich weiß, wir tun uns mitunter schwer mit genau diesem Glauben des Kreuzes und des Leids, und es fällt mir der Spruch eines gläubigen Schriftstellers und Polemikers ein, der das ganz konkret auf den Punkt gebracht hat: „Herr, du betest für die, die dich kreuzigen, aber du kreuzigst die, die dich lieben.“ Genau das ist doch das Empfinden vieler, die nicht damit zurechtkommen, dass sie Gott lieben und trotzdem in ihrem Leben Leid erfahren. Aber diesen Menschen und uns – Ihnen und mir – gilt die Sicherheit: wir können nie aus der Liebe Gottes, aus seiner Gemeinschaft herausfallen. Wenn wir aber so Gott und seiner Liebe trauen, dann brauchen wir a) die Welt nicht zu vergöttern, und müssen wir b) nicht an ihr verzweifeln. Im Gegenteil: Ich kann mich an allem Guten in der Welt freuen, ohne mich um jeden Preis daran zu klammern. Und umgekehrt gilt: Ich kann auch im Leid standhalten, ohne mutlos zu werden.
Der Liebe trauen bedeutet also: in allen Situationen des Lebens darauf zu bauen, dass in ihnen letztlich ein Sinn verborgen ist. Der Liebe trauen bedeutet: mir ist eben nicht alles egal, sondern ich übernehme Verantwortung für diese Welt und für die Menschen – und: Der Liebe trauen heißt: die Welt weder verachten noch vergöttern, sondern sie als Geschenk im Wissen da
rum annehmen, dass Gott uns einmal eine ewige Heimat schenken wird.
Allerdings bedeutet dieser Liebe zu trauen nicht: die Wirklichkeit umfassend erklären zu können. Auch der Liebende steht weiter vor Rätseln, Fragen und Brüchen in seinem Leben. Die Liebe kann oft nur gegen den Schein und gegen die Oberflächlichkeit dieser Welt gelebt werden. Vergessen wir nicht: Das Kreuz ist der Ort, wo die Liebe Gottes in ihrer ganzen Tiefe und Dramatik erscheint. Und das Kreuz wird immer Unverständnis, Anfeindungen und Spott ausgesetzt sein. Aber es bleibt uns die Gewissheit: Wer liebt, der kann nicht zugrunde gehen. Darum dürfen wir den Tod Jesu am Kreuz als „Erhöhung“ verstehen und das heutige Fest feiern.
Eugen Drewermann sagt: „Die Sehnsucht der Seele und das Zeugnis der Liebe – all das im Menschen weiß und verheißt die Unsterblichkeit des Lebens; doch all diese Bilder und Symbole unserer menschlichen Psyche und Sprache können eben nicht beschreiben, was uns unbeschreibbar ist und bleibt: den Eintritt eines Menschen in den ‚Raum‘ der Unendlichkeit, in die unvergängliche ‚Welt‘ Gottes, in die Gegenwart seiner ewigen Liebe“.
In der Tat: Die Liebe geht nicht verloren, sie bleibt. Sie siegt über jede Oberflächlichkeit, jeden Zynismus, weil sie in Ewigkeit Bestand hat.

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Erstellt am: 17.09.2014 13:28 Uhr

Zündfunke, 15.09.14

Gemeindereferentin Andrea Bolz, Deutschsprachige Katholische Gemeinde Puerto de la Cruz
Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer!
Gibt es für Sie einen Ort, an dem sie sich dem Himmel näher fühlen als anderswo?
Das muss nicht unbedingt weit oben am Teide sein, nein, das kann auch am Strand sein oder einfach nur an einem Ort, der Menschen zum Staunen bringt.
Solche Orte scheinen eine magnetische Anziehungskraft zu haben. Es gibt Orte, die durch eine heilende Quelle oder ein Gnadenbild bekannt wurden, und die deshalb Menschen aus der ganzen Welt anziehen. Viele Menschen können an solchen Orten zu sich selbst oder auch zu Gott finden, es scheint so, als sei er gerade dort besser und leichter zu hören und zu fühlen. Vielleicht aber ist es auch „nur“ so, dass, wenn Menschen sich auf den Weg zu solchen Orten machen, sie sich aus ihrer Misere heraus trauen und nicht in Trübsal zu Hause versinken.
Viele der katholischen Wallfahrtsorte haben in ihrem Zentrum ein Bild oder eine Figur der Schmerzensmutter. Maria, die Mutter Jesu hat ihren toten Sohn auf dem Schoß. Fast jede Gegend hat ihre Kirche, in der Menschen zur schmerzhaften Gottesmutter pilgern können. Zu einer Frau, die um ihren toten Sohn weint, die selbst am Ende ist, und dadurch keine Wunder, keine plötzliche Gesundung oder eine neue Arbeitsstelle verspricht.
Wer sich ein klein wenig mit Maria beschäftigt hat, weiß, dass sie fürchterliche Qualen litt, dass ihr Leben alles andere als einfach war.
Als junge Frau hätte sie ihr Verlobter fast verlassen, weil sie ein uneheliches Kind erwartete. Als Obdachlose hat sie ihr Kind zur Welt gebracht und musste bald darauf mit dem Säugling in ein fremdes Land fliehen. Und nicht nur der pubertierende Jesus machte ihr Sorgen, als er einmal tagelang verschwunden war.
Auch als ihr Sohn erwachsen geworden ist, ist er ihr oft sehr fremd, er geht auf Distanz zu seiner Familie, und sein Leben und Wirken ist alles andere als ungefährlich. Alles Situationen, in denen jede Mutter Angst um ihr Kind hat. So sieht sie die Katastrophe herannahen und muss hautnah miterleben, wie ihr Sohn hingerichtet wird.
Wer sich auf den Weg zur schmerzhaften Muttergottes macht, erwartet Verständnis und Trost für die momentan oft aussichtslose Lage. Normalerweise bringt das keine schnelle Lösung der Probleme, aber vielleicht Erleichterung und Trost und neue Kraft, das Leben so zu bejahen, wie es nun eben ist. Ein solcher Weg ist jeden Tag möglich nicht nur heute am Gedenktag der sieben Schmerzen Mariens.

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Erstellt am: 17.09.2014 13:25 Uhr

Gastronomische Messe von Santa Cruz

Santa Cruz de Tenerife wird erneut der Sitz einer gastronomischen und populären Messe beherbergen, die bei dieser Gelegenheit von zwei bodenständigen Erzeugnissen angeführt wird: die Kartoffel und die Süßkartoffeln von Anaga. Die Wettbewerbs-Route der Tapas “Häppchen“, die mit diesen Knollenfrüchten zubereitet und mit Wein spanischer Herkunftszbezeichnung von Tacorente Acentejo kredenzt werden, vervollständigt man mit verschiedenen Aktivitäten.
Vom 25. September bis zum 10. Oktober 2014 in Santa Cruz.

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Erstellt am: 17.09.2014 13:23 Uhr

Der Humor von Tricicle

Beim Theater von Tricicle sind Gelächter und gute Laune garantiert. Nach 32 Jahren ihrer Laufbahn bilden die sichtlichen Gags sowie der absurde und universelle Humor von Tricicle bereits einen Bestandteil des spanischen Volksgemeingutes. Es wird gesagt, daß die Schau „Bits“, die sie nach Teneriffa mitbringen, die letzte sein könnte, sodaß eine Anwesenheit fast zwingend wird.
Vom 24. bis zum 27. September 2014 im Auditorio de Tenerife in Santa Cruz.

Infos unter: auditoriodetenerife.com/es/es-espectaculos/tricicle

Erstellt am: 17.09.2014 12:42 Uhr

Predigt zum 23. Sonntag im Jahreskreis 2014 (07.09.)

L I: Ez 33, 7-9 / Ev.: Mt 18, 15-20
Schwestern und Brüder!
Wer sich im Fußball ein klein wenig auskennt weiß, es gibt bestimmte Regeln, die einzuhalten sind, damit so ein Spiel fair über die Bühne geht. Unter anderem gibt es deshalb auch gelbe und rote Karten die dazu dienen, Spieler zu ermahnen oder sie ggf. vom weiteren Spielverlauf auszuschließen. Wer sich nun zum Beispiel nicht an die allgemein verbindlichen Regeln hält oder wer einen Mitspieler allzu grob und unsportlich attackiert, der wird vom Schiedsrichter mit einer sichtbaren gelben Karte ermahnt oder mit einer roten Karte sofort des Feldes verwiesen. Jeder Spieler aber, der im Spiel schon eine gelbe Karte gesehen hat, weiß was ihm blüht, wenn er sich noch einmal daneben benimmt. Dann zeigt ihm nämlich der Schiedsrichter die sogenannte Ampelkarte – gelb-rot – und der Spieler ist dann – gleichfalls wie bei einem schweren Foul – vom weiteren Spielverlauf ausgeschlossen. Für einen der „rot“ sieht, ist das Spiel eben vorzeitig beendet. Genau aus diesem Grund aber wechseln Trainer sogenannte „Gelbsünder“ lieber vorsichtshalber aus, damit diese nicht Gefahr laufen, das Feld evtl. mit einer roten Karte vorzeitig verlassen zu müssen und so die eigene Mannschaft um einen Mitspieler zu schwächen. Sie beugen also vor.
Bin ich jetzt bei einem Kurs über Fußball oder im Gottesdienst? Was – bitte schön – haben denn all diese gelb-roten Kartenüberlegungen mit dem heutigen Evangelium zu tun? Vielleicht geht Ihnen das ja gerade durch den Kopf. Aber ich meine: Könnte man denn nicht auf den Gedanken kommen, dass das, was Matthäus in diesem Abschnitt seines Evangeliums von sich gibt, einer Art Anleitung zum Verteilen von gelben bzw. roten Karten innerhalb der christlichen Gemeinde gleichkommt? Wie war das denn noch mal: „Wenn dein Bruder – und ich denke wir dürfen die Schwester hier ruhig ergänzen – sündigt, dann gehe hin und weise sie oder ihn unter vier Augen zurecht.“ Mit anderen Worten: Zeig ihm oder ihr die gelbe Karte. Mach diese Person darauf aufmerksam, dass sein bzw. ihr Verhalten so nicht in Ordnung ist. In der kirchlichen Tradition nannte man das auch die sogenannte correctio fraterna, also die brüderliche bzw. geschwisterliche Zurechtweisung. Und Matthäus schildert dann sehr genau, wie diese vor sich gehen sollte.
Zunächst einmal ist da das Gespräch unter vier Augen zu suchen. Ein Ratschlag, den wir in unserem Alltag durchaus beherzigen. Nur liegt der kleine aber feine Unterschied bei uns oft darin, dass keines der vier Augen der oder dem Betroffenen gehört. Wir reden – Hand aufs Herz – doch viel lieber über jemanden, anstatt mit ihm. Genau das aber kann nicht Sinn und Zweck der Sache sein. Genauso wenig ist mit diesem Hinweis gemeint, dass wir uns auf den Standpunkt stellen sollen: Der oder die andere ist doch alt oder auch erwachsen genug, die müssen selbst wissen was sie tun. Beide Verhaltensweisen führen letztlich nur dazu, eben nicht mit dem oder der Betreffenden ins Gespräch zu kommen. Ihm oder ihr gegenüber halten wir uns fein raus – schließlich leben wir ganz gern nach dem Motto: ich will mir doch nicht die Finger verbrennen.
Genau das aber ist mit der correctio fraterna, der geschwisterlichen Zurechtweisung nicht gemeint. Gott sagt, so haben wir es auch in der Lesung gehört: „Wenn du den Schuldigen nicht warnst, dann fordere ich von Dir Rechenschaft darüber.“ Wir sollten also einfach für uns erkennen: Jede und jeder von uns muss für sein Verhalten gerade stehen, da führt kein Weg dran vorbei und das ist uns allen auch durchaus plausibel. Was aber in unserem Glauben hinzu kommt, das ist die Aufgabe und Pflicht, eben auch der Schwester oder dem Bruder den rechten Weg zu weisen, sie im wahrsten Sinne des Wortes „zurecht-zu-weisen“ – und das meine ich, das ist uns so nicht immer bewusst.
Jesus sagt aber eindeutig: „Geh zu deinem Bruder hin!“ Und damit meint er:
Kanzel ihn nicht von oben herab ab, brich nicht den Stab über ihn oder ihr, sondern weise unter vier Augen zu recht! Mich erinnert dieser Ratschlag Jesu an das, was man heute in der Gesprächsführung unter einem „Feed-back“ versteht. Damit ist die kritische Rückmeldung gemeint, die man sich von anderen erbittet bzw. die man von anderen bekommt. Das eigene Handeln wird also von anderen kritisch beleuchtet und bewertet. Und ein solches, ehrlich gemeintes Feed-back kann durchaus Gold wert sein. Denn es gibt mir persönlich die Gelegenheit, mein Verhalten zu überdenken und es ggf. zu korrigieren.
Wenn wir mal darauf schauen, wie wir selbst oft kritisieren oder auch auf die Kritik anderer reagieren, wird uns das vielleicht ein klein wenig bewusster. Wenn mich z.B. jemand von oben herab anmacht und sagt: „Das müsstest du doch wissen…“ also belehrend, besserwisserisch oder gar moralisierend, dann bewirkt das bei mir überhaupt nichts; höchstens, dass ich auf den Kritiker stinksauer bin. Anders fühl ich mich aber, wenn mir jemand unter vier Augen sagt: „Du, horch mal, mir ist da aufgefallen…“ oder auch „Es fällt mir schwer, Dir das zu sagen…“. In solchen Worten spüre und erkenne ich eine liebevolle Sorge um meine Person und ich habe die Freiheit, mich zu ändern. Und genau darauf kommt es doch an: Auf die liebevolle Sorge gegenüber dem anderen und die Freiheit, die ich ihm dabei lasse.
Solch eine geschwisterliche Zurechtweisung ist für ein gutes Zusammenleben in Beruf und Familie, in Kirche und Gesellschaft eigentlich unverzichtbar. Offen und ehrlich miteinander zu reden, dazu lädt uns der erste Teil des Evangeliums ein. Aber was kommt dann? „Hört er auf dich“ so heißt es da weiter, „hast du den Bruder zurückgewonnen. Hört er aber nicht auf dich, dann nimm ein oder zwei Männer mit…Hört er auch auf sie nicht, dann sage es der Gemeinde. Hört er auch darauf nicht, dann sei er für dich wie ein Hei-de oder ein Zöllner.“ Also im ersten Moment könnte es einem darüber fast die Sprache verschlagen. Darf man so miteinander umgehen? Sind das die Spielregeln einer christlichen Gemeinschaft? Und wird da nicht all das vorher Gesagte ad absurdum geführt?
Matthäus hat hier Jesus Worte in den Mund gelegt, die auf den ersten Blick wirklich recht drastisch und wenig barmherzig oder gar versöhnlich klingen. Wer Jesus nur oberflächlich kennt, für den könnte es sich auch anhören wie: „Wenn alles nichts nutzt, dann schmeiß ihn halt aus dem Haus und brich alle Kontakte zu ihm ab.“ Im Laufe der Kirchengeschichte wurde deshalb genau dieser Satz auch zum Beleg dafür, dass man Menschen aus der Gemeinschaft der Kirche ganz bewusst ausgeschlossen hat. „Anathema sit“ – „der sei ausgeschlossen“ hieß es ab dem 4. Jahrhundert vor allem für diejenigen, die als Abweichler vom wahren Glauben angesehen wurden. Was so mitunter der unausweichliche Härtefall zur Wahrung der eigenen kirchlichen Identität war, wurde mit der Zeit mehr und mehr zur Kampfformel gegen alle Kritiker und Querdenker in der Kirche. Erst das II. Vatikanum und das neue Kirchenrecht aus dem Jahre 1983 haben mit dieser Praxis Schluss gemacht. Jetzt trat vielmehr der biblische Gedanke der Communio, der Gemeinschaft aller Glaubenden in den Vordergrund. Und das ist auch richtig so. Denn Communio – Gemeinschaft – setzt doch immer Kommunikation, Verständigung, Gespräch und Dialog voraus. Oder anders gesagt: Kommunion braucht Kommunikation und nicht Exkommunikation.
Mit diesem Communio-Gedanken im Kopf, der ja für Jesus ganz wesentlich und grundlegend war, lese ich aber dann seine Worte im heutigen Evangelium nichts als Dialogbruch und Ausschluss. Er selbst hat sich doch Zeit seines Lebens der Zöllner, Sünder und Heiden angenommen; ist ihnen nachgelaufen, um sie in die Gemeinschaft zurückzuholen oder sie neu in sie aufzunehmen. All diesen sogenannten „schwarzen Schafen“ in der Gesellschaft, galt seine ganz besondere Zuneigung und Liebe. Könnte es da aber nicht sein, dass wenn er sagt: „Der sei für dich wie ein Heide oder ein Zöllner“, er uns damit eben gerade keinen Ausschluss des oder der Betreffenden nahe legen will, sondern vielmehr eine noch intensivere, noch liebevollere Sorge und Annahme dieser Person?
Eines jedenfalls ist für mich ganz eindeutig: Jesus ermutigt uns zum offenen Dialog mit offenem Visier. Er hat sich ja selbst nicht gescheut, dem ein oder anderen Zeitgenossen mal die gelbe Karte zu zeigen – wie z.B. letzten Sonntag dem Petrus, als er ihm sagte: Weg von mir! Doch eines ist eben auch klar: Einen Platzverweis im Sinne des Dialogabbruchs oder des totalen Ausschlusses hat es bei Jesus nie gegeben. Und genau das müsste eigentlich auch für uns Grund genug sein, in unseren Familien, im Zusammensein mit anderen, im Beruf, in der kleinen wie in der großen Politik und vor allem auch in unserer Kirche, niemandem vorschnell die gelbe oder gar die rote Karte unter die Nase zu halten. Amen!

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Erstellt am: 08.09.2014 19:06 Uhr

Zündfunke, 07.09.14

Diakon Bertram Bolz, Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Es soll Schwäbische Dörfer gegeben haben, verehrte Schwestern und Brüder, in denen das Spazierengehen verpönt war, also das Herumgehen ohne ein festes Ziel, einfach nur so, um die Landschaft zu betrachten und zu genießen. Wer trotzdem spazieren gehen wollte, ohne kritische Blicke auf sich zu ziehen, der hätte sich einfach eine Hacke über die Schulter gelegt – um so den Anschein zu erwecken, er sei unterwegs zum Schaffen. So hat man mir erzählt, damals, als ich vor der Frage stand: Warum man uns Schwaben eigentlich nachsagt, dass wir nur eines wirklich können würden: nämlich schaffa – also arbeiten!! Nun habe ich solche Dörfer in meiner schwäbischen Heimat nie kennengelernt. Aber vor kurzem, bei einem Zeitungsbericht, da habe ich wieder daran gedacht und an das Kopfschütteln, das diese Meldung auslösen könnte.
Da wurde nämlich berichtet, dass es in Kassel einen Professor für Promenadologie gibt, also für die Wissenschaft vom Spazierengehen. „Unglaublich, womit mancher heutzutage sein Geld verdient!“ mag mancher denken. Wenn man aber genauer liest, merkt man: es geht natürlich nicht um lockeres Spazierengehen durch die Gegend, sondern um das bewusste, wache Wahrnehmen unserer Umwelt. Und das ist ja ganz unterschiedlich, je nachdem, ob wir mit dem Auto unterwegs sind oder mit dem Fahrrad oder zu Fuß – und vielleicht auch, ob man eine Hacke auf der Schulter trägt oder nicht.
Was könnte uns denn nun die Promenadologie lehren? Martin Schmitz, der diesen Lehrstuhl für Spaziergangswissenschaften innehat, sagt: Es geht darum, die Augen zu öffnen und die uns umgebende Welt wieder in die Köpfe zurückzuholen. Die Menschen müssen einfach dieses Naturkino, zum Beispiel das Ändern des Wetters, wieder wahrnehmen.
Die Dichter können uns natürlich auch diese Kunst lehren. Aus einem Gedicht von Mascha Kaleko stammen die Zeilen:
Ich freu mich, dass am Himmel Wolken ziehen
Und dass es regnet, hagelt, friert und schneit…
Dass Herbst dem Sommer folgt und Lenz dem Winter,
Gefällt mir wohl. Da steckt ein Sinn dahinter,
Wenn auch die Neunmalklugen ihn nicht sehn.
Man kann nicht alles mit dem Kopf verstehn!
Ich freue mich. Das ist des Lebens Sinn.
Ich freue mich vor allem, dass ich bin.
An solchem Tag erklettert man die Leiter,
die von der Erde in den Himmel führt.
Ich freue mich, dass ich mich an das Schöne
Und an das Wunder niemals ganz gewöhne.
Dass alles so erstaunlich bleibt, und neu!
Ich freu mich, dass ich… Dass ich mich freu.
Ihnen allen, einen schönen Sonntag!

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Erstellt am: 08.09.2014 19:03 Uhr

Zündfunke, 06.09.14

Diakon Bertram Bolz, Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
„Ich sehe die Menschen, als sähe ich Bäume umhergehen“ – das, verehrte Schwestern und Brüder, war die Antwort, die Jesus bekam, nachdem er einem Blinden Speichel auf die Augen tat, ihm die Hand auflegte und fragte: Siehst Du etwas? „Ich sehe die Menschen, als sähe ich Bäume umhergehen“. Die Heilung scheint noch nicht ganz gelungen. Der Blinde sieht noch nicht richtig, aber er sieht Richtiges. Er sieht noch nicht scharf, aber er sieht das Wesen des Menschen und unseren Zwiespalt zwischen Gehen und Bleiben.
Davon erzählt auch die folgende Geschichte: „Da stehst du nun“, sagte der Landstreicher zum Baum. „Bist zwar groß und kräftig, aber was hast du schon vom Leben? Immer an derselben Stelle! Du kannst einem leidtun! “Er packte sein Bündel und ging los. „Da gehst du nun“, sagte der Baum. „Immer bist du unterwegs, hast keinen Platz, an den du gehörst. Du kannst einem wirklich leidtun!“ Der Landstreicher blieb stehen. „Meinst du wirklich, was du sagst? Ich geh’ in die Welt, Tag für Tag, ich kenne die Menschen, den Fluss und die Dörfer…“
„Zu mir kommt die Welt“, sagte der Baum. „Der Wind und der Regen, die Eichhörnchen und die Vögel. Und in der Nacht setzt sich der Mond auf meine Zweige.“ „Ja, ja“, sagte der Landstreicher, „aber das Gefühl zu gehen – Schritt für Schritt.“ „Mag schon sein“, sagte der Baum, „aber das Gefühl zu bleiben – Tag und Nacht.“
„Bleiben“, sagte der Landstreicher nachdenklich. „Zu Hause sein. Ach, ja.“ Und der Baum seufzte: „Gehen, unterwegs sein können – ach, ja.“ „Wurzeln zu haben“, sagte der Landstreicher, „das muss ein tolles Gefühl sein!“ „Ja“, sagte der Baum, „ganz ruhig und fest ist es. Und wie lebt man mit den Füßen?“ „Leicht“, sagte der Landstreicher, „flüchtig und schnell.“
„Wenn wir tauschen könnten“, sagte der Baum, „für eine Weile.“ „Ja“, sagte der Landstreicher, „das wäre schön.“ „Lass uns Freunde sein“, sagte der Baum und der Landstreicher nickte. „Ich werde wiederkommen und ich werde dir vom Gehen erzählen.“ „Und ich“, sagte der Baum, „erzähle dir dann vom Bleiben.“
Ich sehe die Menschen, als sähe ich Bäume umhergehen. – auf dem Weg zur Heilung spürt der Blinde den tiefen Wunsch: man muss weggehen können und doch sein wie ein Baum, der verwurzelt ist, der seinen Platz hat, eine Heimat. Erstaunlicherweise schickt Jesus den Geheilten nicht zurück in sein Dorf. Ich verstehe das so, dass Jesus ihn ermutigt: Jetzt geh und finde deinen eigenen Weg.

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Erstellt am: 08.09.2014 18:51 Uhr

Zündfunke, 05.09.14

Diakon Bertram Bolz, Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Kennen Sie das, verehrte Schwestern und Brüder? „Gut gegangen! Keiner hat’s gesehn!“ Er war ausgerutscht und hingefallen, hatte sich aber schnell wieder aufgerappelt und umgeschaut. Weil er niemanden sah, der oder die Zeuge seines Missgeschicks geworden war, hatte er sich selber halblaut getröstet: Gut gegangen, keiner hat’s gesehn! Die Hautabschürfungen an den Händen waren nicht der Rede wert.
Aber einer hatte es doch gesehen und gehört. Und immer, wenn er es erzählte, lachten alle. Und in dem Lachen schwang das Eingeständnis mit: So hätte ich auch reagieren können.
Denn ich kenne die Peinlichkeit, wenn mir ein Missgeschick passiert, ein Fehler unterläuft, wenn eine meiner Unfähigkeiten offenkundig wird – und andere merke es. Und am peinlichsten, wenn der Versuch misslingt, mein Missgeschick zu verbergen.
Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich das Fahrradfahren lernte. Eigentlich erst sehr spät, mit acht oder neun, also nicht mit der Selbstverständlichkeit eines Fünfjährigen.
Es brachte ein paar schmerzliche Erfahrungen mit sich. Stürze sind ja mit doppelter Pein verbunden: körperlicher und seelischer. Denn oft wird man dabei beobachtet: von den Eltern, den Geschwistern, den Spielkameraden. Ich habe sehr genau wahrgenommen: wer lacht über mein Missgeschick, wer macht spöttische Bemerkungen und zusätzliche Vorwürfe: „Pass doch besser auf!“ Und ich habe erst recht sehr genau wahrgenommen, bei wem spüre ich Mitgefühl und Solidarität, wer ermutigt mich, weiterzumachen? Durch sie habe ich gelernt, die Peinlichkeit auszuhalten und die Scham über mein Missgeschick zu ertragen. Und ich habe gelernt: Hinfallen ist keine Schande. Das war eine gute Grundlage für mein Selbstvertrauen. Und meine Stürze wurden zu einem Erfahrungsschatz. Manchmal war ich sogar stolz auf die Beulen und Narben, die ich mir beim Kampf um Selbständigkeit geholt habe. Sie erzählen von meinen Grenzen, aber auch von meiner Fähigkeit zu lernen und von meiner inneren Stärke.
Als Jugendlicher habe ich dann sehr darauf geachtet, wie gehen die Erwachsenen mit ihren eigenen Fehlern und gelegentlichen Misserfolgen um? Ihnen gelingt ja auch nicht alles.
Stehen sie zu ihren Fehlern und Schwächen? Kann ich an ihnen lernen, dass man nicht alles können muss? Und wie man stolz sein kann auf das, was einem – manchmal mit Anstrengung und nach Rückschlägen und einigen Versuchen – dann doch gelingt. Und jetzt, mit zunehmendem Alter merke ich: mein Selbstvertrauen ist kein fester Zustand, kein Besitz, den ich mir durch meine Leistungen und Erfolge erworben habe. Die sind nicht unwichtig, aber wichtiger ist die Wertschätzung, die mir heute entgegen gebracht wird und die ich ablesen kann in den Augen der anderen. Und auf die ich hoffe für die Jahre, die noch kommen.

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Erstellt am: 08.09.2014 18:49 Uhr