Zündfunke, Sonntag 14.07.13.

Diakon Bertram Bolz
Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz

Einen wunderschönen Sonntagmorgen wünsch’ ich Ihnen, liebe Schwestern und Brüder!
Ich kenne ein Ehepaar, das geht einmal im Jahr für eine Woche miteinander in ein Schweigekloster. Eine Woche lang reden sie kein Wort miteinander. Morgens wachen sie nebeneinander auf, frühstücken, gehen spazieren, lesen, essen miteinander und legen sich am Abend wieder nebeneinander ins Bett.
Ohne Worte. Kein „Guten Morgen Schätzchen“, kein „Wie geht es dir?“ kein „Hör zu, das muss ich dir unbedingt mal erzählen!“ Nichts. Stille. Schweigen. Eine lange Woche lang.
Gar nicht so einfach. Vor allem, wenn man schon ein paar Ehejahre auf dem Buckel hat. Ja früher, als man noch bis über beide Ohren verliebt war, da hat jedes Wort nur gestört. Schweigen, das war wie ein feines Gewebe zwischen zwei zarten Seelen. Wenn aber eine Beziehung in die Jahre kommt, dann merkt man, dass man verschieden ist. Man möchte so gern verstanden werden und verstehen. Und fängt an, zu erklären, und zu reden und sich zu rechtfertigen.
In Israel gibt es eine Siedlung, in der Juden, Christen und Moslems miteinander leben, mit ihrer ganzen kulturellen Verschiedenheit. In dieser Siedlung gibt es eine Schule, einen Kindergarten und es gibt ein gemeinsames Gotteshaus für alle. „Doumia“ heißt es – zu deutsch „Ort des Schweigens“. Schweigen, sagen sie, ist die einzige Sprache, die jeder von uns spricht und versteht. Schweigen, das ist der einzige Raum, in dem Gott zu uns gemeinsam spricht, seien wir nun Moslems, Juden oder Christen. Wenn wir gemeinsam vor Gott schweigen, spricht er zu uns. Und wir können besser damit leben, dass wir so verschieden sind.“
„Wenn wir ein paar Tage miteinander schweigen“, sagt das Ehepaar, „merken wir erst einmal, was wir alles dem Anderen zuschieben. All die Vorstellungen übereinander, die nichts mit dem Anderen, wohl aber mit einem selbst zu tun haben. Im Schweigen lernen wir, richtig zu sortieren. Und werden wieder frei, einander wirklich wahrzunehmen. Vor allem das, was zwischen und hinter den Worten liegt. Oft ist das viel ehrlicher. Wir hören einander reden ohne Worte.“

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Erstellt am: 14.07.2013 18:12 Uhr

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