Zündfunke, Sonntag 12.08.12

Diakon Bertram Bolz
Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Einen wunderschönen Sonntagmorgen wünsch ich Ihnen, liebe Schwestern und Brüder!
Schmerzempfinden ist so etwas wie das Alarmsystem unseres Körpers. Schmerz empfinden wir dann, wenn etwas nicht so ist, wie es sein soll. Schmerzen fordern uns auf, etwas zu tun oder zu lassen.
Verschiedene Seiten möchten uns glauben machen, das wahre, wirkliche Leben sei schmerzfrei. Beim kleinsten Wehwehchen verlangen wir nach Linderung. Die findet dann meist in Form von Betäubung statt: Tabletten, Pillen, Spritzen. Schwieriger ist es, die Ursachen zu finden. Natürlich können körperliche Schmerzen so unerträglich sein, dass eine Schmerztherapie Vorrang hat.
Seelische Schmerzen sind nicht so eindeutig. Man kann nicht so einfach sagen, hier oder da tut es mir weh. Und die Therapien sind vielfältig. Manche betäuben ihren seelische Schmerz mit Alkohol.
Normalerweise beziehen wir „Wachstumsschmerzen“ auf die körperliche Ebene. Bei Kindern und Jugendlichen sind sie normal. Der Körper streckt sich. Es entstehen Spannungen.
Ich bin überzeugt, auch Geist und Seele haben manchmal „Wachstumsschmerzen“, und zwar nicht nur bei Kindern. Auch Erwachsene und ältere Menschen können solche Schmerzen empfinden. Die äußern sich zwar nicht in einem Ziehen in den Knochen und Gelenken sondern „im Bauch“, also im Bereich der Gefühle. Auch Gedanken können weh tun, wenn es um den eigenen Zustand geht. Für unsere Seele ist es schmerzlich, wenn Lebenschancen ungenutzt bleiben oder wir unseren eigenen Ansprüchen nicht genügen.
Die meisten Religionen kennen den Leidensweg. Ein Weg zur Heilung und Läuterung. Christen kennen die Passion Jesu. Seine Leidensstationen am Karfreitag sind bekannt. Vor Ostern steht der Kreuzweg: keine Freude ohne Schmerzen, keine Auferstehung ohne Leiden und Tod. „Durch das Leid hindurch, nicht am Leid vorbei, geht der Weg zur Freude.“ sagt der Schweizer Theologe Karl Barth.
Als Seelsorger habe ich gelernt, Menschen, auch auf ihre Unzulänglichkeiten, ihre „blinden Flecken“ anzusprechen. Oft sind es Verhaltensweisen oder Einstellungen, die jemand an sich selbst nicht wahrhaben will. Die Wahrheit kann weh tun. Allerdings geht das nur mit dem notwendigen Mitgefühl und Verständnis für mein Gegenüber. Aber manchmal reicht Verständnis nicht aus. Etwa bei Alkoholkranken, die hartnäckig ihre Sucht leugnen. Enttäuschungen können schmerzen. Die Wahrheit kann weh tun. Es könnten „Wachstumsschmerzen“ sein.

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Erstellt am: 12.08.2012 12:56 Uhr

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