Guten Morgen, liebe Schwestern und Brüder!
Inmitten von Reben steht sie in einer traumhaften Lage. Ich meine die Wallfahrtskirche Birnau oberhalb des Überlinger Sees, dem oberen Teil des schwäbischen Meeres, dem Bodensee. Viele nennen sie ein „Barockjuwel“, diese „Basilika zu unserer Lieben Frau“. 255 Jahre alt ist sie, ein vielbesuchter Wallfahrtsort und ein mehr als beliebtes Touristenziel im süddeutschen Raum. Von der großen Terrasse vor der Kirchenfassade hat der Besucher bei guter Sicht einen wunderschönen Blick auf die imposante Welt der Schweizer Alpen.
Betritt man dann das Innere der Kirche, empfängt den erstaunten Besucher ein überaus festliches Spiel von Formen, Farben und Licht; fast schon eine Sinfonie von Altären, Fresken und Statuen. „Die Birnau“ – wie sie im Volksmund auch genannt wird – wird von Zisterziensermönchen betreut; einem Orden, der vor über 900 Jahren in Frankreich gegründet wurde. Einer der bedeutenden geistlichen Gestalten dieses Ordens ist Bernhard von Clairvaux – der im 12. Jh. Lebte. Weil dieser Bernhard sehr gewandt sprechen und noch eindrucksvoller formulieren konnte, nannten ihn die Zeitgenossen den „doctor mellifluus“, den „honigfließenden Lehrer“. Und so hat er, Bernhard von Clairvaux, selbstverständlich seinen festen Platz auf einem der vielen Seitenaltäre.
Allerdings ist er aber nicht der Hauptanziehungspunkt. Das ist vielmehr ganz in der Nähe ein Engel mit spitzbübischem Gesicht und hochgestyltem Lockenkopf. Ein goldenes Tuch schwingt sich um seine Schulter und die Hüfte. Es ist der „Honigschlecker“, eine der bekanntesten Engeldarstellungen. Der verschmitzt dreinschauende Junge hat den Zeigefinger der linken Hand zum Mund geführt und schleckt genüsslich den Honig. Aus dem Bienenkorb in seiner Rechten schwärmen die empörten Honigsammler aus. Einfach schön, dieser „Honigschlecker“.
Auch wenn das Leben meistens kein Honigschlecken ist – so möchte ich doch gelegentlich so ein Honigschlecker sein; mich unbeschwert und fröhlich fühlen, etwas genießen, eben mit Honig ab und zu das Leben versüßen. Honig bedeutet aber noch mehr. In der Sprache der Bibel ist es ein anderes Wort für Leben. Honig öffnet die Sinne für Gott und sein Wort. Und dieses Wort ist süß, sprich: lebendig. Es schafft und erhält Leben. Wer Honig isst, der hat jetzt schon Anteil an der ewigen Seligkeit. Ist das nicht ein schönes Bild – vielleicht gerade jetzt beim Honigfrühstück?
Birnau am Bodensee ist immer eine Reise wert. Zusammen mit dem Honigschlecker ist sie fast schon wie ein Stück Himmelreich auf Erden.
Infos unter:
Erstellt am: 30.06.2012 06:38 Uhr
