Andrea Bolz
Deutschsprachige Katholische Gemeinde Puerto de la Cruz
Eigentlich wollte ich gestern Abend früh ins Bett gehen. Aber es war wieder schon viertel nach zwölf. Eigentlich finde ich es nicht richtig, für eine so kurze Strecke den Wagen zu nehmen. Doch meist fahre ich doch zum Bäcker und hole die Brötchen mit dem Auto. Eigentlich. So viele eigentlich – und bestimmt fallen Ihnen noch weitere ein. Eigentlich – wie oft verwenden wir dieses kleine Wort, obwohl es „eigentlich“ ja gar nicht gibt. Es gibt nur ein entweder – oder. Das kleine Wort aber zeigt uns einen tiefen Graben. Es deckt einen Unterschied auf zwischen dem, was wir richtig und wichtig finden und dem, was wir wirklich tun oder was wir tatsächlich erfahren.
Eigentlich. Ein Wort, das mir nicht selten über die Lippen kommt – als Trost, wie das Leben aussehen könnte, von dem ich träume, oder ich sage es als Entschuldigung oder gar als Ausrede.
Eine Geschichte in der Bibel, von Matthäus aufgeschrieben, lädt uns ein zu entdecken, was wir wirklich wollen, und sie macht uns Mut, dieses auch in die Tat umzusetzen.
Eine Frau, so lese ich da, mag Jesus sehr gerne. Nur zu verständlich, dass sie ihm das zeigen möchte, dass sie ausdrücken möchte, was sie für ihn empfindet. Ich vermute, es hat einiges gebraucht, bis sie sich durchgerungen hat, Jesus ihre Zuneigung zu zeigen. Zunächst wird sie gedacht haben: Eigentlich gehört sich das nicht. Was werden die Leute sagen… Doch eines Tages waren alle Bedenken verflogen. Die Mauer, gebaut aus so vielen ‚eigentlich‘, war eingestürzt.
Maria, so hieß die Frau, ging und tat, was ihr Herz ihr sagte. Sie hörte auf die innere Stimme. Sie nahm teures Öl, sündhaft teuer. Doch für ihn und für den Ausdruck ihrer Zuneigung war das genau recht. Sie schenkte ihm mit dieser Geste nicht nur das Öl, nicht nur die wohltuende Berührung, die Jesus übrigens gerne annahm, sondern sie schenkte sich selbst, ihr Herz.
Sie tat, was sie eigentlich tun wollte. Ganz da sein. Ganz sie selbst. Und Jesus nahm es an.
Was hindert mich, so überlege ich mir, der Stimme nachzugehen, die ich in mir höre? Was hält mich zurück, Menschen zu zeigen, was sie mir bedeuten?
Und was lässt mich zögern, die Aufgabe zu übernehmen, die auf mich wartet?
Nichts hindert mich zu sagen: Schluss mit eigentlich, oder wenigstens weniger eigentlich und mehr leben.
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Erstellt am: 04.05.2013 12:23 Uhr