Zündfunke, Samstag 29.12.12

Andrea Bolz, deutschsprachige katholische Gemeinde, Teneriffa
Einen wunderschönen guten Morgen, liebe Schwestern und Brüder!
„Zwischen den Jahren“ werden die Tage zwischen Weihnachten und Silvester genannt. Das alte Jahr ist im Grunde schon vorbei, seine Zeit abgelaufen; aber das neue Jahr hat noch nicht angefangen. Es ist, als bliebe die Zeit zwischen Weihnachten und Silvester stehen, zumindest, als würde sie ein wenig verschnaufen.
Solche Tage lassen sich gut zu einem Innehalten und Nachdenken darüber nutzen, was in den vergangenen 365 Tagen so alles passiert ist. Das Fernsehen bietet uns ja auch da jedes Jahr eine gewisse Abwechslung an, und schiebt die Zeit zwischen den Jahren immer weiter nach vorne. Wo aber bleiben Zeit und Raum für das ganz persönliche Inne – und Rückschauhalten? Ich selbst habe es mir zur Tradition gemacht, in diesen Tagen auf das vergangene Jahr zurückzuschauen. An vieles erinnere ich mich dankbar zurück. Zugleich staune ich, wie viel auch in diesem Jahr wieder geschehen ist, wie schnell dieses Jahr vorbeigerauscht ist! Etwas wehmütig wird mir, wenn ich daran denke, was ich mir alles vorgenommen hatte, aber mal wieder  keine Zeit dafür gefunden habe. Mehr als einmal hatte ich in diesem Jahr das Gefühl: Nicht ich habe die Zeit im Griff, sondern die Zeit hat mich im Griff! Von anderen Menschen weiß ich, dass es ihnen ähnlich erging. Die Zeit erscheint vielen von uns wie ein übermächtiger Gegner, wie eine unaufhörlich tickende Uhr, die nicht für uns, sondern gegen uns läuft. Offensichtlich scheint diese Erfahrung zu unserem modernen hektischen Leben dazu zu gehören .Und doch glaube ich, dass dies nur eine Form der Zeiterfahrung ist, dass es daneben in unserem Leben noch eine ganz andere Erfahrung der Zeit gibt. Ich denke an solche erfüllten Momente in unserem Leben, in denen wir von dieser erbarmungslos ablaufenden Uhr nichts verspüren, etwa bei intensiven Begegnungen mit lieben Menschen, beim Hören einer genialen Musik oder beim Erleben von Naturschauspielen. Da läuft keine Uhr, da werden keine Minuten gezählt, da gilt nur noch die Fülle des Erlebten, die Intensität des Augenblicks. Auch Jesus von Nazareth spricht von einer solchen Zeit, wenn er sagt: „Die Zeit ist erfüllt.“ Er meint mit erfüllter Zeit, dass jede Zeit, jeder Augenblick auf etwas Größeres hin transparent werden kann. Für ihn ist es das Geliebtsein und Getragensein durch Gott, seinen Vater. Deswegen war für ihn „Die Zeit erfüllt“. Wer aus einer so großen Liebe leben kann, für den gibt es nicht mehr gute oder schlechte Zeiten, für den werden auch die ganz banalen Tätigkeiten des Alltags erfüllte Zeit.

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Erstellt am: 29.12.2012 08:08 Uhr

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