Zündfunke, Samstag 13.07.13

Diakon Bertram Bolz
Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Guten Morgen, liebe Schwestern und Brüder!

Im sogenannten „Buch des Lebens“ – einem Werk, in welchem ganz normale Menschen davon erzählen, wie sie Gott erfahren haben, stehen wirklich überaus spannende und vor allem überzeugende Erfahrungen und Geschichten. Diese Erlebnisse der einzelnen Menschen sind für mich so beeindruckend, so lehrreich und so ehrlich, dass ich sie hier – im Rahmen unseres Zündfunkens dieser Woche – einfach weiter erzählen möchte. Zum Beispiel die Erfahrung eines 65jährigen Lehrers, der nach dem Tod seiner Frau und mit dem Beginn seiner Rente nach Afrika ging. «…An unserem einzigen freien Tag, dem Samstag,», schreibt er, «erteilten wir kostenlosen Unterricht für Straßenkinder und Aidswaisen. Nach dem Unterricht gab es für alle einen Teller voll Schima, ein warmer Maisbrei mit einer Fleisch- oder Gemüsesoße. Beim Austeilen der Speisen fiel mir das Gesicht eines etwa 10jährigen Mädchens auf. Sie war wie alle anderen auch nur noch Haut und Knochen, jedoch ihre großen dunklen Augen schienen mir direkt ins Herz zu schauen. Hier war ein Gesicht ohne Zweideutigkeiten. Ja diese Augen spiegelten für mich eine makellose Seele wider. Ich fragte sie nach ihrem Namen. Sie sprach nur ein wenig Englisch, aber sie verstand recht gut. Ich hatte spontan beschlossen mich um sie zu kümmern. Mein Angebot, ihr privat Unterricht zu geben nahm sie mit Freuden an. Sie lief dann an dem vereinbarten Termin rund 7 km barfuss und hungrig durch den Busch um bei mir Unterricht zu bekommen. Mit der Zeit wurde unser Verhältnis so vertraut, dass ich sie wie meine eigene Tochter annahm. Meine «Tochter» lehrte mich, dass all unser Wissen, unser Besitz und unsere Fähigkeiten letztlich nicht entscheidend sind. Wir sind alle nur äußerlich verschieden und das, was wir Kultur nennen, ist nicht einmal so tief wie unsere Haut. Ein 10jähriges, bettelarmes ungebildetes schwarzes Mädchen lehrte mich mehr als ich in all meinen vielen Büchern und in meinen 65 Lebensjahren gelernt hatte. Gott hätte nicht deutlicher zu mir sprechen können als durch ein Kind, auf das wir in unserer Überflussgesellschaft nur hinabschauen.

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Erstellt am: 13.07.2013 10:17 Uhr

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