Diakon Bertram Bolz
Deutsprachigprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Guten Morgen, verehrte Schwestern und Brüder!
Die sieben Gaben, die dem Heiligen Geist in der Tradition unseres Glaubens und unserer Kirche zugesprochen werden, beschäftigen mich diese Woche. Eine davon ist die Gabe der Frömmigkeit. Aber, was bitte schön, bedeutet „Frömmigkeit“?
Für mich hat Frömmigkeit nichts mit „frömmelnd“ oder „geistiger Abwesenheit“ zu tun, sondern für mich heißt das: Mich fest zu machen in Gott; mit Gott in Kontakt zu sein, mich von seinem Wort berühren und dadurch mein Tun aus diesem Wort inspirieren zu lassen. Dabei gibt es für mich Vorbilder, Menschen, die uns im Glauben vorausgegangen sind oder, die heute laut oder leise etwas von den Spuren Gottes in der Welt sichtbar machen. Frauen und Männer, die auf ihre Weise das, was sie von Jesus und von seinem Evangelium verstanden haben auch umsetzen und tatkräftig einbringen.
In der Bibel sind dies für mich besonders die Prophetinnen und Propheten, die mir aufzeigen, was Frömmigkeit bedeutet. Oftmals zunächst widerspenstig und dann doch treu, folgen sie der Weisung Gottes. In schwierigen Momenten ringen sie mit Gott und halten doch an ihm fest. Sie schwimmen gegen den Strom, wo sich die breite Masse von Gott abwendet und rufen wider den Wind, wo alles verloren scheint. So auch der Prophet Ezechiel. Er und sein Volk Israel leben in politisch schwierigen Zeiten. Zusammen mit der politischen und religiösen Oberschicht von Jerusalem wird er ins Exil nach Babylon deportiert. Zuhause hätte er die angesehene Position eines Priesters am Tempel einnehmen und dabei ein sicheres und privilegiertes Leben führen können. Doch Gott hat andere Pläne mit ihm. Er beruft ihn zum Propheten. Diese Begegnung mit Gott lässt Ezechiel ehrfürchtig niederfallen. Doch Gott ruft ihm entgegen: Stell dich auf deine Beine Menschensohn, ich will mit dir reden. Auf Augenhöhe will er ihm begegnen.
Diese Berufung wird ihm freilich bald zur Last. Denn das Volk stellt seine Ohren auf Durchzug und sein Ruf zur Umkehr findet keinerlei Gehör. Die Lage wird für ihn immer desolater bis schlussendlich alles verloren scheint: Jerusalem ist zerstört, die Hoffnung auf Heimkehr schrumpft gegen , das Volk ist am Boden zerstört.
Doch Ezechiel hält fest an seinem Gott und bleibt mit ihm im Gespräch. Von Gott gefragt, ob er denn glaube, dass diesem Volk noch zu helfen wäre antwortet er: „Herr und Gott, das weißt allein nur du“. Alle Achtung, denk‘ ich mir. Da weiß einer genau, wo seine Grenzen sind und was eben nicht mehr in seiner Hand liegt. Auch das gehört für mich zu einer tiefen Frömmigkeit. Und: dass ich Gott, Gott sein lassen kann…und mich Mensch. Und dass ich ihn nicht lasse, loslasse wenn es schwierig wird sondern mich in ihm festmache und verankere. Sei es klagend oder fragend, lobend oder zweifelnd.
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Erstellt am: 01.06.2013 08:49 Uhr