Gemeindereferentin Andrea Bolz
Deutschsprachige Katholische Gemeinde Puerto de la Cruz
Guten Morgen, liebe Schwestern und Brüder!
Wenn ich so manche Menschen über Gott reden höre, dann bin ich doch immer wieder erstaunt, wie genau manche meinen über ihn Bescheid zu wissen. Diese Menschen erwecken den Eindruck, als kämen sie gerade von einem persönlichen Treffen mit ihm zurück. Sie haben sich ihr Bild von ihm gemacht, und daran gibt es nichts zu rütteln. Das ist allerdings nichts Neues. Schon die Bibel weiß um die Gefahr, sich Bilder von Gott machen zu wollen. So lautet das zweite Gebot: „Du sollst dir kein Gottesbildnis machen, das irgend etwas darstellt am Himmel droben, auf der Erden unten oder im Wasser unter der Erde.“ Und widerspricht nicht auch die christliche Kunst immer wieder diesem Gebot: „Du sollst dir kein Gottesbild machen“?
Heute allerdings spielen andere Bilder eine ganz wichtige Rolle. Ich fühle mich fast erschlagen von der täglich auf mich hereinstürzenden Bilderflut. In Filmen und Werbespots kann ich die einzelnen Bilder oft nicht einmal mehr auseinanderhalten wegen der rasch aufeinander folgenden Schnitte und Bildsequenzen.
Das Problem ist nicht, dass ich irgendetwas abbilde, dass ich Ereignisse im Bild festhalte. Das Problem bei all dieser Vielfalt ist, dass ich Gefahr laufe, das Bild für das Original zu halten.
Die Menschen im alten Israel wussten, wie gefährlich es sein kann, sich von Gott ein Bild zu machen: Wenn ich mir ein Bild von Gott mache, dann lege ich ihn fest, schränke ihn ein, mache ihn verfügbar. Und damit lasse ich ihn nicht der sein, der er ist: der, der alle Vorstellungskraft übersteigt. Und doch bin ich als Mensch immer wieder auf Bilder angewiesen, wenn ich mir etwas vorstellen möchte. Das gilt auch in Bezug auf Gott. Mir hilft dabei das Bild einer Discokugel: Zusammengesetzt aus vielen kleinen verspiegelten Einzelteilchen dreht sie sich an der Decke und wird von Scheinwerfern angestrahlt. So wird das Licht immer wieder anders reflektiert. Nie kommt die Kugel als Ganzes zum Strahlen. Ein Bild für mich, wie ich mir Gott vorstellen kann: Ich kann Gott nicht tatsächlich erfassen. Immer wieder erhasche ich nur kleine Facetten seiner Wirklichkeit. Und so ist es zu verstehen, dass es im Laufe der Geschichte zu vielen – auch einander widersprechenden – Bildern von Gott kommen konnte, und das bis heute. Doch Bilder sind nur Momentaufnahmen, augenblickliche Teileindrücke. Sie erfassen nie die ganze Wirklichkeit. Und es bleibt immer eine unüberbrückbare Distanz zwischen dem Bild und dem Original. Aber genau diese Distanz gibt es bei Gott nicht.
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Erstellt am: 13.02.2012 18:53 Uhr