Zündfunke, Mittwoch 29.05.13

Diakon Bertram Bolz
Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz

Sieben Gaben, verehrte Schwestern und Brüder, werden dem Heiligen Geist in der Tradition unserer Kirche zugesprochen. Eine davon ist die Gabe der Weisheit. Dabei glaube ich, dass es bei der Weisheit nicht nur um Verstand und Intelligenz geht. Ich glaube, da ist weit mehr gemeint – eher so ein allumfassendes Wissen: etwas, das man vielleicht auch mit emotionaler Intelligenz beschreiben oder bezeichnen könnte.

Dabei geht es darum zu spüren, dass wir nicht nur mit unserem Gehirn denken, sondern dass auch unser Herz eine wichtige Rolle spielt, wenn es darum geht Entscheidungen zu treffen. Für den Orientalen gilt das Herz ja von jeher als Sitz der Vernunft. Man könnte das auch mit Herzensklugheit bezeichnen. Und diese wiederum, die hat etwas mit Weisheit zu tun.
Eine Geschichte der Bibel bestätigt mir das auf sehr anschauliche Weise. Es geht um den großen König Salomo. Er war nicht nur mächtig, sondern hatte auch den Ruf, besonders weise zu sein: Zu Beginn seiner Amtszeit als König erscheint ihm Gott im Traum und eröffnet ihm, dass er eine Bitte, einen Wunsch frei hätte. Was würde er wohl wählen? Den Ausbau seiner Machtfülle, unendlichen Reichtum, ein langes und gesundes Leben, den Sieg über seine Feinde? Nichts von alledem. Fast bescheiden äußert er seinen Herzenswunsch: „Ich bin noch sehr jung, Herr, und ich weiß nicht, wie ich mich als König verhalten soll. Verleih daher deinem Knecht ein hörendes Herz, damit er dein Volk zu regieren und das Gute vom Bösen zu unterscheiden vermag.“
Ein hörendes Herz wünscht er sich. Dieser Wunsch mag zunächst etwas seltsam anmuten. Mit dem Herzen kann man doch nicht hören. Oder doch? Wie gesagt für den Orientalen ist das Herz der Sitz der Vernunft. Dort entwickelt man ein Gespür dafür, was gut oder böse ist. Dort werden auch die wesentlichen Entscheidungen des Lebens und für das Leben getroffen.
Salomo bittet um ein solch waches Herz. Ein Herz, das die leisen Schwingungen und die Zwischentöne menschlicher Beziehungen wahrnimmt, ein Herz, das ihm sagt, worauf es ankommt. Er wünscht sich ein Herz, das hört, was für andere Not tut, was sein Volk zum
Leben braucht, auch seine Freunde und vielleicht er selbst.
Solch ein Herz ist dann wohl Ohr und Mund zugleich. Es flüstert ihm zu, was er tun soll, ist sein bester Ratgeber, wenn es ihm gelingt auf das Herz zu hören. Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr berührt mich dieser Wunsch Salomos. Und ich wünschte mir, dass auch ich weise genug wäre, mir aus der Fülle von Möglichkeiten genau das zu wählen: ein Herz, das hört.

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Erstellt am: 29.05.2013 08:40 Uhr

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