Andrea Bolz
Deutschsprachige Katholische Gemeinde
Puerto de la Cruz
Einen wunderschönen guten Morgen, liebe Schwestern und Brüder!
In dem französischen Wort Chance, steckt die Bedeutung „glücklicher Umstand, oder Glück gehabt.“ Oder man könnte es auch so formulieren: Möglicherweise gelingt mein Leben, und ich kann hoffentlich einmal feststellen: Ich habe Glück gehabt; das Leben war mir wohlgesonnen; ich fühlte mich von Gott geführt – je nachdem, wie ich eingestellt bin.
Aber wie viele können oder wollen das nicht sagen. Wie viele sehen ihr Leben als gescheitert an oder sind tatsächlich gescheitert. Allerdings ist dies wirklich realistisch schwer zu beurteilen. Gelingen und Scheitern, beides gehört in mein Leben. Wie Gewissheit und Zweifel, Angst und Hoffnung, Glanzzeiten und Abstürze, genutzte und vertane Chancen.
Chance beinhaltet auch das: Nichts ist endgültig – alles ist vorläufig, anfällig und begrenzt. Nichts ist eindeutig – alles hat seine zwei oder mehreren Seiten. Ich denke, jeder – welche Lebenseinstellung er auch immer haben mag – wird sich in seinem Leben immer wieder viele Fragen stellen. Mir jedenfalls sind die Fragezeichen vertrauter geworden als die vorschnellen Antworten und die Ausrufezeichen.
All diese Fragezeichen gehören zu meinem Leben. Sie überfordern nicht, sondern sie entlasten: Ich habe und brauche nicht die ganze Wahrheit, wünsche mir aber so viel, dass ich spüre, wo es lang gehen könnte. Ich muss nicht alle Geheimnisse entschlüsseln und alle Rätsel lösen. Ich möchte mich aber orientieren können und Menschen begegnen, die mitgehen. Ich besitze nicht alle Freiheit, aber doch so viel, das ich nicht einfach stehen-, sitzen-, liegen-, sondern unterwegs bleibe. Ich erkenne nicht den Sinn von allem. Aber ich vertraue darauf, dass Gott ihn mir einmal offen legt, und dass ich bis dahin mir und anderen möglichst treu bleibe.
Dabei fühle ich mich in guter Gesellschaft mit dem Apostel Paulus, der sagt:
„Jetzt schauen wir in einen Spiegel
und sehen nur rätselhafte Umrisse,
dann aber schauen wir von Angesicht zu Angesicht.
Jetzt erkenne ich unvollkommen,
dann aber werde ich durch und durch erkennen,
so wie ich auch durch und durch erkannt worden bin.“
(1Korinther 13,12)
(nach M. Broch: „Das Leben ist eine Chance – nutze sie!“)
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Erstellt am: 16.01.2013 09:11 Uhr
