Zündfunke, Mittwoch 14.03.12

Diakon Bertram Bolz
Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz

Kennen sie den Vorwurf: Selber schuld, liebe Schwestern und Brüder? Er macht eigentlich immer alles noch viel schlimmer. Da liegt jemand mit einer bedenklichen Diagnose im Bett und hat den Eindruck, dass manche Bekannte so vor sich hin denken: selbst schuld! Warum hast auch so viel geraucht; bei dem ungesunden Lebenswandel brauchst dich nicht zu wundern. Auch das Betreffende selbst quält sich mit solchen oder ähnlichen Vorwürfen eben selbst zu diesem bedenklichen Zustand beigetragen zu haben. Und so kommt zur eigentlichen Krankheit noch eine andere hinzu: Nämlich die des immer wieder um die Ohren geknallt Bekommens, dass man doch gewusst habe, dass es – bei dem Verhalten – mal so kommen muss.
Fakt ist sicherlich, dass es so etwas geben kann, dass man sich selbst durch ein ausschweifendes oder höchst riskantes Verhalten in Gefahr gebracht und nun die Folgen zu tragen hat. Immer wieder kommt man auf die Idee, wenigstens teilweise als einen der Gründe eigene Schuld mit einzubeziehen. Aber hilft das weiter? Was ist schließlich mit denen, die ein Leben lang äußerst gesund und diszipliniert gelebt haben und dann doch von einem heimtückischen Tumor weggerafft werden? Warum wird mancher Kettenraucher trotz allem 90 Jahre alt, während mancher Nichtraucher kaum die Hälfte schafft? Nein, indem man aufrechnet und nach Ursachen forscht, kommt man nicht weiter. Schon zur Zeit Jesu haben seine Freunde ihn gefragt, warum ein schwerbehinderter Mensch so geboren wurde. War er es oder seine Eltern, die hier schuld sind? Und die Antwort Jesu lehnt jegliche Art von Ursachenforschung ab, denn sie hilft bei Gott nicht weiter.
Ich glaube, wir sollten stattdessen lieber mal nach dem Sinn einer Krankheit fragen. Eine Krankheit gehört zum Leben wie das Glück, wie eine gelingende Gemeinschaft und wie das Sterben. Jeder Mensch ist verantwortlich für sein Leben, aber das ist etwas anderes, als nach Schuld zu fragen. Zum Leben gehört eben auch, dass wir einer Krankheit nicht ausweichen können, dass sie wie eine große Aufgabe auf uns zukommt. Man muss mit der täglichen Angst fertig werden und noch schwerer dürfte es wohl sein, in der Krankheit, in diesem eingeschränkten Leben einen Sinn zu finden. Gerade in einer solchen Situation tut es aber gut, liebevolle Zuwendung zu erfahren; zu spüren, dass man gerade jetzt nicht allein ist, sondern Solidarität und Liebe erfährt, die einem das schwere Leben erträglicher machen.
Wer krank ist, für den werden die Beziehungen zu anderen, zur Umwelt und zu Gott auf eine harte Probe gestellt. Aber sie können darin auch ganz neu wachsen und sich vertiefen. Nur: Die Frage nach der Schuld, die hilft nicht weiter. Viel hilfreicher dagegen ist es, einen Halt zu erkennen, Liebe zu spüren und sich verlassen zu können auf einen solchen Satz: Nichts kann uns trennen, nichts kann uns scheiden von der Liebe Gottes. Diese Gewissheit möchte ich uns allen heute mit in den Tag geben, vor allem all jenen, die krank sind und sich mit Schuldgedanken plagen.

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Erstellt am: 14.03.2012 19:06 Uhr

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