Diakon Bertram Bolz
Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Wo Menschen mit Jesus in Berührung kommen, liebe Schwestern und Brüder, ist das eine heilsame, ja oft eine heilende Begegnung. Wenn wir in die Evangelien des Neuen Testaments schauen, dann spüren wir schnell: Sie sind voll von solchen Heilungsgeschichten. Eine davon hat mich schon immer fasziniert und beschäftigt mich immer wieder neu. Es ist die Heilung eines Gelähmten, die der Evangelist Markus überliefert hat. Man spürt dabei förmlich das Lauffeuer mit dem es sich herumgesprochen hat, dass Jesus wieder im Dorf ist. Deshalb ist das Haus, in dem er predigt, auch bis auf den letzten Platz besetzt. Selbst draußen stehen die Menschen – aber es ist weder an ein rein- noch an ein rauskommen zu denken. Aber da ist nun auch einer, dem es besonders dreckig geht. Er ist so elend, dass er sich nicht mehr rühren kann und dass er nicht mal mehr selber um Hilfe bitten kann. Allerdings hat dieser Gelähmte gute Freunde. Freunde, die es nicht mehr länger mit anschauen können, wie er so daliegt und nur noch ein Häuflein Elend ist. Deshalb setzen sie sich selbst und alle Hebel in Bewegung, um ihm zu helfen. Markus schreibt das recht anschaulich: „…weil sie ihn aber wegen der vielen Leute nicht bis zu Jesus bringen konnten, deckten sie dort, wo Jesus war, das Dach ab, schlugen die Decke durch und ließen den Gelähmten auf seiner Tragbahre durch die Öffnung hinab.“ Ja, sie legen ihren kranken Freund Jesus förmlich vor die Füße. Sie scheuen nichts, aber mehr können sie jetzt auch nicht mehr für ihn tun. Und Jesus? Er sah ihren Glauben – wohlgemerkt den der Freunde – über den des Gelähmten erfahren wir nichts. Dann sagt er zu dem Gelähmten: „Mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben!“ Ja was soll das denn? Ist Krankheit bei Jesus vielleicht eine Folge von Sünde, also eine Strafe Gottes? Das kann ja wohl nicht sein! Das passt doch überhaupt nicht zu dem, was uns Jesus an anderen Stellen sagt. Da lehnt er nämlich eine Verknüpfung von Krankheit und Sünde eindeutig ab. Außerdem hat Jesus nie eine Sündenvergebung als Voraussetzung einer Heilung angesehen. Warum dann aber hier? Heilt etwa die Vergebung eine lähmende Schuld? Vielleicht. Körperliche Gebrechen oder Unfälle können eine Lähmung bewirken. Dass auch Schuld oder Schuldgefühle einen Menschen lähmen können, das kann ich durchaus nachvollziehen. Nur: Wir erfahren nicht, was den Mann lähmt. Ob es sein ungelebtes Leben ist, das ihm in den Knochen steckt oder das Gefühl, vieles falsch gemacht zu haben? Ob ihn die Last drückt, an einem anderen schuldig geworden zu sein und das nicht wieder gut machen zu können? Oder ob ihm ein Unfall die Beweglichkeit geraubt hat – all das bleibt offen. Diese Geschichte macht nur eindeutig klar: Jesu Wort lässt nicht nur die Kranken gesund werden, wenn sie ihm vertrauen. Er spricht auch jedem, der von Schuld gelähmt ist Gottes Vergebung zu – ohne jede Voraussetzung, selbst dann, wenn der Betreffende keinen Glauben mehr aufbringen kann.
Also mir geht das ganz schön unter die Haut – und ihnen?
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Erstellt am: 08.08.2012 17:10 Uhr
