Zündfunke, Mittwoch 01.05.13

Andrea Bolz
Deutschsprachige Katholische Gemeinde Puerto de la Cruz
Einen wunderschönen guten Morgen, liebe Schwestern und Brüder!

Das kennen Sie sicher: Da trifft man jemanden auf der Straße und denkt: „Das war doch die Tochter vom Nachbarn“. Was so viel heißt wie „Die kenn’ ich doch. Die habe ich aufwachsen sehen. Die kann ich einer bestimmten Familie zuordnen.“ Und somit meine ich diese Person zu kennen – oder ich stecke sie zumindest in eine der bekannten Schubladen. Das haben  sich auch  die Leute in der Bibel so gedacht, von denen der Evangelist Matthäus erzählt. Jesus war nach langer Zeit in seine Heimatstadt Nazareth zurückgekehrt und als frommer Jude dort in die Synagoge gegangen. Er hat mitdiskutiert und ist mit seinen Äußerungen auf  – und aus dem Rahmen gefallen. Und dann kommt der Satz: „Ist das nicht der Sohn des Zimmermanns?“. Denn Josef, der diesen Jesus aufgezogen hat, den kennen alle. Die Familie kennen alle. Da glaubt man auch zu wissen, was man erwarten – oder nicht erwarten kann. Aber Jesus entspricht genau diesen Erwartungen nicht. Und zum Glück hat das auch nicht der Zimmermann Josef getan, über dreißig Jahre zuvor. Josef, der Schutzpatron der Arbeiter, dessen Gedenktag die Kirche heute feiert, am Tag der Arbeit.
Josef hatte es ja auch nicht gerade leicht. Die Bibel erzählt nicht viel von ihm. Zweimal aber tut er etwas, was den Erwartungen nicht entspricht, und beide Male erweist er sich dabei als einer, den man eben in keine Schublade stecken kann. Z.B. hält er zu seiner Verlobten, als er erfährt, dass sie ein Kind erwartet. Und später, nach der Geburt des Kindes, nimmt er die Warnung ernst, dass Herodes dem Kind nach dem Leben trachtet und flieht mit seiner Familie nach Ägypten. Da gehört beide Male schon eine Menge Gottvertrauen dazu. Und der Mut, sich gegen Erwartungen zu stellen. Ein einfacher Zimmermann, den man in den Josefsdarstellungen oft an seinen Zimmermannswerkzeugen erkennen kann, erweist sich als Lebensretter Jesu.
Die katholische Kirche hat ihm zwei Gedenktage gewidmet, den eigentlichen Josefstag am 19. März und den 1. Mai, der Josef dem Arbeiter gewidmet ist. Das zeigt die Wertschätzung der menschlichen Arbeit und das ist meiner Meinung nach auch mehr als richtig so. Josef ist der Schutzpatron für viele Dinge, so auch für die Tischler und Zimmerleute. Aber wenn man sich ein wenig näher mit ihm beschäftigt, dann kann er uns  Mut machen, die Menschen nicht einfach nur in Schubladen zu stecken und sich selbst auch die Freiheit zu erhalten, den eigenen Weg zu finden.
Somit könnte Josef auch zum Schutzpatron des Unerwarteten werden.

Infos unter:

Erstellt am: 01.05.2013 08:29 Uhr

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert