Guten Morgen, liebe Schwestern und Brüder!
Heute feiern wir Peter und Paul. Zwei ganz unterschiedliche Apostel, aber doch nur ein und derselbe Gedenktag. Zu Petrus passt das Stichwort „Tradition“, zu Paulus wohl eher das Stichwort „Freiheit“. Um ihnen beide mit ihren je eigenen Attributen ein wenig nahe zu bringen, will ich ihnen eine Geschichte des geistlichen Schriftstellers Peter Spangenberg erzählen, die nicht ohne Hintersinn und doch auch zum Schmunzeln ist.
In einer Stadt – irgendwo zwischen Wittenberg und Rom – standen zwei große Kirchtürme. Jedes Mal, wenn es der 29. Juni wurde, da kam es zwischen diesen beiden Kirchtürmen zu einem unerfreulichen Streitgespräch. Die Kirchtürme hießen nämlich St. Peter und St. Paul. Nicht genug: Der eine war katholisch und der andere evangelisch. Das ging dann schon morgens mit dem Läuten los. Beide setzten ihre sechs großen Glocken ein und es lag dann nur am Wind, wessen Geläute stärker in der Stadt vernommen wurde.
„Was bildest du dir eigentlich ein“, sagte Peter zu Paul, „du mit deinen gut 450 Jahren Geschichte! So jung und schon so verbraucht. Schau mal sonntags Dein Schiff an – da herrscht fast gähnende Leere!“
„Ach hör doch auf“, erwiderte Paul spitz zu Peter, „ich kann deine Angeberei nicht mehr hören. So etwas Romhöriges, so etwas Hochnäsiges wie dich gibt’s ja sonst nirgendwo mehr; und was sich sonntags so in deinem Schiff tut – das ist doch alles nur Maskerade.“ „Oh da scheint einer neidisch zu sein, wie?“ konterte Peter und gab seinen Glocken noch einen mächtigen Stoß hinterher. „Eine Milliarde gehören zu mir, und wir sind eine Einheit. Ätsch!“ Und bei diesen Worten drehte sich der stolze Wetterhahn ganz aufgeregt, aber er krähte noch nicht.
„Was ist das schon“, blähte sich Paul auf, „der Apostel, nach dem ich heiße, der hat schon an die Gemeinde von Korinth geschrieben, dass die Einheit in der Vielfalt zu suchen ist. Ätsch!“ Und bei diesen Worten ächzte das Kirchturmkreuz bedenklich, und manche wollen wissen, der Himmel habe sich für Sekunden verdunkelt wie damals auf Golgatha.
Eines Tages kamen nun viele fremde Leute in die Stadt und bauten zwischen den beiden Kirchen eine Moschee mit einem langen, schlanken Minarett. Da auf einmal begruben die beiden Türme ihre Feindschaft, entdeckten ihre Einheit und beschlossen, gemeinsam gegen das Minarett vorzugehen. Als sie aber damit begannen, krähte der Hahn von St. Peter und der Sturm zerschmetterte das Kreuz von St. Paul.
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Erstellt am: 29.06.2012 06:36 Uhr
