Zündfunke, Freitag 27.01.12

Andrea Bolz
Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz

Einen wunderschönen guten Morgen, liebe Schwestern und Brüder!
Wurden sie auch schon einmal mit folgendem Spruch konfrontiert? „Du bist doch von allen guten Geistern verlassen!“ Und wie ging es Ihnen dabei?
Normalerweise sagt man das, wenn einer in den Augen der anderen völlig unsinnig und töricht daherredet, oder handelt.


Seine Wurzeln hat dieses Sprichwort im 1. Buch Samuel im Alten Testament. Von König Saul heißt es da: „Der Geist des Herrn war von Saul gewichen“ (16,14). Und rasend vor Zorn kam er auf abwegige Gedanken (18,16-17).

Doch wer beurteilt, ob jemand von guten Geistern beseelt oder ob er von allen guten Geistern verlassen ist? Oder, wer wagt es zu sagen, ob Gottes Geist bei jemandem ist oder ob er – wie bei Saul – von ihm gewichen ist?

Vielleicht hilft uns dabei folgende biblische Aufforderung: „Traut nicht jedem Geist, sondern prüft die Geister, ob sie aus Gott sind.“ (1 Johannes 4,1) – Die prüfende Unterscheidung der Geister. Als ob das so einfach wäre! Vielleicht beginnt es damit, dass ich mich selbst kritisch prüfe. Dass ich nicht aus Machtansprüchen über andere den eigenen Geist bzw. Ungeist mit dem Geist verwechsle, der aus Gott ist. Und vielleicht liegt der Schlüssel zur Unterscheidung der Geister in der biblischen Devise, dass wir einander in Liebe und Achtung übertreffen sollen.
Und so verstehe ich Jesus: Ob ein Geist aus Gott ist, steht und fällt für ihn damit, ob ein Mensch menschlich und menschenfreundlich ist oder nicht. So nimmt er jeden Menschen ernst und geht auf ihn in seiner konkreten Lebenssituation zu: Dem einen verzeiht er seine Verfehlungen; einen anderen heilt er von seinen Gebrechen; einem dritten erklärt er, was dieser nicht versteht; wer am Boden ist, den richtet er wieder auf; wer verzweifelt ist, dem schenkt er neue Hoffnung; den Besserwissern widersteht er. Er wirbt um den Menschen, um jeden; er zwingt ihn nicht, weil er seine Freiheit ernst nimmt.
Und Jesus wird – davon bin ich überzeugt – einmal nicht fragen: Hast du alle Dogmen nachgesprochen, alle Bekenntnisse mitgesprochen, alle Moral eingehalten? Vielleicht könnte er aber so fragen: Woraus hast du gelebt? Wem galt dein Vertrauen? Wie hast du geliebt? – Jedes Mal erinnere ich mich daran, wenn wir im Gottesdienst singen: „Wo die Güte und die Liebe wohnt, dort nur wohnt der Herr.“ (Gotteslob 909)

(Nach einer Idee von Pfarrer Michael Broch, Leonberg, Katholische Kirche)

Infos unter:

Erstellt am: 27.01.2012 15:23 Uhr

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