Zündfunke, Freitag 22.03.13

Andrea Bolz, Deutschsprachige Katholische Gemeinde, Puerto de la Cruz
Einen wunderschönen guten Morgen, liebe Schwestern und Brüder!

In einem englischen Kinderlied heißt es:
Ich sitze auf halber Treppe, keine Stufe ist wie die andere. Ich bin nicht oben, ich bin nicht unten, auf halber Treppe sitze ich. Ich sitze auf halber Treppe, ich kann nicht noch einmal nach unten, um noch einmal neu hinauf zu gehen.

Dieses Kinderlied beschreibt den Lauf des Lebens als Gang auf einer Treppe, die ich Stufe für Stufe hinaufsteige. Manchmal schnell, indem ich mehrere Stufen auf einmal nehme. Dann wieder mühsam Stufe für Stufe , immer wieder mit einem längeren Halt auf den einzelnen Stufen. Aber immer geht es nur aufwärts. Ich kann nicht zurück und eine Stufe noch einmal nehmen. Bestimmte Dinge kann ich also nicht verändern, nicht wiedergutmachen, nicht wieder noch einmal anders wiederholen.  Wenn ich das auf mich und mein Lebensalter übertrage, heißt es dann für mich: ich sitze längst schon im oberen Teil der Treppe, die Hälfte habe ich bereits überwunden, einige Stufen habe ich noch vor mir.  Es bleibt der Blick auf das, was schon geschehen ist und was ich bisher erlebt habe. Aber es bleibt auch noch einiges an Anstrengung und Arbeit, was vor mir liegt. Einiges an Erfahrungen habe ich hinter mir, einiges habe ich gelernt: etwa weniger ungeduldig zu sein und nachsichtiger mit den Schwächen anderer. Ich lerne auch, dass manches halbfertig bleiben wird. Vieles habe ich angefangen und mir vorgenommen, vieles muss liegen bleiben. Deshalb bin ich froh und dankbar, dass nicht das Ganze, dass vor Gott nicht eine abgeschlossene Leistung ausschlaggebend ist. Auch das Halbe, das Unvollendete hat seinen Sinn. Dass manches halbfertig bleibt, gehört zu meinem Leben.

Ich sitze auf halber Treppe, heißt es in dem englischen Kinderlied. Auf halber Treppe ist das Ganze noch lange nicht erreicht. Ich bleibe ja nicht stehen auf dieser Treppe des Lebens. Ich will weitergehen, die nächste Stufe nehmen. Aber ich habe inzwischen erfahren: ich kann die Stufen nicht allein hinaufgehen. Ich weiß nicht, wie viele Stufen ich noch vor mir habe auf der Treppe meines Lebens. Darum brauche ich andere, die mich begleiten. Ich brauche ihre Hilfe, ihre Bereitschaft, Lasten mitzutragen. Menschen, die mich nicht auf halber Treppe stehen lassen
Das Ende der Treppe ist das Ziel meines Lebens, an dem Gott steht und mich erwartet. Ich kann ihn mir nicht vorstellen. Aber ich weiß, dass ich mit meinen vielen Geschichten, die zu meinem Leben gehören, gut von ihm aufgenommen werde. Ich muss mich nicht verstecken und verdammen, ich brauche mich aber auch nicht besonders selbst zu loben. Darum bin ich gelassen im Blick auf das, was ich erlebt habe. Darum bin ich auch gelassen im Blick auf das, was noch kommen kann. So bin ich gespannt und neugierig, wie viele Stufen noch vor mir liegen, und wie oft ich noch eine Pause einlegen werde.

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Erstellt am: 22.03.2013 17:40 Uhr

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