Zündfunke, Donnerstag 17.05.12

Diakon Bertram Bolz
Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz

Guten Morgen, liebe Schwestern und Brüder!
Himmelfahrt ist ein kleines Kirchenfest. Es bezieht sich auf einen Abschnitt aus dem Glaubensbekenntnis aller christlichen Kirchen: „ Ich glaube an Jesus Christus, der aufgefahren ist in den Himmel. Er sitzt zur Rechten Gottes, des Vaters.“ Dieser Satz ist der Bibel entnommen worden, wo es heißt: „Jesus wurde in den Himmel aufgenommen und setzte sich zur Rechten Gottes.“ (Markus 16,19)
Um dieses Bekenntnis aber nun wirklich zu begreifen, muss der Kopf Übersetzungsarbeit leisten.
Denn eines ist sicher: von einem realen Vorgang ist hier nicht die Rede. Da geschah nichts, was man hätte fotografieren oder filmen können. Die Rede von der Himmelfahrt ist etwa wie ein altes Kunstgemälde, das keine Realität abbilden will und dennoch etwas, wenn nicht sogar viel Wahres aussagen kann.
Immer dann, wenn Worte und Begriffe fehlten, um das Gemeinte auszudrücken, griffen die biblischen Erzählungen auf Bilder aus der Vergangenheit zurück, die zum allgemeinen Kulturgut gehörten. Als Bildhintergrund für die Himmelfahrt könnte demnach die Thronbesteigung des ägyptischen Pharaos gedient haben. Wurde im alten Ägypten ein Mensch zum König erhoben, so verstand man dies als ein Akt, in dem Gott seine Hand im Spiel hatte. Der Pharao wurde sozusagen von Gott emporgehoben, auf seinen Thron gesetzt und gleichzeitig in die Sphäre der Götter einbezogen. Er ist zum Begleiter und Nachbarn Gottes geworden und kann an der Seite, also zur Rechten Gottes sitzen. Die Bildaussage lautet: Jesus ist gleichzeitig ganz Mensch und ganz Gott. Ganz auf der Erde und doch im Himmel. Indem er in den Lebensbereich Gottes einging, ist er trotzdem in der Welt präsent. Für immer. Alle Tage bis ans Ende der Welt.
Die Schriftsteller der Bibel konnten davon ausgehen, dass ihre Zeitgenossen verstanden, was gemeint war. Jesus wurde dadurch weder zu einem Pharao noch zu einem Halbgott. Weil man die Monarchie allgemein als gottgegeben akzeptierte, stieß das Bild auf eine positive Resonanz. Zudem sprach es eine uralte Hoffnung in Israel an: man hoffte ja schließlich auf einen König, der dauerhaft Frieden und Gerechtigkeit bringt, ähnlich dem legendären König David.
Uns erreicht dieses Bild nicht mehr. Die Monarchie hat ausgedient. Die Idee, Gott sitze auf einem Thron, hat in unseren Augen etwas Märchenhaftes an sich. Ich sehe Gott im Du, in einem persönlichen Gegenüber; ich erkenne Gott im Nächsten und auch in mir selbst. Erfassen aber werde ich Gott schlussendlich erst im Himmel.

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Erstellt am: 17.05.2012 18:11 Uhr

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