Liebe Zuhörerinnen, liebe Zuhörer,
Die Umstände im Leben, das Was, können wir oft nicht aussuchen, aber das Wie, wie wir damit umgehen, da können wir mit wirken, da ist unsere Aktivität gefragt.
Dies will gerade auch im Umgang mit Belastungen beachtet sein. Und dabei ist es nicht gleichgültig, wie wir ein Leid, das uns trifft, sehen und damit umgehen.
Altwerden beispielsweise ist zwangsläufig mit Begrenzungen verbunden, die bewältigt sein wollen. Je älter wir werden, um so mehr müssen wir lernen, mit Defiziten zu leben.
Man kann darüber jammern und sich mit Menschen vergleichen, denen es anscheinend besser geht, als uns. Aber diese Einstellung ist wenig hilfreich und lässt uns ohne Trost.
Im zweiten Teil des Buchs von der der göttlichen Tröstung legt uns Meister Eckhart einen Perspektivenwandel nahe – weg von den Defiziten hin zu den Ressourcen, die wir noch haben. Er tut dies mit dem Beispiel von einem Menschen, der hundert Taler besitzt und davon vierzig verliert.
„Nun setzt ich den Fall, ein Mensch habe hundert Taler, davon verliert er vierzig und behält sechzig. Will der Mensch nun immerfort an die vierzig denken, die er verloren hat, so bleibt er ungetröstet und bekümmert. Wie könnte auch der getröstet sein und ohne Leid, der sich dem Schaden zukehrt und dem Leid und das in sich .. einprägt und es anblickt, und es schaut wiederum ihn an und es plaudert mit ihm ……. ?
Wäre es aber so, das er sich den sechzig Talern zukehrte, die er noch hat, und den vierzig, die verloren sind, den Rücken kehrte, und sich in die sechzig versenkte … und mit ihnen plauderte, so würde er sicherlich getröstet.“ In diesen Worten werden wir gebeten, nicht ausschließlich auf das zu blicken, was wir verloren haben, sondern es loszulassen und auf da zu schauen, was uns Gott an Zeit und Kräften noch gelassen hat.
In dieser heilsamen Distanz lernen wir dem Leben treu zu bleiben.
Gott selbst helfe uns, dass wir die Kostbarkeit der Zeit wahrnehmen und die uns noch geschenkte Zeit nutzen für uns und für andere.
Helmut Müller, Pfarrer der Evangelischen Kirche Teneriffa Nord
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Erstellt am: 03.05.2012 07:32 Uhr