Zündfunke, Dienstag 19.06.12

Guten Morgen, liebe Schwestern und Brüder!
Am Ende der Zeiten versammelten sich Millionen von Menschen auf einer riesigen Ebene vor dem Thron Gottes. Viele von ihnen schauten ängstlich in das helle Licht, das ihnen entgegenstrahlte. Es gab jedoch auch Gruppen von Menschen, die erregt miteinander diskutierten.

„Wie kann Gott es wagen, über uns zu Gericht zu sitzen? Was versteht er schon von uns und unseren Leiden“? suchte eine verhärmte Frau ihre Verbitterung zu erklären und zeigte dabei eine eintätowierte Nummer auf ihrem Handgelenk – Erinnerung an ihre Haftzeit im Konzentrationslager.
Ein junger Mann öffnete seinen Hemdkragen: „Schaut Euch das an!“, forderte er seine Nachbarn auf. Am Hals sah man die bleichen Narben eines Stricks: „Gelyncht wurde ich allein deshalb, weil ich eine schwarze Hautfarbe habe. In Sklavenschiffen hat man uns gequält. Von unseren Familien wurden wir getrennt. Wie Tiere wurden wir behandelt.“
Trotzig starrte ein Mädchen vor sich hin. Auf ihrer Stirn konnte man das Wort „Unehelich“, erkennen. „Dadurch wurde mein ganzes Leben verdorben.“
Überall wurden jetzt ärgerliche Klagen laut. Jeder richtete Vorwürfe an Gott, weil er das Leid in der Welt zugelassen hatte. Ja, konnte sich Gott überhaupt vorstellen, was der Mensch auf der Erde alles erdulden muss?! Schließlich führt er doch in der Schönheit des Himmels ein recht behütetes Dasein, so empfanden das zumindest die Klageführenden!
So bildeten sich verschiedene Gruppen, die sich jeweils einen Sprecher wählten. Da war ein Jude, ein Schwarzer, ein Unberührbarer aus Indien, eine Uneheliche, ein Leprakranker, ein Opfer aus Hiroshima, jemand aus einem KZ, und ein ermordetes, ungeborenes Kind. Sie diskutierten aufgeregt miteinander und waren sich schließlich in der Formulierung der Anklage einig.
Der Sachverhalt war ganz einfach. Bevor Gott das Recht haben sollte, über sie zu richten, da sollte er erst mal das ertragen, was sie erlitten hatten. Gott sollte dazu verurteilt werden, auf der Erde als Mensch zu leben.
Aber da Gott nun mal Gott war, hatten sie gleich bestimmte Bedingungen aufgestellt. Er sollte keine Möglichkeiten haben, sich aufgrund seiner göttlichen Natur selbst zu helfen. Gott sollte als Jude geboren werden, der nicht wisse, wer sein Vater ist. Er sollte von seinen engsten Freunden verraten werden, von einem voreingenommenen Gericht verhört und dann von einem feigen Richter schuldig verurteilt werden. Schließlich sollte er selbst erfahren, was es heißt, völlig allein und von allen Menschen verlassen zu sein.
Als nun jeder Sprecher einen Teil dieses Urteils verkündete, erhob sich ein großes Raunen vor dem Thron Gottes. Nachdem der letzte Sprecher seinen Urteilsspruch verlesen hatte, folgte ein langes Schweigen. Alle, die Gott verurteilen wollten, gingen plötzlich leise fort. Niemand wagte mehr, etwas zu sagen. Plötzlich wusste jeder: Gott hatte genau dies bereits auf sich genommen.
(aus: www.pro-leben.de)

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Erstellt am: 19.06.2012 06:41 Uhr

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