Guten Morgen, liebe Hörerinnen und Hörer!
Nachsicht oder Strenge, das ist oft die Frage – bei der Erziehung, in der Schule, im Betrieb, überhaupt im zwischenmenschlichen Umgang. Einmal lassen wir alles durchgehen. Ein andermal demonstrieren wir Härte.
Der Heilige Franz von Sales sieht das so: „Zuviel und zu wenig nachsichtig sein; beides ist gefehlt. Es ist für uns Menschen hart, die Mitte zu halten.“ Für sich und seinen Umgang mit anderen zieht er daraus folgende Konsequenz: „Doch wenn ich fehle, will ich lieber durch zu große Milde fehlen als durch zu große Strenge.“
Generell kann ich dieser Gratwanderung zustimmen, bin ich mir aber auch im Klaren darüber, wie schwach und fehlerhaft ich selber bin. Auch ich freue mich, wenn jemand nachsichtig mit mir ist. Zu große Härte überspielt das. Ich gebärde mich mächtig und habe vor allem eins – keine Geduld mit mir selbst.
Ich glaube, das gilt vor allem auch für die religiöse Erziehung. Wie viel seelischen Schaden haben Zwang und übertriebene Strenge vor noch nicht allzu langer Zeit angerichtet! Angstbesetzte Gottesbilder. Mit dieser Erziehung aufgewachsen und erwachsen geworden, wollten viele nichts mehr mit Religion und Kirche zu tun haben.
Auch hier empfiehlt Franz von Sales: „Ich will keine absonderliche, traurige und verdrossene Frömmigkeit, sondern eine fröhliche, freie und friedliche Frömmigkeit, die liebenswürdig ist vor Gott und vor den Menschen.“ Vor 400 Jahren hatte er bereits diese Einsicht.
Wer so denkt und handelt, der hat auch Jesus von Nazareth auf seiner Seite. Sehr erregt sagt Jesus einmal: „Wer mich vor den Menschen verleugnet, den werde auch ich vor meinem Vater im Himmel verleugnen.“ (Matthäus 10,33)
Als seine Jünger ihn angesichts der bevorstehenden Kreuzigung verleugnet und verlassen haben, macht Jesus seine Ankündigung dennoch nicht wahr.
Er verleugnet seine Gefährten nicht, sondern gibt ihnen eine unglaubliche Chance, er betraut sie mit wichtigen Aufgaben in der jungen Christenheit. Er übt Nachsicht – mehr noch: Er ist aus Liebe – inkonsequent!
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Erstellt am: 17.04.2012 06:09 Uhr
