Zündfunke, Dienstag 09.10.12

Diakon Bertram Bolz
Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
In dieser Woche möchte ich Ihnen, liebe Schwestern und Brüder,
das II. Vatikanische Konzil etwas näher bringen, denn am Donnerstag jährt sich der Tag zum 50igsten Mal, an dem Papst Johannes XXIII. dieses Konzil eröffnete. Wer war dieser Papst, der die Kirche mit diesem Konzil so radikal veränderte? Johannes war klein und korpulent, wie die Besucher des Petersdomes sehen können, wenn sie den illuminierten Glassarg betrachten, indem er seit einigen Jahren aufgebahrt ist. Il papa buono – der gute Papst, wie er liebevoll von den Italienern genannt wird – ist bei den Gläubigen rund 50 Jahre nach seinem Krebstod unsagbar populär.

Ein Jahrtausend lang hatten Adlige als Päpste die Kirche beherrscht. Angelo Roncalli, wie Johannes mit bürgerlichem Namen hieß, war jedoch das krasse Gegenbild zu diesen hochwohlgeborenen Vorgängern: ein Kleinbauernsohn mit zwölf Geschwistern aus einem kleinen Ort in der Provinz Bergamo. Später wurde er Papstdiplomat auf verlorenem Posten in Bulgarien, Jordanien, der Türkei oder auch im säkularisierten Frankreich – also lauter Orte, an denen der Vatikan machtmäßig nichts zu sagen hatte.
Schließlich wurde er im hohen Alter von 72 Jahren auf den dekorativen Posten des Patriarchen von Venedig gesetzt. Zum Papst wurde er am vierten Wahltag des Konklaves 1958 im 11. Wahldurchgang gewählt. Wohlgemerkt: Als Kompromisskandidat. Denn damals war es ähnlich wie heute: Zwei Italo-Fraktionen kämpften um das Papstamt und blockierten sich dabei gegenseitig. Aufgelöst wurde es durch den Dritten im Bunde. Roncalli war 77 Jahre alt und krank und die kurialen Lager meinten: Eine risikolose Wahl, eine Zwischenlösung für kurze Zeit. Doch es kam anders: Roncalli brach mit der Tradition der Pius-Päpste und wählte einen der belastetsten Namen der Papstgeschichte: Johannes! Das allein zeigte schon Selbstbewusstsein und Humor. Alle hatten sie ihn unterschätzt. Er war sicherlich kein Topjurist wie Pius XII. oder Spitzendogmatiker wie Benedikt XVI. Aber Johannes war ein trickreicher Diplomat des lieben Gottes. Unter ihm entstand ein neues Verhältnis zwischen Juden und Christen und auf dem Gipfel der Kuba-Krise war er es, der sowohl im Kreml als auch in Washington anrief und Gehör fand.
Ob er nun allerdings absah, welch gewaltige Revolution in der Kirche sich durch seine Konzilsankündigung und Durchführung ereignen würde, ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass er einen einzigen Fehler hatte: Er starb viel zu früh – am 3. Juni 1963. Um keinen Papst vor ihm hatten Ost und West je so tief getrauert.  

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Erstellt am: 09.10.2012 18:30 Uhr

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