Zündfunke, 30.09.13

Diakon Bertram Bolz, Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Einen wunderschönen guten Morgen, Ihnen allen, liebe Schwestern und Brüder!
Gerne beschäftigen wir Menschen uns mit unserer Vergangenheit und da wiederum ganz besonders mit unserer Jugendzeit. Nicht umsonst gibt es deshalb auch viele Lieder, die immer wieder zurückblicken. So besingt Bryan Adams z.B. den Sommer von 1969, die angeblich besten Tage seines Lebens. Bruce Springsteen singt von den Glory days – den glorreichen Tagen seiner Jugend, Peggy March sang den unvergesslichen Titel: „Mit 17 hat man noch Träume“ und an Willi Schneider erinnern sich viele, weil er damals gesungen hat: „Man müsste noch mal 20 sein“.
Was genau fasziniert uns denn so an unserer Vergangenheit, dass wir so gerne zurückschauen? Ist es eine große Portion Selbstverliebtheit? Sich erinnern, das ist ja so ähnlich wie sein Leben im Spiegel zu betrachten. Ist es die Trauer darum, dass unsere besten Tage womöglich schon vorbei sind? Oder genießen wir einfach dieses melancholische Gefühl, diese süße Schwermut, die sich einstellt, wenn wir an die alten Zeiten denken? Ich geb’ ja gerne zu, dass es mir auch warm ums Herz wird, wenn hier bei Radio Megawelle ein Hit aus meiner Jugendzeit kommt und ich sehe mir auch ganz gerne die alten Fotos an. Aber wenn ich mir dann diesen jungen Kerl mit seinen langen Haaren oder seinem wallenden Bart anschaue, dann merke ich: Damals hatte ich zwar noch keinen Bauch, aber manchmal doch auch einen recht ahnungslosen Gesichtsausdruck. Und wenn ich dann noch die rosa Brille der Verklärung dieser Zeit abnehme, die mich nur die guten Seiten sehen lässt und die schlechten sanft ausblendet, dann komme ich zu dem Schluss: Früher war auch nicht alles besser. Da gab es auch eine ganze Menge Schwierigkeiten. Aber sie zu bestehen, dass hat mich doch hoffentlich auch ein wenig reifer und weiser werden lassen. Auf jeden Fall kann ich heute sagen: Ich will nicht noch mal 20 sein!
Deshalb meine ich: Erinnern ist in Ordnung, und zwar so lange wie ich dadurch nicht den Blick und den Mut für die Gegenwart und die Zukunft verliere. „Wer die Hand an den Pflug legt und zurücksieht, der taugt nichts für das Reich Gottes“, hat Jesus einmal gesagt. Er hat davor gewarnt, sich zu sehr mit dem Alten zu beschäftigen. Lieber nicht zu oft und zu lange zurückschauen. Denn gegen eine verklärte Vergangenheit, die es in Wirklichkeit so nie gegeben hat, sieht die reale Gegenwart natürlich oft ganz schön alt aus. Und wenn ich meine, die besten Tage seien schon vorbei, dann entferne ich mich – je älter ich werde – immer weiter von meinem vermeintlichen Glück. Dann fällt es schwer zu erkennen, welche Chancen und Möglichkeiten die Zukunft eben auch immer noch für mich hat – und das wäre doch schade – meinen Sie nicht auch?

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Erstellt am: 04.10.2013 11:37 Uhr

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