Gemeindereferentin Andrea Bolz, deutschsprachige katholische Gemeinde, Puerto de la Cruz
Einen wunderschönen guten Morgen, liebe Schwestern und Brüder!
Einer der bedeutendsten griechischen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts, Nikos Kazantsakis war noch ein junger Mann, da interviewte er einen alten Mönch auf dem Berg Athos. Im Lauf des Gesprächs fragte er den Mönch: „Kämpfen Sie immer noch mit dem Teufel?“ „Nein. Schon lange nicht mehr“, sagte der alte Mönch. „Früher habe ich jeden Tag mit dem Teufel gekämpft, aber ich bin alt und müde geworden. Jetzt lassen wir uns gegenseitig in Ruhe“. „Ihr Leben ist also jetzt ganz leicht geworden“, fragte Kanzantzakis, „Sie haben keine inneren Kämpfe mehr auszutragen“? „Schön wäre es“, sagte der Mönch, „es ist noch viel schlimmer geworden. Denn jetzt kämpfe ich mit Gott“.
Kämpfe mit dem Teufel, Kämpfe mit Gott – also – kämpfen wir ein Leben lang? Worin aber unterschieden sich unsere Kämpfe dann? Für was steht der Kampf mit dem Teufel und auf der anderen Seite der Kampf mit Gott?
Ist es nicht so, dass wir uns in jungen Jahren mit dem Drang nach Besitz, Erfolg und Aufmerksamkeit oft genötigt fühlen, über die sprichwörtlichen „Leichen“ zu gehen. Jede erste Lebenshälfte ist ausgefüllt mit der Suche nach Identität, Sinn, Selbstachtung, Liebe, Verwurzelung und nach dem Einklang mit unserer Sexualität. Die Reise in unserer zweiten Lebenshälfte geht da doch etwas ruhiger und langsamer. Die Wellen schlagen dann nicht mehr ganz so hoch, wobei wir immer in unserem Leben auf eine stürmische See treffen können. Aber die ganz große Veränderung, so meine ich, ist die, dass wir ab der Mitte unseres Lebens mit all unseren Verwundungen und Narben, die wir in der ersten Hälfte unseres Lebens erhalten haben, die Kraft finden können, von genau diesen unseren Wunden, unseren Verletzungen und unserer Wut, Abschied zu nehmen. Und wir müssen wohl oder übel lernen, Abschied zu nehmen, Abschied von vielen Dingen, die wir nun nicht mehr können, Abschied von vielen uns wichtigen und geliebten Menschen. Und das erfordert ein Erlernen des Leisewerdens und des Lebens in der Stille. Dies alles in die Tat umzusetzen ist oft ein sehr schmerzlicher Vorgang und so gesehen, ist der Kampf mit Gott nun wirklich um einiges schwieriger als der Kampf mit dem Teufel.
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Erstellt am: 01.12.2013 13:29 Uhr