Andrea Bolz, Deutschsprachige Katholische Gemeinde Puerto de la Cruz
Vom kaufmännischen Standpunkt aus betrachtet, könnte man sagen: die Geschäfte der Kirche laufen nicht so richtig. Die Zahl der Beerdigungen ist weitaus größer als die Zahl der Taufen, es gibt immer noch viele Kirchenaustritte, und immer weniger Leute kommen regelmäßig zum Gottesdienst. Auch wir hier auf der Insel erleben, dass, obwohl in diesem Winter weitaus mehr Menschen hier Urlaub machen als in den vergangen Jahren, der Kirchenbesuch aber nicht in dem Maße mit ansteigt. Aber eines ist nach wie vor sehr beliebt bei den Menschen und zwar nicht nur bei denen, die unsere kleine Kapelle San Telmo in Puerto besuchen.
Es handelt sich um die Kerzen in der Kirche, die so genannten Opferlichter. Viele stellen eine Kerze auf und verharren eine gewisse Zeit betend oder zumindest schweigend vor dieser Kerze. Selbst Menschen, die von sich behaupten, nicht sonderlich religiös zu sein, tun dies. Auch Menschen, die sich ansonsten in ihrem Leben ganz rational verhalten, haben oft das Bedürfnis, in einer Kirche eine Kerze aufzustellen. Weil sie an einen anderen Menschen denken, weil sie für etwas danken oder bitten oder einfach für kurze Zeit dem Trubel der Straße entfliehen und ihre Ruhe haben wollen. Nun, als sogenannte „Berufschristin“ kann ich mich auf der einen Seite natürlich darüber ärgern, dass immer weniger Leute am Sonntag in die Kirche gehen, immer weniger bereit sind, eine Stunde in der Woche miteinander zu beten, zu singen und sich auf das Wort Gottes einzulassen. Aber ich kann das auch anders sehen: nämlich mich darüber freuen, dass trotzdem viele an ganz normalen Werktagen – wenn auch oft nur für wenige Minuten – den Weg in eine Kirche finden, um eine Kerze aufzustellen. Nur muss ich dann dafür sorgen, dass die Türen offen sind. Ich muss Möglichkeiten schaffen, dass die Menschen ihrem religiösen Bedürfnis nachkommen können. Und ich muss offen sein, für traditionelle und für neue Bedürfnisse und Befindlichkeiten. Denn eine Kirche ist immer das Haus Gottes, und er möchte für jeden da sein, egal ob getauft oder nicht, ob noch Mitglied oder schon ausgetreten, ob praktizierend oder fern stehend. Ob für eine Stunde oder nur für wenige Minuten; in seinem Haus ist jeder willkommen, auch ohne eine Kerze aufzustellen.
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Erstellt am: 28.01.2014 10:16 Uhr