Diakon Bertram Bolz, Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Guten Morgen, liebe Schwestern und Brüder!
Eigentlich hätte ich es wissen können, ja wissen müssen. Wochenlang hab ich mich vor
dem Anruf gedrückt; mir immer wieder gesagt, das mach ich nach der Saison; dann war es nach dem Urlaub… Ja, ich war zugegebenermaßen froh, dass er nicht da war, als ich anrief. Es ging ihm nämlich überhaupt nicht gut, wie mir Bekannte dann sagten. Krebs – hieß die Diagnose. – So schlimm? – Ja. – Krebs mit dem Zusatz: inoperabel. Was noch nichts Genaues und Konkretes heißt. Zumindest nichts Endgültiges.
Aber ich musste mir da selber klar machen: Bertram, mach dir nichts vor. Eine solche Diagnose bedeutet sicherlich noch nichts Endgültiges, aber eben auch nichts Gutes. Nichts wollte ich falsch machen, nichts Dummes sagen, nicht nur hölzern daherreden… Und so schob ich das Telefonat weiter vor mir her. Aber irgendwann musste es einfach sein. Ich rief an und – er war da. „Hallo?“ Seine Stimme klang anders als sonst; viel dünner. „Endlich erreiche ich dich“, höre ich mich sagen. „ich hab’s ja schon oft probiert, aber du warst nicht da.“ – „Ach ja?“ er klang überrascht. „Ich wollte einfach wissen, wie es dir geht“, sage ich, dabei war das alles Andere als einfach.
Und dann erzählte er von sich und seiner Krankheit, so selbstverständlich, wie über eine Urlaubsreise. Von den langen Tagen im Krankenhaus, von den vielen Untersuchungen, von den Bestrahlungen. Und dass er darüber nachgedacht habe, wo Gott wohl wohnt. „Und wo wohnt er?“ frage ich ihn und er sagt: „Gott wohnt in der Hölle.“ Dann erzählt er mir von dem Raum, in dem man bestrahlt wird, wenn man Krebs hat. Ein völlig schallisolierter Raum mit nichts wie Maschinen. Dort liegt man dann ungefähr 15 Minuten oder auch mehr, sagt er – ganz allein. Denn die Andern müssen ja raus, wegen der Strahlen. Dann surrt es, Roboter drehen Arme. Tödliche Strahlen treffen den Körper. „Das“, sagte er, „ist die Hölle. Und da wohnt Gott.“
Ich hätte es wissen können. Dass er viel stärker ist, als ich in meiner Angst. Dass er nicht aufgeben würde. Weil er die Geschichte kennt, in der es heißt: Jesus Christus – hinabgestiegen in das Reich der Hölle. Am dritten Tage auferstanden von der Hölle. Deshalb sind wir auch nicht allein, in der Hölle. Wie immer es auch aussieht. Er ist immer schon da. Ist da für uns. Ich hätte es wissen können. Dass ich keine Angst haben muss vor der Hölle und vor denen, die da rein geraten sind. Jetzt weiß ich es wieder.
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Erstellt am: 28.10.2013 11:24 Uhr