Zündfunke, 23.03.14

Diakon Bertram Bolz, Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Viel Geld, so lautet die irrige Meinung vieler Zeitgenossen, bedeutet auch viel Freiheit. Ein Gedanke, den man immer und immer wieder aufschnappen kann. Und warum? Weil viele so denken. Doch diese Sichtweise ist absolut falsch, erhebt jemand Einspruch, der es eigentlich wissen muss. Es handelt sich um keinen geringeren als Michael Chodorkowskij, der einmal einer der reichsten Männer Russlands war und der als Kreml-Kritiker viele Jahre in Haft saß und erst vor wenigen Monaten freigekommen ist.
Als Chef des riesigen Ölkonzerns Yukos gehörte ihm ein Vermögen von sage und schreibe 15 Milliarden Euro. Bis er 2003 verhaftet wurde und bis Dezember 2013 in verschiedenen russischen Gefängnissen einsass. Steuerhinterziehung wurde ihm angelastet, aber seine Verurteilung war politisch motiviert.
Jetzt also ist er frei und wie viel Geld ihm geblieben ist…man kann nur munkeln. In der Haft hat er viel über sein Leben nachgedacht und dabei auch einen bemerkenswerten Brief geschrieben, der in einer großen russischen Zeitung veröffentlicht wurde. Der ehemalige Milliardär hatte darin eine Botschaft vor allem für junge Menschen: Macht nicht den gleichen Fehler wie ich und denkt: viel Geld ist gleich viel Freiheit! Viel Geld lähmt die kreativen Kräfte im Menschen. Was im Leben wirklich zählt, das sind Gefühle und Ideen.
Ob diese Botschaft ankommt, ist schwer zu sagen. Für mich ist es ein Anlass, sich daran zu erinnern, was die christliche Tradition zu diesem Thema zu sagen hat. Die Theologen des Mittelalters waren der Meinung, dass Besitz insoweit frei macht, als der Mensch Güter braucht, um überhaupt leben zu können. Jeder Besitz aber, der über das zum Leben Notwendige hinaus ging, gehörte ihrer Meinung nach nicht mehr dem Einzelnen persönlich, sondern sollte wie ein gemeinsames Gut betrachtet werden, d.h., es sollte den Notleidenden zugute kommen. Das klingt heutzutage ein wenig verstaubt. Doch mir fällt jener etwa 50 jährige Mann ein, der sich vor Jahren sehr schwer tat, seinen Lottogewinn in Höhe von 9,1 Millionen Euro anzunehmen. Er hatte einen interessanten Beruf, eine Wohnung und ein Auto, also alles, was man so zum Leben braucht. Doch er hatte Angst, dieser gewaltige Geldsegen könnte sein Leben völlig durcheinander bringen. Nach langem Zögern nahm er daher zwar die 9,1 Millionen Euro an, spendete sie aber in voller Höhe einer gemeinnützigen Stiftung. Ein unverständliches Verhalten für jemanden, für den viel Geld auch viel Freiheit bedeutet. Nachvollziehbar aber für einen Menschen, für den Freiheit gerade darin besteht, das mit anderen zu teilen, was man über das Lebensnotwendige hinaus besitzt.

Infos unter:

Erstellt am: 24.03.2014 09:57 Uhr

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert