Zündfunke, 22.09.14

Diakon Bertram Bolz, Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Einen guten Wochenanfang wünsch ich Ihnen, liebe Schwestern und Brüder!
„Unser tägliches Brot gib uns heute“, sagt Onkel Erwin. „Das ist doch ein merkwürdiger Satz, den man da betet.“ „Wieso“, sagt Tante Erika, „das ist doch ganz einfach und klar. Unser tägliches Brot gib uns heute. Es ist doch schön, wenn einem das ganz Alltägliche bewusst wird. Und außerdem: Für viele Menschen ist es eben nicht alltäglich, dass sie satt werden. Daran dürfen wir dann ja auch mal denken.“
„Ja ja“, sagt Erwin, „das ist ja alles ganz richtig, aber warum sagt man es doppelt?“
„Doppelt?“ – „Ja, unser tägliches Brot – und: heute. Es würde doch reichen: Gib uns unser tägliches Brot. Oder: Gib uns heute genug zu essen.“ – „Ach so“, jetzt versteht Tante Erika, was er meint. „Das ist wie in der Geschichte vom Volk Israel. Als sie in der Wüste waren, die vierzig Jahre, da haben sie, als es nichts zu essen gab, Brot vom Himmel bekommen.“
„Das Manna in der Wüste“, sagt Onkel Erwin, „war wahrscheinlich irgendeine Absonderung von einem Strauch, die man essen kann.“ – „Ist doch jetzt egal“, sagt Erika, die sich nicht gern unterbrechen lässt, „der Punkt war doch, dass sie das nicht aufheben konnten. Denn wenn sie es eingesammelt und aufgehoben haben, war es am andern Tag verdorben. Sie haben sich darauf verlassen müssen, dass es jeden Tag da ist. Das tägliche Brot – aber eben nur für heute – verstehst Du?“
„Nicht schlecht. Das gefällt mir“, sagt Erwin. „Aber für dich wäre das schwierig geworden – gar keine Vorräte ansammeln, oder, was meinst du?“ – „Du willst doch damit nicht sagen“, gibt Erika zurück, „dass du das so machen willst, nur in den Tag hinein leben: Gott wird uns schon zu essen geben.“ – „Dass du deine Tiefkühltruhe füllst im Sommer, also, ich glaub, da hat keiner was dagegen“, sagt Erwin. „Aber dass man sich klar macht: Ich bin jeden Tag darauf angewiesen, dass Gott mir hilft, diesen Tag zu überstehen – je älter ich werde, umso besser gefällt mir das.“
„Hm“, sagt Erika, „also bei mir ist das anders. Je älter ich werde, umso mehr frag ich mich, ob mir nicht irgendwann die Kraft ausgeht. Und wie ich da vorsorgen kann.“ – „Das ist es ja“, sagt Erwin. „Wir können nicht alles planen und für alles vorsorgen, nein, wir sollen einfach Vertrauen haben.“ – „Das sagt sich so leicht.“ – „Vielleicht solltest du ab und zu beten: Gib mir für heute genug Verstand und Kraft und hilf mir, diesen Tag gut zu überstehen.“
„Ach“, sagt Erika, „nur überstehen ist mir aber zu wenig. Wenn schon, dann möchte ich auch um ein bisschen Freude beten. Von mir aus auch nur für heute.“

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Erstellt am: 24.09.2014 12:38 Uhr

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