Zündfunke, 20.02.14

Andrea Bolz, Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
„Oh Mann, erzähl’s der Parkuhr!“ Beliebter Spruch, wenn einer redet, ohne aufzuhören. Wenn einer von Dingen redet, die niemanden interessieren. Wenn einer redet und wenn nicht wirklich jemand zuhören will. „Oh Mann, erzähl’s der Parkuhr!“ Denn die ist geduldig, hört sich alles an und kann ja auch nicht weggehen.
Deswegen gibt es im Internet eine Seite, die „parkuhr.net“ heißt. Sie ist eine Art virtueller Beichtstuhl. Man kann einfach eintragen, was man gerade auf dem Herzen hat. Und nach kurzer Zeit erscheint das mit all den anderen Beichten auf dem Bildschirm. Natürlich anonym. Und so werde ich auf Tastendruck los, was meine Seele drückt. Und finde Trost darin, dass es anderen gerade auch nicht besonders geht.
„Erzähl’s der Parkuhr“ bekommt also einen ganz neuen Sinn, sofern man über einen Internetanschluß verfügt. Und die Idee vom virtuellen Beichtstuhl finde ich erst einmal gar nicht so schlecht. Ich frage mich nur nach wie vor, warum es in der wirklichen Welt so schwer ist, jemanden zu finden, der geduldig zuhört, sich alles anhört und nicht weggeht. Und in letzter Konsequenz ist es für mich dann doch sehr traurig, dass die Menschen sich mit virtuellen Beichtstühlen wie facebook und Twitter beschäftigen wollen oder müssen, da es anscheinend keine realen Beichtstühle mehr für sie gibt.
Dass Zuhören können unter Menschen manchmal schwierig ist, weiß ich wohl. Aber mir fällt schon jemand ein, der geduldig zuhört, sich alles anhört und nicht weggeht. Und das ist Gott. Und mit dem kann man auch sehr direkt und jederzeit sprechen. Das nennt man dann Gebet.
Da geht es nicht um hochgestochene Worte oder brillant formulierten Seelen-Striptease. Da geht es einfach um Reden wie mit einem Freund. Einem Freund, dem man rückhaltlos vertraut. Der nicht jedes Wort auf die Goldwaage legt. Der auch nicht gleich mit guten Ratschlägen oder überflüssigen Kommentaren um sich wirft.
Und das Beste: Der behauptet sogar, dass er mich kennt. Dass er mich versteht. Und dass er mich auch dann noch mag, wenn ich wirklich Mist gebaut habe. Und wenn ich mir ab und zu einen Moment gönne, wo ich still werde und ganz bei mir bin, bekomme ich vielleicht sogar ein Gefühl dafür, dass Gott mir nah ist. Näher als alle meine sogenannten facebook Freunde, die auf der ganzen Welt zu finden sind. Er ist mir nahe, mit viel Geduld, offenen Ohren und unendlich viel Verständnis.

Infos unter:

Erstellt am: 21.02.2014 10:44 Uhr

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