Liebe Hörerinnen und Hörer!
Heute mache ich mich auf den Weg zu einem Gottesdienst auf der Nachbarinsel La Palma. Ein Tag zwischen Karfreitag und Ostern. Karsamstag oder Ostersamstag? Oder vielleicht sogar beides? Wir leben ja in der Zeit danach. Wissen, dass nach dem Karfreitagsdunkel die Sonne des Ostermorgens wieder scheint.
Per aspera ad astra. Durch das Rauhe zu den Sternen“, oder „Über raue Pfade gelangt man zu den Sternen“ oder „Durch Mühsal gelangt man zu den Sternen“ – so hat der alte lateinische Weise Seneca es einmal gesagt. Ist der Weg Jesu von Karfreitag nach Ostern oder vielleicht sogar der Lebensweg eines Menschen ganz allgemein damit richtig beschrieben? Manche Erfahrung hat das sicherlich bestätigt. Und gelegentlich machen wir eine solche ja auch. Es gibt eben die Durststrecken und dann wieder erfreuliche Phasen. Dieser Tag nach Karfreitag und vor Ostern kann Anlass sein, darüber nachzudenken und das gewisse Sinnhaftige alter Weisheiten zu überprüfen.
Für mich ist das heute eher weniger Anlass. Ich denke mehr an die Klammer, die es zwischen Karfreitag und Ostern gibt. Beide Feiertage sind ja nicht nur in einem Nacheinander zu verstehen, das sicherlich auch. Vor meinen Augen oder in meinem Gedächtnis steigen andere Worte und Bilder auf. Da ist in der Bibel von dem lebendigen und auferstandenen Jesus die Rede, den seine Jünger an den Kennzeichen der Kreuzigung erkennen. Die Wundmale an Händen und Füßen und die an der Seite, in die der Speer des Henkershelfers gestochen worden war.
Und später in der Offenbarung des Johannes wird der erhöhte Christus wie ein Lamm dargestellt, als Zeichen für Opfer und Stellvertretung. Ostern wird Karfreitag nicht vergessen lassen. Erfülltes Leben gewinnt seinen besonderen Wert, wenn die erfahrene Minderung und Bedrohung nicht aus den Augen verloren wird. Nach den Sternen zu greifen, wenn das überhaupt je gelingt, ohne an den beschwerlichen Weg dahin zu denken, ist wohl ein mehr utopisches Geschäft.
Ich habe die Klammer zwischen Karfreitag und Ostern gerne so gedeutet. Ostern setzt Karfreitag in Geltung. Die Versöhnung zwischen Gott und Mensch ist nicht am Kreuz gescheitert, sondern durch die Erscheinung des Auferstandenen endgültig bestätigt. Ich kann mich wirklich darauf verlasen, dass nichts und niemand mich von Gott und seiner Liebe trennen kann, nicht einmal der Tod. Und ich kann ganz gewiss sein, dass der menschenfreundliche und mitleidende Gott mit mir auf dem Weg ist, auch und gerade auf dem rauen und beschwerlichen.
Und ich darf darauf hoffen, dass nicht das Dunkel siegt und diese Welt auch nicht endgültig darin versinken wird. Ostern aber wird es nicht auf einmal. Im Blick auf Morgen machen wir heute einen ersten Schritt.
Johann Weingärtner, Pfr. Der Evang. Kirche Teneriffa Nord
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Erstellt am: 14.04.2014 19:36 Uhr