Andrea Bolz, Deutschsprachige katholische Gemeinde, Puerto de la Cruz
Einen wunderschönen guten Morgen, liebe Schwestern und Brüder!
Jahrhunderte lang war es guter und bekannter Brauch. Dreimal am Tag, morgens um sechs, mittags um zwölf und abends um sechs wurden die Kirchenglocken geläutet: und keiner regte sich über die sogenannte „Lärmbelästigung“ auf. Es wurde zum „Angelus“ geläutet – dem „Engel des Herrn.“ Die Glocken läuteten durchs ganze Land. Und überall stockte der Alltag. Sogar die Bauern weit draußen auf den Feldern ließen die Arbeit, Arbeit sein und beteten. Sie beteten den „Angelus“, eine Gebetsform aus dem 17. Jahrhundert. Drei „Gegrüßet
seist du Maria“, verbunden mit Versen aus dem Evangelium.
„Verstaubte Tradition“, „nicht mehr zeitgemäß“, „kann ich nichts mit anfangen“, „bringt mir nichts“, „stumpfsinnige Wiederholungen“, mögen manche darüber denken. Die Aussagen dieses alten Gebets treffen allerdings mitten in das Zentrum des christlichen Glaubens. Wir sind mitten im Oktober, im sogenannten Rosenkranzmonat, jenem Monat, der neben dem Monat Mai im Besonderen Maria gewidmet ist. Ein Grund mehr, um Maria wieder einmal stärker hervorzuheben; und wenn ich die Botschaft des Angelusgebetes, die das Mädchen Maria da von Gott gehört hat, direkt auf mich anwende, dann ist sie plötzlich ganz aktuell.
„Der Engel des Herrn bringt eine Botschaft und wir empfangen vom Heiligen Geist“, so heißt es in diesem Gebet, wenn wir es auf uns übertragen.
Was für eine Aussage. Gott schickt mir eine Botschaft, deren Inhalt ich nicht fassen kann.
Ich kann sie „empfangen“, aber ich muss damit im wahrsten Sinne des Wortes
„schwanger gehen“, ich muss darüber nachdenken und „brüten“ und sie dann in die Welt bringen. Dabei muss mir klar sein, dass Gott immer in indirekter Weise zu mir spricht. Oft in unauffälligen, alltäglichen Kleinigkeiten, in Zufällen, die ich erst später als wichtig erkenne. Ich brauche also ein ganz offenes inneres Ohr, muss hellwach sein, auch gegenüber meinen Mitmenschen. Dann kann ich hören, was Gott hier und heute von mir will. Dem Mädchen Maria ist das wohl so ergangen. Sie stand im Dialog mit Gott. Und sie antwortete ihm: „Mir geschehe nach deinem Wort.“ Übersetzt heißt das: „Ich bin ganz für dich da. Ich ordne mich deinem Willen unter, und ich werde tun, was du von mir verlangst.“ Auch das ist für aufgeschlossene Ohren unverständlich, ungeheuerlich, frauenfeindlich, typisch katholisch, eben! Wer will sich heute schon freiwillig unterordnen und seine Freiheiten beschneiden lassen? Aber Vorsicht! Vielleicht ist das Gegenteil der Fall. Wer heute betet, der wird das nicht als Freiheits-beraubung ansehen. Der schenkt sich eine Auszeit zum Abschalten, zum Hören, zum in sich hineinhorchen, um frei zu sein für sich und für Gott.
Infos unter:
Erstellt am: 19.10.2013 13:03 Uhr