Zündfunke, 18.04.14

Liebe Hörerinnen und Hörer,
nun ist er da, dieser eher dunkle Tag. Karfreitagsstimmung. Ich erinnere mich an meine Kindheit in einem christlich stark geprägten Elternhaus. Lautes Sprechen oder gar Streiten war unter uns 6 Geschwistern weniger erwünscht. Auch das Spielen hatte zu unterbleiben, das doch sonst einen so großen Raum mit vielen anderen Kindern aus der Nachbarschaft gerade an anderen Sonn – und Feiertagen eingenommen hatte. Aber es war nicht nur einfach ein Verbot.
Ich erinnere die Eltern und auch die Großmutter, die mit uns Kindern aus einer alten Bilderbibel die Passionsgeschichte und besonders den Karfreitag betrachteten.
Lärm und lautes Spielen war danach für unsere Kinderseelen eher von ganz allein nicht angesagt.
Ich habe daraus für mein ganzes Leben einiges an Gewinn ziehen können. Der Karfreitag ist weniger der Tag großer intellektueller Auseinandersetzung über den Sinn des Todes Jesu. Ist er eher ein Opfertod oder doch mehr das Zeichen von großer Liebe, die auch bereit ist dafür zu sterben? Oder von Treue, die dem Leiden nicht ausweicht, sondern durchhält und mag sie auch das Leben kosten? Oder zeigt sich in diesem Tod die Bereitschaft zur Stellvertretung, wie sie in der Nachfolge Jesu so viele praktiziert haben, wie zum Beispiel Pater Maximilian Kolbe, der sich für einen Familienvater in Auschwitz freiwillig erschießen ließ?
Das alles spielt wohl mit im Nachdenken über den heutigen Tag und den Tod Jesu am Kreuz.
Aber immer wieder spüre ich in mir den Wunsch, die Darstellungen der Kreuzigungsszene von kleinen und großen Meistern der Kunst, einfach nur zu betrachten und auf mich wirken zu lassen. Auch in den stärker von der Marienverehrung geprägten Kirchen unserer Insel findet man, für einen Protestanten manchmal befremdlich, an etwas versteckten Orten solche Darstellungen. Mich beeindruckt am meisten die Art und Weise, wie Künstler sich zeitgenössisch in ihrer Prägung haben beeinflussen lassen.
In der Zeit der Romanik trägt auch der Gekreuzigte häufig eine Ehrenkrone auf erhobenem Haupt, die eben auf Hoheit hinweist, und nicht die Dornenkrone. Die Botschaft lautet: Gerade am Kreuz zeigt sich Jesu Hoheit. Der Evangelist Johannes hat diesen Gedanken stark betont. Wenn ich erhöht werde von Erde – so sagt Jesus einmal und Johannes ergänzt: Solches sagte er um anzuzeigen, welchen Todes er sterben würde.
Später in der Gotik, besonders am Ende des 15. und Anfang des 16. Jahrhunderts steht das Leiden im Mittelpunkt. Dornenkrone, Blut im Gesicht, gequälter Ausdruck, geneigtes Haupt. Zeit der Kriege und Seuchen spiegelt sich wieder. Womit kann man sich identifizieren? Der mit leidende Gott, den Jesus repräsentiert, ist es eher als der hoheitsvolle. Zumindest in dieser genannten Epoche.
Und wer ist er für mich heute, und für Sie, liebe Hörerinnen und Hörer?
Mit dieser offenen Frage möchte ich Sie in diesen Tag entlassen. Gott segne Sie auch und gerade, wenn Sie sich auf den Weg machen mögen, um die Bedeutung des Gekreuzigten, vielleicht in einer unserer Kirchen, für sich zu entdecken.

Johann Weingärtner, Pfr. Der Evang. Kirche Teneriffa Nord

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Erstellt am: 14.04.2014 19:34 Uhr

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