Zündfunke, 17.08.13

„Wie oft muss man eigentlich vergeben?“ wurde Jesus einmal gefragt. „Sieben mal?“ – Sieben mal – das wäre klasse. Da wäre man schnell fertig. Ja, da hätte ich mein Soll schon lange erfüllt… Auf der anderen Seite: So eine genaue Zahlenangabe ist doch absurd. Wenn ich mir vorstelle: Da gehe ich hin und bitte jemanden um Verzeihung und der antwortet: „Tut mir leid, mein Kontingent an Vergeben ist bereits erfüllt, ich bin fertig mit Vergeben. Ein für alle mal.“ – Das wäre doch schrecklich!
Wie bei dem alten, kranken Mann, der sehr zurückgezogen lebte, nachdem er sich aus dem Berufs- und aktiven Vereinsleben zurückgezogen hatte. Keiner schien ihn zu vermissen als er krank wurde, deshalb hatte ihn auch keiner besucht. Als dann eines Tages eine Frau des Gemeindebesuchsdienstes bei ihm anklopfte, schnauzte er die Frau an: „Jetzt bin ich so viele Jahre nicht besucht worden, dann braucht jetzt auch keiner mehr kommen!“ „Das tut mir sehr leid…“ wollte die Frau ihm antworten, aber er schrie sie nur an: „Das ist zu spät, ein für alle mal!“ und knallte ihr die Tür vor der Nase zu.
Diese Frau war ziemlich vor den Kopf gestoßen. Aber viel schlimmer ist die Verbitterung des alten Mannes. – Fertig sein mit Verzeihen – darunter leidet am allermeisten derjenige, der damit fertig ist. Denn mit dieser Lebenseinstellung ist man auch fertig mit den Menschen. Was bleibt, ist Isolation, Einsamkeit und Grübeln über die ungerechte Welt.
Menschen können nur glücklich sein, solange sie verzeihen können. Deshalb hat Jesus auf die Frage „Wie oft muss man eigentlich vergeben?“ geantwortet: „Nicht sieben mal, sondern sieben mal siebzig mal.“ Bei sieben mal siebzig Mal kann man nicht mehr Buch darüber führen, da verliert man den Überblick. Sieben mal siebzig Mal bedeutet: Immer.
Aber kann ich das: Immer vergeben? Ich für meinen Teil sage: Nein. Ich bin ja auch nicht immer glücklich. Manchmal brauche ich viel Zeit. Und manchmal kann ich mir nicht vorstellen, dass die Zeit helfen wird. Aber ich spüre, dass ich auf Vergebung angewiesen bin, um ein geglücktes Leben führen zu können.

Infos unter: http://www.katholische-gemeinde-teneriffa.de/

Erstellt am: 26.08.2013 14:35 Uhr

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