Zündfunke, 16.12.13

Gemeindereferentin Andrea Bolz, Deutschsprachige Katholische Gemeinde Puerto de la Cruz
Einen wunderschönen guten Morgen, liebe Schwestern und Brüder!
Advent – eine Zeit der Geschichten. So möchte ich Ihnen in diesem Jahr in der letzten Adventswoche wieder eine Geschichte mit auf ihren ganz persönlichen Adventsweg geben, weil diese Geschichte versucht, uns allen Weihnachten ein Stück näher zu bringen. Die Geschichte handelt von Jakob, der Stadtschreiber in Bethlehem war.
„Dass ich Stadtschreiber wurde, verdanke ich einem Zufall. Ich lebte mit meiner Familie in Bethlehem. Mein Vater war ein Tuchhändler. Ich, Jakob, der älteste von fünf Söhnen, durfte ihn manchmal auf seinen Reisen begleiten. Einmal – ich war gerade elf Jahre alt – musste er geschäftlich nach Jerusalem zu Ephraim, dem Hofschneider des Königs Herodes. Ich durfte ihn begleiten, und deshalb verschwieg ich, dass es mir bereits seit einigen Tagen sehr schlecht ging. Die Reise fiel mir schwer. Etwa auf der Hälfte der Strecke merkte mein Vater endlich, was mit mir los war. Doch zum Umkehren war es zu spät. An unsere Ankunft in Jerusalem kann ich mich gar nicht mehr erinnern. Ich hatte so hohes Fieber, dass ich phantasierte. Vater brachte mich zu einem Arzt, der mir kalte Wickel machte und eine Kräutertinktur einflößte. Er gab uns die Adresse eines Rabbis, wo ich unterkam. Eine Herberge hätte mich in diesem Zustand nicht aufgenommen – wegen der Ansteckungsgefahr. Täglich schaute mein Vater nach mir, doch ich erholte mich nur langsam. Nach sechs Tagen riefen ihn seine Geschäfte zurück. Der Arzt sagte ihm, dass ich keinesfalls mitreisen dürfe, denn das sei lebensgefährlich. So blieb ich also bei dem besagten Rabbi.
Nie hätte ich gedacht, dass daraus ein halbes Jahr werden würde. Aber wenige Tage nach meines Vaters Abreise überbrachte ein Handelspartner die Nachricht, dass auch er erkrankt sei. Ich hatte ihn wohl angesteckt. Doch anscheinend war er nicht so schwer erkrankt wie ich, da es bereits vier Wochen später hieß, dass er dringend nach Kairo reisen müsse und er mich dann auf dem Rückweg mitnehmen würde. Aber Kairo ist ja nicht gerade um die Ecke und so blieb ich mehr als 6 Monate in Jerusalem.
Inzwischen ging es mir wieder gut. Rabbi Jojakim war ein freundlicher Mann. Er sorgte rührend für mich. Und er war außerordentlich klug. Jeden Morgen um zehn nahm er mich mit in die Synagoge. Dort lehrte er einige Jerusalemer Kinder aus vornehmen Familien anhand der Thora Lesen und Schreiben. Da ich nach Meinung des Rabbis zum Lesen lernen bereits zu alt war, musste ich mich einfach zu den anderen Kindern mit dazu setzen. Jedes Wort aber, das die Kinder vorlasen, verfolgte ich in der Schriftrolle. Mühelos prägte ich mir jeden Buchstaben ein. Als der Rabbi mein Interesse merkte, gab er mir endlich auch eine Thorarolle, ein Stück Pergament, eine Feder und Tinte. Vier Monate später hatte ich schon die ersten zwei Bücher Mose gelesen. Der Rabbi staunte über mein Talent. Als mein Vater mich abholen kam, wunderte er sich sehr. In unserer Kleinen Stadt sprach sich mein Können schnell herum. Und ein Jahr später – ich war noch keine 13 Jahre alt –stand der Bürgermeister vor unserer Tür und fragte meinen Vater, ob ich Stadtschreiber von Bethlehem werden dürfe.“

Infos unter:

Erstellt am: 22.12.2013 13:03 Uhr

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