Zündfunke, 16.08.14

Diakon Bertram Bolz
Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Einen guten Morgen, wünsch ich Ihnen, liebe Schwestern und Brüder!
Kreuze am Straßenrand, wer von uns kennt sie nicht. Sie sind Zeichen dafür, dass an dieser Stelle jemand tödlich verunglückt ist. Oberhalb unseres Hauses ist seit ein paar Jahren auch so ein Kreuz am Straßenrand und ich kann eigentlich nie daran vorbei fahren, ohne wenigstens flüchtig daran zu denken, dass ein 16-jähriger hier mit seinem Moto tödlich verunglückt ist. Als ich jetzt in Deutschland war, da sind mir in meiner früheren Heimat auf vertrauten Straßen auch neue Kreuze aufgefallen. Spontan gehen mir da dann so Fragen durch den Kopf wie: Wer mag hier wohl verunglückt sein? Wie ist es passiert? Wie mag es jetzt wohl den Angehörigen gehen?
Manche dieser Kreuze sind ja verwittert und ungepflegt – Zeichen dafür, dass der Unfall vielleicht schon lange zurückliegt oder dass die Angehörigen diese Stelle nicht mehr als ihren Ort der Trauer und Erinnerung benötigen. Andere dagegen sind frisch bepflanzt und äußerst akkurat gepflegt – Zeichen dafür, dass sich jemand viel Mühe gibt und viel Zeit aufwendet an diesem Ort – in Gedanken und Gefühlen sicher voll Trauer und Sehnsucht an den oder die Verstorbene denkt.
Ich finde es gut, dass Polizei und Straßenmeisterei diese Kreuze dulden, obwohl es ja eigentlich nicht erlaubt ist, sie aufzustellen. Aber nur so können diese Zeichen für Tod und Trauer eben auch noch einen anderen Zweck erfüllen – nämlich zu mahnen. Und das sicher eindringlicher als Geschwindigkeitskontrollen oder Verbotsschilder. „Fahr vorsichtiger, langsamer, rücksichtsvoller“ scheinen einem diese Mahnmale zuzurufen. „Du hast nur ein Leben und Gesundheit kann man sich nicht kaufen. Fordere dein Schicksal nicht heraus, vertraue der Technik oder deinem Reaktionsvermögen nicht einfach blindlings.“ Vielleicht mahnen sie auch: „Lebe dein leben so intensiv wie möglich, denn du weißt nicht, wann es denn vorbei ist.“ Laut Statistik sind es überwiegend junge Menschen, die an solchen Kreuzen ihr Leben gelassen haben. Und die meisten dieser schrecklichen Unfälle passierten an Wochenenden, wo man sich ins pralle Leben aufmachen wollte und plötzlich den Tod gefunden hat. Zuviel PS, bei zuwenig Fahrpraxis, Alkohol oder einfach auch Aufschneiderei haben der sicher geglaubten Zukunft ein jähes Ende gesetzt.
Ich fahre an solchen Straßenkreuzen vorbei und es lässt mich eben nicht kalt, wenn ich mir vorstelle, dass vielleicht gänzlich Unbeteiligte mit in den Unfall verwickelt waren. Mir fällt dazu ein oft zitierter Vers aus dem Alten Testament ein: Alles hat seine Zeit, eine Zeit zum Leben und eine Zeit zum Sterben. Aber häufig ist der Zeitpunkt des Todes eben nicht der Wille Gottes, sondern der Mensch ist verantwortlich dafür, wann die Zeit zum Sterben gekommen ist. Wenn die Kreuze am Straßenrand dafür sorgen, dass weniger Menschen tödlich verunglücken und damit mehr vom Leben haben, dann hat der Tod derer, die sie symbolisieren, wenigstens etwas Sinn gehabt.

Infos unter:

Erstellt am: 18.08.2014 20:14 Uhr

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