Zündfunke, 15.09.13

Diakon Bertram Bolz, Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Wenn Sie Ihre Stimme noch nicht abgeben haben, dann sollten Sie das jetzt aber ganz schnell tun; sonst reicht das vielleicht nicht mehr bis zur Auszählung. Apropos „abgeben“. Nehmen Sie das bitt e nicht ganz wörtlich. Wer seine Stimme abgibt, hat ja dann keine mehr… Ist das womöglich so gemeint? Dass wir nur als Stimmvieh an die Urnen getrieben werden und nachher für vier Jahre verstummen? Dann hätte die Politik mit uns ein leichtes Spiel. „Sei schön fleißig und nicht faul, zahl´ deine Steuern und halt‘ s Maul…“ Dieser heiße Spruch prangte – handgestickt – jahrelang überm Küchentisch meiner Großmutter. Eine lebendige Demokratie aber setzt Mündigkeit voraus, Stimmfähigkeit also, die nicht mit der Stimmabgabe verloren geht. Wir müssen also auch nach der Bundestagswahl am Sonntag weiterhin laut sagen, was ist: dass zum Beispiel auch in diesem Jahr wieder Tausende junger Leute in Europa keine Lehrstellen finden; dass sich manche schamlos bereichern; dass man Arbeitsplätze platt macht, um Renditen zu steigern und..und…und. Selbst jene israelitischen Sippen, die da unter der Führung von Mose und Aaron durch die Wüste zogen – einer ungewissen Zukunft entgegen, murrten gegen ihre Führer, so berichtet die Bibel. Später waren es in Israel vor allem die Propheten, die einfach keine Ruhe gaben, wenn sich die Politik mal wieder selber zelebrierte und das Gemeinwohl vernachlässigte. Murren, meckern, damals nicht ganz ungefährlich, ist in der Demokratie die erste Bürgerpflicht. Mehr noch: man kann in Parteien mittun, in Initiativen und Bewegungen aktiv werden und so Einfluss nehmen. Mit Ihrer direkten Stimme werden Sie am Sonntag einem Menschen Ihr Vertrauen schenken. In Ihrem Namen werden die Gewählten Politik machen. Kein leichtes Geschäft heutzutage. Man kann nicht einfach wie Mose mit dem Zauberstab gegen den Felsen klopfen und schon strömt lebenspendendes Wasser hervor. Genau so wenig fällt eines Morgens gar Manna vom Himmel. Mühsam müssen Interessen abgewogen und Mehrheiten gefunden werden. Wir, die Wählerinnen und Wähler, dürfen es den Gewählten aber auch nicht zu leicht machen. Abgeordnete müssen sich in einer Demokratie ständig stellen und verantworten – mit dem Ohr und dem Herzen ganz nahe dran an den Menschen. Sie müssen sich beim Wort nehmen lassen. Denn für die Demokratie gilt, was Jesus einmal in einem Rangstreit seiner Jünger zur Regel machte: „Wer der Größte unter euch sein will, der sei euer Diener…“  

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Erstellt am: 16.09.2013 10:37 Uhr

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