Zündfunke, 15.08.14

Diakon Bertram Bolz
Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Kennen Sie das noch aus ihrer alten Heimat, liebe Schwestern und Brüder? Da war es Jahrhunderte lang ein guter und bekannter Brauch, dreimal am Tag – und zwar morgens um sechs, mittags um zwölf und abends um sechs Uhr – die Kirchenglocken zu läuten, zum sogenannten „Angelus“ – dem „Engel des Herrn“. Die Glocken ließen die Leute bei der Arbeit innehalten, ja sogar die Bauern draußen auf dem Feld ließen ihre Arbeit Arbeit sein und beteten den „Engel des Herrn“. Es ist eine Gebetsform aus dem 17. Jahrhundert und es beinhaltet drei „Gegrüßet seist du Maria“, verbunden mit Versen aus dem Evangelium. „Verstaubte Tradition“, „nicht mehr zeitgemäß“, „ja da kann ich ja gar nichts damit anfangen“, mag der ein oder die andere dazu sagen.
Die Aussagen dieses alten Gebets treffen allerdings mitten in das Zentrum des christlichen Glaubens. Heute, am Fest Maria Himmelfahrt, dem Festtag in Candelaria und auf der Insel schlechthin, da lohnt es sich, genau daran zu erinnern. Denn wenn ich die Botschaft, die das Mädchen Maria da von Gott gehört hat, direkt auf mich anwende, dann ist sie plötzlich mehr als aktuell. „Der Engel des Herrn bringt eine Botschaft und wir empfangen vom Heiligen Geist“, so heißt es in diesem Gebet – stellvertretend für uns alle an Maria gerichtet. Was für eine Aussage. Gott schickt mir – ihnen und mir eine Botschaft, deren Inhalt ich nicht fassen kann. Ich kann sie „empfangen“, aber ich muss damit im wahrsten Sinne des Wortes „schwanger gehen“, ich muss darüber nachdenken und „brüten“ und sie dann in die Welt bringen. Dabei muss mir klar sein, dass Gott in indirekter Weise zu mir spricht. Oft in unauffälligen, alltäglichen Kleinigkeiten; in Zufällen, die ich vielleicht erst viel später als wichtig erkenne. Ich brauche also ein ganz offenes, inneres Ohr, muss hellwach sein, auch gegenüber meinen Mitmenschen. Nur dann kann ich wirklich hören, was Gott hier und heute von mir will.
Dem Mädchen Maria ist das wohl so ergangen. Sie stand im Dialog mit Gott und sie antwortete ihm: „Mir geschehe nach deinem Wort.“ Übersetzt würde ich sagen heißt das: „Ich bin ganz für dich da. Ich ordne mich deinem Willen unter und ich werde tun, was du von mir verlangst.“ Auch das ist für viele Ohren unverständlich und ungeheuerlich. Wer will sich heute denn schon freiwillig unterordnen und seine Freiheiten beschneiden lassen? Aber Vorsicht! Vielleicht ist ja auch das Gegenteil der Fall. Wer heute betet, der wird das nicht als Freiheitsberaubung ansehen. Der schenkt sich eine Auszeit zum Abschalten, Hören, frei sein für mich und für Gott: Deshalb am heutigen Feiertag ein kurzes Gebet:
„Herr, sende uns deinen Heiligen Geist, so wie du den Engel zu Maria gesandt hast. Sende uns einen Heiligen Geist, damit er uns fähig macht, dein Wort aufzunehmen, es in uns stark werden zu lassen und die Welt dadurch ein wenig lebenswerter zu machen. Amen.“

Infos unter:

Erstellt am: 18.08.2014 20:13 Uhr

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