Zündfunke, 14.09.13

Diakon Bertram Bolz, Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Ein kurzer, wenig hitziger Wahlkampf neigt sich seinem Ende zu, verehrte Schwestern und Brüder. Sicher: es gibt Werbespots der Parteien, lautstarke Veranstaltungen auf öffentlichen Plätzen, Rede-Duelle… Irgendwie erinnert mich das alles ein wenig an jenes makabre Ritual vergangener Zeiten, bei dem sich zwei Rivalen im Morgengrauen mit Degen oder Pistole in der Absicht entgegen traten,  den andern um der eigenen Ehre willen vorzeitig ins Jenseits zu befördern. Gott sei Dank – bislang hat man noch niemanden tot aus dem Studio tragen müssen. Man kreuzte ja nur verbal die Klingen.
Wissen Sie nun, wen Sie morgen in 8 Tagen wählen werden? Brauchen Sie noch Entscheidungshilfe? Dann empfehle ich Ihnen das Kapitel 34 im Buch Ezechiel im Alten Testament. In dieser Gleichnisrede rechnet Gott mit der politischen Klasse in Israel ab: „Weh den Hirten, die nur sich selber weiden. Ihr trinkt die Milch, nehmt die Wolle und schlachtet die fetten Tiere, aber ihr führt die Herde nicht auf die Weide“. Das sitzt, aber damit nicht genug, gleich noch eins drauf: „Die schwachen Tiere stärkt ihr nicht, die kranken heilt ihr nicht, die verirrten sucht ihr nicht und die starken misshandelt ihr…“ So kennen wir den Gott der Bibel nicht. Der flippt fast aus vor Wut. Am Ende fordert er seine Herde zurück. Er will sie selber zur Weide führen. Chefsache sozusagen. „Ich selbst sorge nun für Recht zwischen den fetten und mageren Schafen. Ihr habt die schwachen Tiere mit euren Hörnern weggestoßen. Deshalb will ich selbst meinen Schafen zu Hilfe kommen“, spricht Gott, „sie sollen nicht länger eure Beute sein.“
Das klingt nach einer anderen „Agenda“ als jener, die man heute den Nationen verordnet hat. Das Polit-Modell der Bibel entscheidet sich eindeutig an der sozialen Gerechtigkeit. Ein Staat, der nicht mehr „Sozialstaat“ sein will, verfehlt sich selber. Er gleicht – und das ist starker Tobak aus dem Mund des altehrwürdigen Kirchenvaters Augustinus – „einer organisierten Räuberbande“.
Ich sehe schon die Entrüstung auf den Mienen der Parteistrategen. Natürlich wird der Sozialstaat bleiben. Aber nun will ich mal die „Vertrauensfrage“ stellen: Was ist der euch denn wirklich wert? Was darf er denn zukünftig noch kosten? Wie steht es um die Verteilungsgerechtigkeit zwischen Arm und Reich? Werden die Lebensrisiken wie Krankheit und Alter solidarisch abgesichert oder muss da jede und jede für sich selber sorgen?
Das Regierungsprogramm Gottes, wie es der Prophet Ezechiel proklamiert, passt nachgerade auf einen Bierdeckel: „Auf gute Weide will ich meine Schafe führen und sie dort ruhen lassen. Ich will ihr Hirt sein und für sie sorgen, wie es recht ist.“

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Erstellt am: 16.09.2013 10:35 Uhr

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