Andrea Bolz
Wir sind mal wieder in der Fastenzeit angekommen. Einige Tage haben wir schon hinter uns, die größte Zeit aber noch vor uns. Deshalb heute meine Frage: brauchen wir wirklich noch eine Fastenzeit? „Nein“, sagt mir eine ältere Frau. „Ich habe genug von Verboten und Verzicht. Bleib mir damit vom Leib, das hatte ich mein ganzes Leben lang. Das ist doch nicht mehr zeitgemäß“! „Aber Ja“, sagt eine andere. „Ich brauche Zeiten wie die Fastenzeit. Die stoßen mich an, über mein Leben nachzudenken. Dazu gehe ich jetzt jede Woche ausgiebig spazieren.“ „Nicht zeitgemäß“, „anstößig“, „verrückt“. Das hat sich auch Jesus anhören müssen. Die einen hat er provoziert, anderen geholfen, er hat Frieden gestiftet und gleichzeitig Menschen verärgert. Wenn er von Gott sprach, hat er die Zuhörer verwirrt: Gott ist ganz nah bei den Menschen – aber nicht zu greifen. Er ist der Welt zugewendet – aber nicht von dieser Welt. Gott bleibt immer auch rätselhaft. In der Fastenzeit versuchen viele Menschen, diesem Rätsel ein wenig näher zu kommen. Sie lassen sich dazu von Jesus provozieren. Sie probieren aus, wie es ist, „anders“ zu sein. Sie verzichten ganz bewusst auf etwas oder verändern eingefahrene Gewohnheiten, sie hören mehr auf ihre innere Stimme. Immer geht es darum, den eigenen Weg zu finden, den Weg zur Mitte, um immer mehr Mensch und immer mehr Christ zu sein. Auf Jesus zu hören, das provoziert. Jesus fordert auf, dem Inneren, der Persönlichkeit mehr Raum zu geben als dem „Image“ und dem äußeren Schein. Er macht uns Mut, unsere Grenzen auszuloten. Aber er lehrt uns auch, dass wir nicht alles machen können. Es ist eine ziemliche Gratwanderung zwischen Rebellion und Bescheidenheit. Ein brasilianischer Priester formuliert das so: …
Ich will alleine bleiben, und Er sagt mir: Komm und folge mir!
Ich schmiede Pläne, und Er sagt mir: gib sie auf!
Ich will begreifen, und er sagt mir: glaube!
Ich will Poesie, und er redet mir konkret.
Ich will Gewalt, und Er redet mir vom Frieden!
Ich rede vom Frieden, und Er sagt mir, er sei gekommen, um das Schwert zu bringen.
Ich will größer sein, und Er sagt mir: werde wie ein Kind!
Ich will mich verstecken, und Er sagt mir zeige dein Licht!
Ich will auf den ersten Patz, und Er sagt mir: setz dich auf den letzten! Nein! Ich versteh diesen Jesus nicht!
Er provoziert mich.
Wie so viele von seinen Jüngern hätte auch ich Lust, mir einen anderen Messias zu suchen, der klarer ist und mich weniger fordert.
Aber… ich kenne keinen, der wie Er Worte des ewigen Lebens hat.
Und deshalb bleibe ich bei ihm“. (Pater Zezinho)
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Erstellt am: 17.03.2014 10:50 Uhr