Zündfunke, 13.11.13

Diakon Bertram Bolz, Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Da sitze ich so vor dem Fernseher, verehrte Schwestern und Brüder, und lasse mich vom Werbeblock berieseln. Ich sehe zwei gelangweilte Hunde auf einem Sofa, die erst dann enthusiastisch mit dem Schwanz wedeln, als man ihnen ihr Weihnachtsgeschenk präsentiert. Einen riesigen Knochen. Und soll ich Ihnen was sagen: Dies alles geschah mitten im Oktober. Ja, vor knapp drei Wochen ist mir bei diesem Werbespot einfach der Mund offen geblieben. Und das mag was heißen, wenn es mir mal die Sprache verschlägt. Es war ein Tag, an dem der Himmel wunderblau war. Das gibt es übrigens nicht nur hier, sondern das kennen wir ja alle auch von den sogenannten „goldenen Oktobern“ im deutschsprachigen Raum. Hier gingen die Menschen baden und in unseren Heimatländern haben an diesem Tag wahrscheinlich Kinder mit Kastanien gespielt und Drachen steigen lassen – ganz so, wie man das im Herbst eben so macht. Im Herbst wohlgemerkt. In dem das adventliche Glänzen noch so weit weg ist wie der Mond von der Sonne. Oder wenigstens sein sollte – nach meinem Dafürhalten.
Advent ist in meinen Augen im Dezember. Das gilt alle Jahre wieder und ist alte Tradition. Aber ich stelle seit einigen Jahren fest: alle Jahre wieder werde ich eben mit Christstollen belästigt, bevor ich noch den Erntedank-Kürbis verzehrt habe. Alle Jahre wieder soll ich an Weihnachten denken, bevor ich der Toten gedacht habe, wie es für mich zum November gehört, seit ich denken kann.
Ja, Advent ist im Dezember. Und ich will, dass er da auch bleibt. Übrigens nicht nur ich: Denn wenn man den Umfragen glauben darf, will das auch der Großteil der Bevölkerung in derselben Weise. Und trotzdem werden wir Jahr für Jahr um Wochen unseres Lebens betrogen und aus dem Rhythmus der Zeit geworfen. Gut, das mag möglicherweise dem Einzelhandel dienen (wobei ich mir da gar nicht so sicher bin), aber es dient sicher nicht dem Menschen.
Ich will Erntedank feiern und der Reformation gedenken. Ich will im November an alle Heiligen denken und an unsere Toten. Das hilft mir nicht zu vergessen, dass ich endlich bin. Alles Inhalte einer Jahreszeit, die es bald nicht mehr gibt. Weil nach den Sommermonaten ja nahtlos in die stille Nacht hineingedudelt wird. Und die einzigen, die etwas dagegen tun können, das sind wir. Indem wir es einfach nicht mit uns machen lassen. Und den Christstollen so lange links liegen lassen, bis er an Weihnachten endlich an der Reihe ist und dann auch tatsächlich schmeckt.

Infos unter:

Erstellt am: 16.11.2013 11:04 Uhr

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert