Diakon Bertram Bolz, Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Guten Morgen liebe Schwestern und Brüder!
Wenn jemand die Aussage macht: Not lehrt beten, dann lässt genau dies viele gläubige Menschen zustimmend nicken. Wahrscheinlich kommen ihnen dabei Ereignisse aus ihrer Vergangenheit in den Sinn, in denen sie so traurig und verzweifelt waren, dass sie sich in ihrer Not an Gott gewandt haben. Ein wenig verschämt gibt dann der ein oder die andere zu, in guten Zeiten eben genau dies – das Beten – vernachlässigt zu haben. Ein überaus menschliches Phänomen. Es gibt aber auch zunehmend mehr Menschen, die überhaupt nicht mehr beten. Warum? Ich weiß es nicht. Doch für einige hängt es sicherlich auch damit zusammen, dass sie sich fragen: Wie soll ich denn beten?
Das ist eine uralte Frage, die schon die Jünger Jesu beschäftigt hat und deshalb haben sie ihn auch ganz dezidiert danach gefragt. Und Jesus? Er lehrt sie daraufhin das Vater unser. Denn – so will ich das von der Seite Jesu aus interpretieren – wer betet, der bringt sein Leben vor Gott, den Vater im Himmel. Der betende Mensch dankt für alles, wofür es sich zu danken lohnt. Er bittet um etwas, wonach er sich sehnt. Er spricht von den Sorgen, die ihn plagen und häufig klagt er auch. Selbst eine solche Anklage ist kommunikativ, ein Austausch mit Gott, dem wir unser Leben verdanken. Und dieser Austausch kann den Menschen verändern, ihn dazu bringen, über sich hinaus zu sehen und den anderen und Gott mit in den Blick zu bekommen. Beten will geübt sein, an verschiedensten Orten und zu den unterschiedlichsten Gelegenheiten. Zuhause oder bei der Arbeit, am Morgen oder vor dem Zubettgehen. Wichtig ist, sich eine gewisse Regelmäßigkeit anzugewöhnen – so wie eine Freundschaft, die nicht gepflegt wird auseinandergeht, kann die Beziehung zu Gott auch schnell einrosten. Wer Schwierigkeiten mit dem Beten hat, darf Gott ruhig darum bitten, ihm dabei zu helfen. Das kann ganz unorthodox sein, wie folgende Geschichte zeigt: Spätabends merkte ein armer Bauer auf dem Heimweg vom Markt, dass er sein Gebetbuch nicht bei sich hatte. Da ging mitten im Wald ein Rad seines Karrens entzwei und es tat ihm leid, dass dieser Tag vergehen sollte, ohne dass er seine Gebete sprechen konnte. Also betete er: „Ich habe etwas sehr Dummes getan. Ich bin heute Morgen ohne mein Gebetbuch von zu Hause fortgegangen und mein Gedächtnis ist so schlecht, dass ich kein einziges Gebet auswendig sprechen kann. Deshalb werde ich folgendes tun: ich werde fünfmal langsam das ganze ABC aufsagen und du, der du alle Gebete kennst, kannst die Buchstaben zusammen setzen und daraus die Gebete machen, an die ich mich nicht erinnern kann.“ Und der Herr sagte zu seinen Engeln: „Von allen Gebeten, die ich heute gehört habe, ist dies ohne Zweifel das beste, weil es aus einem einfachen und doch so ehrlichen Herzen kam.“
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Erstellt am: 16.11.2013 11:02 Uhr