Zündfunke, 12.09.13

Diakon Bertram Bolz, Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Guten Morgen, liebe Schwestern und Brüder! Wenn man gemeinsam unterwegs ist, beim Wandern oder im richtigen Leben, als Paar oder mit der Familie, mit Freunden oder bei der Arbeit – dann braucht man ab und zu eine Stärkung, sonst geht’s nicht mehr weiter. Beim Wandern braucht man ein kräftiges Vesper und vor allem zu trinken, im richtigen Leben braucht man auch, was einem neue Kräfte gibt. Manchmal reichen ein paar gute Worte, ein kleiner Erfolg, ein fröhlicher Nachmittag. Manchmal muss es mehr sein: ein Projekt, an dem man Freude hat weil es gut läuft, oder dass man plötzlich wieder spürt: ja, es ist wahr, der andere liebt mich – immer noch. Wenn man unterwegs ist und nichts zum Trinken dabei hat, dann kann der Weg ganz schön lang werden.
In der Bibel gibt es eine Geschichte von Isaak, der mit seinem Familienclan unterwegs war. Von einer Wasserstelle zur anderen, so war das damals. Aber die Brunnen waren versiegt, allmählich gingen ihnen die Kräfte aus. Ich kann mir vorstellen, wie sie sich Vorwürfe gemacht haben: Wer hat bloß diesen Weg ausgesucht! Ich habe mir doch gedacht, dass du keine Ahnung hast. Ist ja typisch: so war das schon immer mit dir.
Schließlich fingen sie an, einen Brunnen zu graben. Gemeinsam etwas unternehmen, sich gemeinsam eine Aufgabe vornehmen: manchmal gibt das auch im richtigen Leben neue Kraft. Damals reichte das Wasser aber nur kurz. Den Brunnen, erzählt die Bibel, nannten sie: „Streit“. Sie gruben einen anderen. Man darf nicht aufhören, sich Mühe zu geben, das war ihnen klar. Ohne Wasser, ohne lebendiges Wasser, wie das im Bibeldeutsch heißt, konnten sie ja nicht leben. Und wieder Streit: „Immer ich“, hat wahrscheinlich einer gesagt. „Jetzt tu du auch mal was.“ Und: „Schon wieder tust du dir bloß leid!“ hat ein anderer geantwortet. „Feindschaft“ nannten sie den Brunnen.
Isaak zieht weiter und gräbt noch einmal einen Brunnen. Wenn man aufhört, sich Mühe zu geben, ist alles verloren. Und auf einmal ist genug Wasser da. Genug für alle. Für jeden die Stärkung, die er braucht.
Wissen Sie, wie sie diesen Brunnen damals genannt haben? Nicht etwa: Frieden, oder: Eintracht. Nein: „Weiter Raum“, genauer: „Gott hat weiten Raum gemacht“. „Gott hat weiten Raum gemacht“ – und die miteinander unterwegs sind, finden lebendiges Wasser, finden die Stärkung, die sie brauchen. Sie haben weiten Raum und lassen einander weiten Raum, deshalb reicht das Lebenselexier aus dem Brunnen für alle – so verstehe ich das. Keiner muss warten, bis der andere ihm endlich das gibt, was er braucht. Keiner muss Angst haben, zu kurz zu kommen. Gott hat ihnen weiten Raum gegeben – und das Wasser des Lebens reicht für alle.

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Erstellt am: 13.09.2013 11:51 Uhr

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