Zündfunke, 12.01.12

Diakon Bertram Bolz
Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz

Donnerstag, 12.01.12:
Guten Morgen, liebe Schwestern und Brüder!
Wenn Sie das Wort Eros hören, dann können Sie damit durchaus etwas anfangen – oder? Also wenn man z.B. in Zeitungen des Deutschsprachigen Raumes den Anzeigenmarkt aufschlägt, dann steht da unter E oft der Hinweis: Erotikkontakte. Oder man kann die Telefonnummern sogenannter Eros-Center entdecken, oft mit dem Hinweis versehen: „Hübsche Mädchen erwarten sie in angenehmer Atmosphäre!“ Jede und jeder von uns weiß: In so einem Schuppen geht es um Liebe, aber eben nicht um die, die der Pfarrer am Sonntag in der Kirche predigt – die Gottes- und Nächstenliebe.

Dabei trägt so ein Eros-Center ja auch den Namen eines Gottes. Eros war einer der ältesten Götter Griechenlands überhaupt. Und die alten Griechen, die priesen Eros, den Gott der Liebe, als „den schönsten aller unsterblichen Götter“. Sie nannten ihn den „gliederlösenden“, den Gott, der alles locker macht und der „alle Menschen emotional überwältigt und ihnen ihr besonnenes Denken nimmt“. Eros – das war für die Griechen ein Gott, ich möchte sagen eine Kraft, die die Seelen der Menschen bewegt hat. Er sorgte dafür, dass die Menschen das Gute, das Schöne und Wahre suchten. Denn – so meinten die Griechen – nur durch die Liebe wird der Mensch über sich selbst hinausgeführt. Also ist Eros die Umkehr des Menschen vom Sinnlichen zum Übersinnlichen. Merken Sie was? Ich denke, der Gott Eros hätte wahrscheinlich um jedes Eros-Center in der Form, wie wir es kennen, einen großen Bogen gemacht. Hübsche Mädchen in angenehmer Atmosphäre – ob  ihn das so interessiert hätte – ich hege meine Zweifel, weil es hier in erster Linie ja nur um körperliche Lusterfüllung geht. Deshalb behaupte ich mal, dass er sich in einer Kirche wahrscheinlich wohler gefühlt hätte.
Von Anfang an haben sich auch die Christen für diesen Gott Eros interessiert, für diese Kraft, die die Seelen der Menschen zu Gott hin bewegt. So schreibt z.B. der Kirchenvater Augustinus: „Im Eros sehnt sich der Mensch über alles Vergängliche und sogar über sich selbst hinaus – hin zum Göttlichen.“ Und der Theologe Thomas von Kempen schrieb: „Mächtiger, vollkommener und edler als die Liebe ist nichts im Himmel und auf Erden. Wer liebt, versteht die Sprache der Liebe. Die Liebe allein macht alle Bürden leicht. Sie trägt die schwersten Lasten und fühlt sie nicht. Sie macht alles Bittere süß und äußerst schmackhaft.“
Eros – auch für Christen ist das die Liebe zum Göttlichen, zu dem, was über unser menschliches Tun und Denken hinausgeht. Aber – und davon waren und sind Christen eben auch seit Anfang an überzeugt – zu dieser Liebe muss noch eine andere hinzukommen. Die Liebe zu Gott, das ist nur die eine Seite einer Medaille, die erst dann vollständig ist, wenn die Nächstenliebe hinzu kommt. Gott ist Mensch geworden, um uns deutlich zu machen, dass die Gottesliebe erst vollkommen wird, wenn sie die Nächstenliebe mit einschließt. Und ich füge hinzu: Die Liebe zu allen Menschen – auch zu den Mädchen im Eros-Center. Sie sind in keinster Weise von Gottes Liebe ausgenommen – also sollten wir sie davon auch nicht ausnehmen!

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Erstellt am: 12.01.2012 20:19 Uhr

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