Vorgestern hatten wir bereits den 2. Advent, liebe Hörer und Hörerinnen. Für einen wie mich, der zum 1. Mal die Advents- und Weihnachtszeit auf den Canaren erlebt, ist diese Zeit bei diesem Klima etwas Neues. Äußere Gegebenheiten, die mit Advent zu tun haben, fallen weg. Keine Kälte, kein stehen mit dicker Kleidung auf Weihnachtsmärkten, kein Warten auf den ersten Schnee. Ähnliches erlebte ich zwar – aber doch wieder ganz anders – bei meinem Pfarrdienst in der Türkei.
Dort ein islamisches Land, hier christliche Prägung. Und dennoch, die Tannenbäume überall fehlen auch, dafür allerdings genieße ich die Pracht der Weihnachtssterne, an den Straßen in den Gärten auf den Plätzen. Wenn das Äußere fehlt oder so ganz anders ist, besteht die Chance zum Wesentlichen, zum Kern der Sache vorzudringen.
Der 2. Advent hat neben dem Warten, das für die gesamte Zeit ja von Bedeutung ist, die Erfahrung von lebensfeindlichen Ereignissen und Katastrophen und dem Umgang damit zum Thema. Beide können ja von Menschen gemacht sein, oder auch als Schicksal über uns herfallen. Und gelegentlich sind sie sogar ein unheilvolles Gemisch von beidem.
Dann machen Menschen die Erfahrung von Hilflosigkeit, manchmal auch Wut und Verzweiflung. Was hilft in solchen Situationen?
Das Evangelium des 2. Advent wagt die Aussage:
Wenn ihr das alles seht, steht auf und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht. Dahinter steht sicherlich der Glaube, dass nach allem Schrecken Gott bald eingreifen wird. Diese Hoffnung hat sich bis heute oft nicht erfüllt. Das ist für viele enttäuschend. Auch christliches Warten kann umsonst sein.
Und trotzdem entnehme ich diesem Bibelwort einen Gewinn. Kurz gesagt: Nicht liegen bleiben sondern aufstehen. Dass ich das als Gewinn betrachte, hat mit eigenen Erfahrungen zu tun. Ich habe bei anderen und auch bei mir Katastrophen erlebt, die zu Boden geworfen haben. Das ist auch nicht das Schlimmste. Das kann passieren und ist manchmal ganz natürlich. Aber dann wuchsen anderen und auch mir Kräfte zu, die uns aufstehen ließen. Manchmal ganz einfach durch gute Worte und Gesten von Weggefährten. Dann aber wieder auch geheimnisvoll als erfahrene göttliche Zuwendung. Am Boden liegen, ist nicht schlimm, manchmal sogar eine tief greifende Erfahrung. Nicht wieder aufstehen, das ist schlimm.
Mögen Ihnen, liebe Hörerinnen und Hörer, stets Kräfte zuwachsen, damit es gelingt.
Johann Weingärtner, evang. Pfr. In Puerto de la Cruz
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Erstellt am: 10.12.2013 18:33 Uhr