Andrea Bolz, Katholische Deutschsprachige Gemeinde Puerto de la Cruz
Einen wunderschönen Sonntagmorgen, liebe Schwestern und Brüder!
Septembermorgen:
Im Nebel ruhet noch die Welt,
noch träumen Wald und Wiesen:
bald siehst du, wenn der Schleier fällt,
den blauen Himmel unverstellt,
herbstkräftig die gedämpfte Welt
in warmem Golde fließen.“
Kennen Sie dieses Gedicht von Eduard Mörike auch noch? Heute ist wieder sein Geburtstag. Er war ein schwäbischer Dichter und evangelischer Pfarrer. Und das Gedicht eben, das zeigt ihn in seiner ganzen Sprachkraft. Vor über 200 Jahren, am 8. September 1804, wurde er in Ludwigsburg bei Stuttgart geboren.
Woher nimmt der Mann die Kraft und vor allem das Recht, diese Welt so verträumt, so unverstellt zu sehen? „Herbstkräftig“. Was für ein Wort für diesen Tag! Wie romantisch.
Zugegeben: Eduard, der Mann war als Pfarrer nicht gerade super, oft krank, nicht sehr zuverlässig. Mit 39 Jahren ohne Beruf. Aber er war alles andere als ein harmloser, verspielter und weltferner Dichter. Acht Jahre musste er auf seine erste Stelle warten. Beruf, das war Knechtschaft. Immer wieder versuchte er auszubrechen. Es gab genügend Beziehungsprobleme und immer wieder war das Geld knapp, oder fast gar nichts vorhanden. Gleich drei Mal zerbrach die Liebe zu einer jungen Frau. Und erst auf dem Sterbebett konnte er sich mit einem über alles geliebten Freund versöhnen. Der Mann lebte das Leben in all seinen Höhen und Tiefen, in all seinen sonnigen, aber vor allem auch schattigen Seiten. Seine Geschichte ist eine Lebensgeschichte von Schuld, Leidenschaft und Versagen. Aber immer wieder leuchtet die Mitte auf. Gottes Welt als Schöpfung, herbstkräftig in warmem Golde.
Ich möchte Ihnen für diesen Tag noch ein Gedicht von ihm mitgeben. Mörike hat ihm die Überschrift „Gebet“ gegeben:
„Herr! Schicke, was du willst.
Ein Liebes oder Leides;
ich bin vergnügt, dass beides
aus deinen Händen quillt.
Wollest mit Freuden
und wollest mit Leiden
mich nicht überschütten!
Doch in der Mitten
liegt holdes Bescheiden.“
Infos unter:
Erstellt am: 08.09.2013 12:36 Uhr