Andrea Bolz, Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Liebe Schwestern und Brüder!
„Großer Geist, bewahre mich davor, über einen Menschen zu urteilen, ehe ich eine Meile in seinen Mokassins gegangen bin!“
Eine sogenannte „Indianerweisheit“, überall zu finden. Ich allerdings sehe in dieser Aussage mehr als nur eine Weisheit. Für mich bietet genau diese Ausdrucksweise die Grundlage eines Gebetes. Denn in unsere Sprache und im Sinne eines Gebetes verwendet könnte dieser Satz etwa so lauten „Guter Gott, bewahre mich davor, über einen Menschen zu urteilen, den ich nicht über eine gewisse Zeit über begleitet habe, ehe ich nicht eine Wegstrecke mit ihm gegangen bin; ehe ich ihn nicht kennengelernt, mich mit ihm und seinen Gewohnheiten vertraut gemacht habe, mit seinen Sitten, mit seiner Art zu leben, zu denken, zu handeln; ehe ich nicht eine Meile lang gewisser-maßen ER SELBST war“!
Urteilen wir nach diesem Maßstab? Oder ist es nicht eher so:
Wir fällen das Urteil über den anderen von einem festen Standpunkt aus: „Ich weiß doch, was ich von dem zu halten habe. Diese Sorte Leute kennt man doch. Schon ihr Äußeres, ihre Kleidung, ihre Haare, ihr Benehmen“. Und wie sagen wir oft zu ihnen? „Reiß dich zusammen, arbeite was vernünftiges, pass dich an.“
Und dann beteuern wir: „Ich weiß, was ich sage. In solchen Fällen kenne ich mich aus, da macht mir niemand etwas vor! Ich kann mein Urteil begründen, durch Erfahrungen belegen“.
“Großer Geist, bewahre mich davor, über einen Menschen zu urteilen, ehe ich eine Meile in seinen Mokassins gegangen bin.“
Es war der Apostel Paulus, der mehr als eine Meile in den Schuhen eines anderen gegangen ist, den das Leben eines anderen ergriffen, gepackt, überzeugt hat und der dann so urteilt: „Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir.“
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Erstellt am: 06.06.2014 11:56 Uhr