Aschermittwoch, liebe Hörerinnen und Hörer,
meine Frau und ich erinnern uns an diesen Tag im letzten Jahr. Wir waren bei der Deutschen Evangelischen Gemeinde in der lateinamerikanischen Großstadt Bogota in Kolumbien tätig. Eine für uns merkwürdige Stimmung lag über der 8 ½ – Millionenmetropole. Von der großen Geschäftigkeit war wenig zu spüren. Vor den vielen Kirchen der Stadt bildeten sich lange Schlangen. Fast den ganzen Tag über. Eine Andacht folgte der nächsten. Und alle, die die Kirche verließen, trugen das Aschekreuz auf der Stirn, manchmal auch noch zusätzlich auf der Hand. Der Lärm verebbte regelrecht.
Einige der Gottesdienstteilnehmer und – teilnehmerinnen trugen sehr einfache Kleidung aus grobem Stoff. Ich erinnerte mich an das Wort: Buße tun in Sack und Asche. Was kann das bedeuten? Die Tradition geht zurück auf das Alte Testament. Ninive tat Buße in Sack und Asche – so wird berichtet. Die großstädtische Gesellschaft dieser uralten Stadt mit hoher Kultur hatte es wohl reichlich übertrieben. Wenn man so will, ist sie die Erfinderin der Dekadenz, die Fest und Feier im Unmaß veranstaltete, keine Grenzen mehr kannte. Um darin nicht unterzugehen, regelrecht im Rausch zu ertrinken, hört sie auf das mahnende Wort des Propheten Jona. Sie kehrt um, und als Zeichen dafür tut sie Buße in Sack und Asche.
Einen anderen Hinweis gibt das Buch des Propheten Daniel. Der ringt um sein Volk in der Verbannung, um es auf einem guten Weg zu halten. Er stellt sich selbst vor Gott für sein Volk mit den Worten: „Ich richtete mein Gesicht zu Gott, dem Herrn, um ihn mit Gebet und Flehen, bei Fasten in Sack und Asche, zu bitten.“ Und dann redet er über das Versagen auch die Schuld, die eigene und die seiner Gesellschaft, seiner Glaubensbrüder und – schwestern. Das Aschekreuz und, wie in Kolumbien, die einfache Kleidung haben einen tiefen Sinn. Da wird etwas verbrannt, was nicht Bestand haben soll, um so Platz und Nährboden zu schaffen für Neues. Denn Buße heißt Umkehr. Für die Leute von Ninive und die Menschen in der Verbannung zu Zeit Daniels bedeutete das Umkehr zum Leben, das mehr ist als Überleben und ganz bestimmt tiefgründiger als manche oberflächliche Feier.
Es bezieht das Leben in seiner ganzen Tiefe ein, mit seinen Überzeugungen und Zweifeln, seinem Erfolg und dem Scheitern. Vor allem aber weist es immer über sich selbst hinaus hin auf den, der der Schöpfer und Bewahrer allen Lebens ist, Gott selbst. Und wie nah er uns ist, wie ganz und gar er unser Leben teilt, das sagt uns Jesus, Gottes Mensch aus Nazareth. Und das ganz besonders in seiner Passion. Im Blick auf ihn kann heute das Fasten beginnen, die Umkehr zu einem Leben, das diesen Namen verdient.
J. Weingärtner, evangelischer Pfarrer in Puerto de la Cruz
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Erstellt am: 04.03.2014 10:56 Uhr